Lernen und Lehren

Das Studium auf einen Blick

Das Alte Testament ist nicht nur der erste, der ­größere Teil der Bibel, auf den die Schriften des Neuen Testamentes sehr häufig Bezug nehmen; es ist auch – bis heute – die heilige Schrift des Judentums. Von daher ist die Frage nach dem Stellenwert des Alten Testamentes für die christliche Theologie und Kirche mit der Frage nach dem Verhältnis zwischen Judentum und Christentum verknüpft.

Im Neuen Testament steht die Frage nach dem Ursprung des Christentums, nach Leben, Wirken und Geschichte des Jesus von Nazareth sowie der Entstehung und Entwicklung der christlichen Gemeinde im Vordergrund des Interesses.

Von Anfang an hat die christliche Gemeinde damit begonnen, die für sie zentralen Inhalte ihres Glaubens in die Form kurzer Bekenntnisse zu fassen. Beispiele sind das Apostolische Glaubensbekenntnis und Martin Luthers Kleiner Katechismus. Damit befasst sich die Dogmatik.

Die Kirchliche Zeitgeschichte beschäftigt sich mit der politischen und sozialen Geschichte der Kirche im 19. und 20. Jahrhundert (z.B. Kirche unter Diktaturen und in der Demokratie).

Ethische Probleme der Gegenwart sind: Gibt es ein gerechtes Wirtschaftssystem? Müssen Christen pazifistisch sein oder ist die Anwendung von Gewalt unter bestimmten Umständen, z.B. militärische Intervention auswärtiger Staaten in ­einem Bürgerkrieg, gerechtfertigt? Oder auch Fragen der Bioethik, ob etwa Eltern über die genetische Zukunft ihrer Kinder entscheiden ­dürfen?

Die Studieninhalte

„Verstehst du auch, was du liest?“ Diese Frage stellt der Apostel Philippus dem äthiopischen Schatzmeister, der auf dem Weg durch die Judäische Wüste von Jerusalem nach Gaza über eine Stelle im Buch des Propheten Jesaja nachdenkt (Apostelgeschichte Kap. 8, Verse 26–40). Anhand dieser Frage möchten wir Sie mit dem Studium der Evangelischen Theologie, seinen Fächern und Inhalten, bekannt machen.

Die Frage des Philippus zielt auf das Verstehen, d.h. Auslegung und Verständnis von Texten. Dabei handelt es sich um mehr als bloße Informationsweitergabe; sondern vielmehr darum, dass Sinn und Bedeutung eines Textes für die Leserinnen und Leser auf dem Hintergrund ihrer eigenen Situation erkennbar werden. Auf diese Weise lassen sich neue Einsichten gewinnen. Dass dieser Prozess nicht nur im Theoretischen verbleibt, sondern auch ganz praktisch zu neuen Orientierungen im Leben führen kann, zeigt wiederum das Beispiel des äthiopischen Schatzmeisters: Nachdem er mit der Hilfe von Philippus ein neues Verständnis des Textes gewonnen hatte, ließ er sich taufen.

Altes und Neues Testament

Im Theologiestudium geht es zunächst um die biblischen Bücher, d.h. die Schriften des Alten und Neuen Testamentes.

In beiden Fächern lässt sich eine eher historisch von einer eher  theologisch arbeitenden Fragestellung unterscheiden. In historischer Richtung kann man z.B. fragen: Wer waren die Verfasser der biblischen Bücher, in welcher Situation haben sie ihre Schriften verfasst und welche Bedeutung haben ihre Texte in der Folgezeit ihrer Überlieferung jeweils erlangt?

In theologischer Richtung kann man z.B. fragen: Welche bleibende Bedeutung haben die biblischen Texte für den christlichen Glauben entfaltet und welche gegenwärtige Verbindlichkeit besitzen sie für christliche Kirche und Theologie? Historische und theologische Fragerichtung gehören zusammen und dürfen nicht auseinander gerissen werden.

Die Kirchengeschichte

In der Kirchengeschichte und der Historischen Theologie versucht man, die 2000jährige Geschichte der christlichen Kirchen und die geschichtliche Entwicklung ihrer Theologie in ihren Grundzügen zu untersuchen.

Üblich ist die Einteilung in fünf Epochen: Alte Kirchen­geschichte, Mittelalter, Reformationszeitalter, Neuere Kirchengeschichte und Kirchliche Zeitgeschichte. Um der Gefahr eines zu engen Begriffs von Kirche zu wehren, wird nicht nur nach der kirchlichen, sondern auch nach der außerkirchlichen Wirkungsgeschichte des Christentums gefragt, um auch kritische Formen christlicher Religiosität in den Blick zu nehmen.

