Positionen der Landeskirche

Kairos-Palästina-Dokument "Stunde der Wahrheit"

Die Evangelische Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) hat mit der Verfassungsergänzung vom Mai 1995 ihr Verhältnis zum Judentum grundlegend und mit der ausdrücklichen Bereitschaft zur Umkehr neu bestimmt mit den Worten „Durch ihren Herrn Jesus Christus weiß sie (sc. die Landeskirche) sich hineingenommen in die Verheißungsgeschichte Gottes mit seinem auserwählten Volk Israel – zum Heil für alle Menschen. …“

In den Folgejahren wuchs in der Kirche das Bewusstsein, dass dieser Neuansatz sich auch auf die Sicht der aktuellen Lage im Nahen Osten und auf den Staat Israel auswirken wird. Als ein Ergebnis dieses Prozesses legte der landeskirchliche Arbeitskreis „Kirche und Judentum“ im November 2006 die Thesenreihe „Israel: Staat – Land – Volk“ vor mit einer Reihe profilierter, zum Teil auch umstrittener Aussagen. Unbestritten war aber, dass auch das Schicksal und die Zukunft der Palästinenser/innen zu bedenken und zu beachten ist, will man auf dem Weg des Friedens Fortschritte machen und dem eigenen Anspruch gerecht werden, Versöhnung zu fördern. So hieß es in der These 3: „Der Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen enthielt auch die Option auf einen Palästinenserstaat, die aus unterschiedlichen Gründen noch nicht realisiert wurde. Seine Errichtung ist aber heute die unabdingbare Voraussetzung für eine friedliche Lösung im Nahen Osten. Dazu gehört die einvernehmliche Aushandlung der Staatsgebiete zwischen beiden Seiten.“

Im politischen Prozess dieses Aushandelns kommt es allerdings seit Jahrzehnten zu keinem echten Fortschritt, im Gegenteil: immer wieder wurde durch Gewaltaktionen in israelischem Besatzungs- und palästinensischem Widerstandshandeln und durch direkte Kriegshandlungen die Lage verschärft. Zusätzlich sorgen bedenklich die Situation verhärtende strukturelle Entwicklungen für weitere Probleme, Frustrationen und existentielle Ängste. Die Verengung der Aussichten ist eine schwere Belastung, die spürbar negativ ausstrahlt — bis in den Diskussionsprozess innerhalb der Kirche. Da war im Dezember 2009 die Veröffentlichung des Kairos-Aufrufs der Christinnen und Christen in Palästina mit einem „Wort des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung“ ein guter und wirksamer Impuls. Christen, die in der Friedensarbeit und der ökumenischen Solidarität mit den Glaubensgeschwistern in Palästina besonders aktiv sind, und Christen, denen die Verwurzelung im Judentum und die Solidarität mit Israel besonders am Herzen liegt, kamen zusammen im Engagement für den Frieden in Nahost, natürlich auch im Wortwechsel um die strittigen Fragen.

Die Landessynode hat am 19. November 2011 in einem Beschluss – siehe Klappcontainer unten – dazu aufgefordert, eine „Material- und Arbeitshilfe“ zum Kairos-Dokument zu erstellen und den Gemeinden für „eine vertiefte und differenzierte Beschäftigung“ an die Hand zu geben. Diese finden Sie als PDF-Datei zum Download in der rechten Spalte. Sie möge zusammen mit zukünftigen Aktualisierungen ihren Beitrag leisten zu präziser Kenntnis und zu einem sensiblen Verständnis für die Menschen in Israel/Palästina. Ich danke den Mitgliedern der Arbeitsgruppe für die Erstellung der Arbeitshilfe. Ich schließe mich dem Aufruf der ACK in Württemberg an, „sich zu fragen, was man tun kann und was wir gemeinsam tun sollten, um dazu beizutragen, dass Frieden und Gerechtigkeit im Heiligen Land eine Chance bekommen, so dass Christen, Juden und Muslime eine gemeinsame Zukunft haben“.

Oberkirchenrat Manfred Sutter
(Juni 2014)

Beschluss der Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz (protestantische Landeskirche) vom 19. November 2011:

In Fortführung ihres Beschlusses vom 18. November 2011, in dem die Synode den Aufruf palästinensischer Christen und Christinnen mit Betroffenheit zur Kenntnis genommen und sich der Grundforderung angeschlossen hat, „die Besatzung zu beenden und dem Volk der Palästinenser ein Leben in Freiheit, Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Frieden zu ermöglichen“, hat die Landessynode am 19. November 2011 folgenden Beschluss gefasst: „Die Gemeinden der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) sollen ermutigt werden, sich verstärkt mit der Thematik des Nahostkonflikts zu beschäftigen. Dies soll in einer doppelten Perspektive geschehen: Sowohl die geschwisterliche Solidarität mit den palästinensischen Christinnen und Christen in ihrem Leiden unter der Besatzung, als auch das anerkannte Existenzrecht Israels