Die Dogmatik

Greift man die Frage des Philippus wieder auf und richtet sie auf den Glauben („Verstehst du auch, was du glaubst?“), so kommt man zur Dogmatik. Sie ist eine Unterdisziplin der Systematischen Theologie.

Ihr geht es darum, die Lehre des christlichen Glaubens in ihrem Zusammenhang darzustellen und begreifbar zu machen. Dabei ist die Philosophie eine unentbehrliche Gesprächspartnerin. Die Aussagen des christlichen Glaubens, die in den Bekenntnissen nebeneinander stehen, sollen zueinander ins Verhältnis gerückt werden. Dabei stellt sich die Aufgabe, nach der möglichen Vereinbarkeit scheinbar widersprüchlicher Glaubensaussagen zu fragen, ohne damit schon jede Spannung ausgleichen zu wollen: Wenn Gott „allmächtig“ ist, wie konnte er dann zulassen, dass sein Sohn Jesus Christus gekreuzigt wurde? Wenn Gott mich geschaffen hat, warum muss ich ihn dann um die Vergebung meiner Sünden bitten? Wie kommt es eigentlich, dass es so verschiedene Religionen unter den Menschen gibt? Hat nur eine recht, oder steckt in jeder Religion ein „Körnchen Wahrheit“? Mit der letzten Frage öffnet sich ein Blickfeld, das für christliche Dogmatik zunehmend an Bedeutung gewinnt: der Dialog zwischen den christlichen Konfessionen und zwischen den Weltreligionen (Ökumene; Religions- und Missionswissenschaft).

Die Ethik

Die Ethik als die zweite Unterdisziplin der Systematischen Theologie fragt nach dem guten und richtigen Handeln. Welche Handlungsorientierungen folgen eigentlich aus dem christlichen Glauben? Was bedeuten Begriffe wie „Gerechtigkeit“, „Verantwortung“, „Gewissen“ oder auch „Liebe“?

Die Ethik versucht, diese großen Begriffe aus der christlichen Tradition mit Leben zu füllen, indem sie sich den ethischen Problemen gegenwärtiger Lebensführung zuwendet. Als Sozialethik lässt sie gesellschaftliche, politische und rechtliche Aspekte gegenwärtiger Problemlagen in die Urteilsbildung einfließen.

Die Praktische Theologie

Die Begegnung mit Philippus führte bei dem äthiopischen Schatzmeister zu dem Wunsch, sich taufen zu lassen. Mit der Taufe kommt ein Stück kirchlichen Lebens in den Blick. Sicherlich ist die Theologie als Ganzes auf Praxis ausgerichtet, weil sie sich auf die Praxis des Glaubens bezieht, der ihr vorausgeht und über den sie nachdenkt.

Die Praktische Theologie fragt in besonderer Weise nach der kirchlichen und der religiösen Praxis in Kirche und Gesellschaft. Um zu einem tieferen Verständnis menschlichen Verhaltens in religiöser Perspektive zu kommen, führt die Praktische Theologie einen Dialog mit den sog. Humanwissenschaften, vor allem mit der Psychologie, Päda­gogik und Soziologie. Sie versucht, die aus diesem Dialog gewonnenen Einsichten fruchtbar zu machen für eine theologische Lehre vom Gottes­dienst, von der Predigt, von der Seelsorge und vom Unterricht. Weil Gemeinde aber mehr ist als die Summe der pastoralen Handlungs­felder, gewinnt das Verständnis von Gemeinde und Kirche als Organisationen mit komplexen Kommunikations- und Leitungsstrukturen für die Praktische Theologie zunehmend an Bedeutung. (Gemeindeaufbau, Kirchentheorie, Kybernetik).

Das Grundstudium

Im Grundstudium arbeiten sich die Studierenden in die Kerndisziplinen ein und erwerben eine Grundorientierung.

Der Besuch von Vorlesungen führt zum Erwerb von Überblickswissen. Proseminare vermitteln die für die jeweilige Disziplin erforderlichen Methoden. Eine gute Kenntnis der biblischen Schriften ist für das Theologiestudium unentbehrlich (Bibelkunde). Das Grundstudium wird mit der Zwischenprüfung abgeschlossen.

Das Hauptstudium

Im Hauptstudium geht es darum, die erworbenen Kenntnisse zu vertiefen und eigene Studienschwerpunkte zu setzen.

Die eigenständige theologische Urteilsbildung auf der Grundlage methodischen Könnens und kritischen Verständnisses ist das Ziel des ganzen Studiums. Vorlesungen und Seminare widmen sich speziellen Fragestellungen in den einzelnen Disziplinen. In dem Versuch, das eigene Wissen in den fächerübergreifenden Zusammenhang der ganzen Theologie zu rücken, besteht die eigentliche Herausforderung der zweiten Hälfte des Theologiestudiums. Über die Zulassungsvoraussetzungen zum Examen informieren die jeweiligen staatlichen oder kirchlichen Prüfungsordnungen. Das Studium wird mit der Ersten Theologischen Prüfung/Diplom-Prüfung abgeschlossen.

Praktikum

Ein wichtiger Bestandteil des Studiums ist das vierwöchige verpflichtende Praktikum.

Dazu kommt die Einführung und die Auswertung. Üblicherweise wird das Praktikum in einer Gemeinde bei einer Mentorin/einem Mentor abgelegt. Es dient dazu, neu die Wirklichkeit der Gemeinde wahrzunehmen und mit den eigenen Studienerfahrungen zu verknüpfen. Zusätzlich kann auch ein Praktikum in der Schule, im Bereich der Diakonie oder in anderen Handlungsfeldern unserer Kirche vereinbart werden.

Das Vikariat

Nach dem Studium folgt in einer zweiten Ausbildungsphase das Vikariat. In Vorbereitung auf das Pfarramt erwerben Vikare und Vikarinnen grundlegende Kompetenzen in den Bereichen Gottesdienst, Bildung, Seelsorge und Gemeindeleitung. In der Evangelischen Kirche der Pfalz dauert das Vikariat derzeit zweieinhalb Jahre.

Vikarinnen und Vikare lernen unter der Anleitung erfahrener Mentorinnen und Mentoren

  • die pfarramtliche Praxis kennen,
  • Menschen in wichtigen Lebensabschnitten zu begleiten, z.B. bei Taufe, Konfirmation, Eheschließung und Bestattung,
  • Gottesdienste gemeinsam mit der Gemeinde zu feiern,
  • Religions- und Konfirmandenunterricht zu gestalten,
  • Menschen im Alltag und in Krisensituationen zu begleiten,
  • Mitarbeitende verantwortlich zu leiten und zu führen.

In den drei Ausbildungsphasen des Vikariats, dem Schulpraktikum, dem Gemeindepraktikum sowie dem Spezialpraktikum, bieten sich für Vikarinnen und Vikare vielfältige Chancen, sich beruflich und persönlich weiter zu entwickeln.

Ziel der Ausbildung ist es,

  • die Freude am Beruf des Pfarrers, der Pfarrerin zu wecken
  • die für den Beruf erforderlichen Handlungskompetenzen zu vermitteln und
  • dazu zu ermutigen, Gottes Wort in die Welt zu tragen.

Das Protestantische Predigerseminar in Landau begleitet die Praktikumsphasen in kontinuierlicher praktisch-theologischer Reflexion und Vertiefung. Nähere Informationen über das Haus, die Ausbildung und Kontaktadressen finden Sie unter www.predigerseminar-landau.de.

Die Landeskirchenliste

Alle Gliedkirchen der EKD führen eine Liste der Theologiestudierenden ihrer Kirche. Wer sich um Aufnahme auf die Liste bemüht, signalisiert Interesse, später im Pfarrdienst der jeweiligen Kirche tätig zu werden. …mehr

Wer auf der Liste geführt wird, erhält Einladungen zu Studierendentagungen der Landeskirche und kann Beratung und Begleitung in Anspruch nehmen. Die enge Verbindung zur Landeskirche ermöglicht es, gegenseitige Erwartungen und Vorstellungen früh kennenzulernen und als Studierende mit der Landeskirche bekannt zu werden.

Die Aufnahme auf die Liste der Theologiestudierenden der Evangelischen Kirche der Pfalz erfolgt nach einem persönlichen Gespräch mit dem Ausbildungsdezernenten der Landeskirche. Voraussetzung ist die grundsätzliche Eignung für den Pfarrdienst der Landeskirche. Theologiestudierende aus anderen Landeskirchen, die bereit sind, sich auf die besondere uniierte Tradition der Pfalz einzulassen, können sich gerne um Aufnahme auf die Liste bewerben.

Stimmen zur Landeskirchenliste

Ich studiere  Evangelische Theologie an der Humboldt-Universität in Berlin. Begonnen habe ich das Studium in Mainz. Um mit der Landeskirche in Kontakt zu bleiben, spielt der Studienort keine Rolle – ganz im Gegenteil, zu einem Universitätswechsel wurde ich immer ermutigt.

Um den Kontakt zur Landeskirche und auch zu den Mitstudierenden an anderen Hochschulen aufrecht zu erhalten, findet jährlich eine Vollversammlung der Studierenden statt. Außerdem können wir uns in Konventen am Studienort organisieren, die ebenfalls Kontakt zur Landeskirche halten.

Regelmäßige Treffen, beispielsweise nach bestandener Zwischenprüfung, mit dem zuständigen Oberkirchenrat lassen die Verbindung zur Pfalz nicht abreißen, helfen zur weiteren Studienplanung und dienen dem gegenseitigen Kennenlernen.

Ich genieße die große Freiheit, meinen Studienverlauf selbst gestalten zu können, wobei Orientierungsangebote von Seiten der Landeskirche sehr hilfreich sind.

In Berlin habe ich meine pfälzische Verwurzelung neu entdeckt und die Vorzüge einer kleinen, überschaubaren Landeskirche schätzen gelernt.

Anne Friederike Hoffmann, Berlin

Kontakt von Anfang an

Und aus welcher Landeskirche kommst du?

Für die Landeskirche ist der Kontakt zu den Studierenden wichtig. Auch die Theologiestudierenden fühlen sich ihrer Heimatkirche verbunden. Deshalb informiert und begleitet unsere Landeskirche die Theologiestudierenden, zum Beispiel durch

  • Rundbriefe mit aktuellen Informationen,
  • Beratungsgespräche,
  • Praktika in verschiedenen Bereichen mit Vor- und Nachbereitung,
  • Freizeiten,
  • die „Theologische Werkstatt” zusammen mit Pfarrerinnen und Pfarrern,
  • Kontakt zu den Pfälzer Konventen an den Hochschulorten.

Darüber hinaus tragen die von den Studierenden organisierten Vollversammlungen zum Austausch und zur gemeinsamen Meinungsbildung bei. Auf verschiedenen Ebenen sind Theologiestudierende an der Beratung über ausbildungsrelevante Fragen beteiligt.

Da viele Theologiestudierende später Pfarrerin bzw. Pfarrer ihrer Landeskirche werden wollen, wird diese Brücke von beiden Seiten sehr geschätzt.

Die Ortskonvente laden ein

An den verschiedenen Universitätsorten treffen sich die Studierenden der jeweiligen Landeskirche, um sich in geselliger Runde kennenzulernen, Informationen auszutauschen und aktuelle kirchenpolitische Fragen zu diskutieren.

Diese sogenannten Konvente haben nichts mit klösterlichen Lebensgemeinschaften zu tun, sondern bieten ein heimatliches Forum zur Diskussion und der Kontaktpflege untereinander. Sie sind auch ein Ort für den persönlichen Kontakt zur Landeskirche.

Vernetzung und ­Interessenvertretung

Ähnlich wie an öffentlichen Schulen, wo Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, über die Schülermitverwaltung für gemeinsame Interessen einzustehen, gibt es auch für Studierende an staatlichen Universitäten oder Kirchlichen Hochschulen Mitbestimmungsmöglichkeiten.

Die Interessenvertretung der Studierenden der Evangelischen Theologie erfolgt durch die Fachschaft Evangelische Theologie an den einzelnen theologischen Fakultäten und Kirchlichen Hochschulen.

Bundesweit sind die Interessenvertretungen durch den Studierendenrat Evangelische Theologie (SETh) vernetzt. www.interseth.de

Auch innerhalb der Evangelischen Kirche der Pfalz gibt es eine Interessenvertretung für Studierende, die auf der Landeskirchenliste eingetragen sind. http://www.theologiestudierende.evpfalz.de/index.php?id=3578

Die Pfalzkonvente an den einzelnen Universitäten sind Teil dieser Vertretung, die in einer eigenen Satzung geregelt ist.

Alle Theologiestudierenden der Evangelischen Kirche der Pfalz werden einmal im Jahr zu einer Vollversammlung eingeladen. Dort wird ein Geschäftsführender Ausschuss gewählt, der die einzelnen Ortskonvente koordiniert und die Interessen der pfälzischen Theologiestudierenden gegenüber der Landeskirche wahrnimmt.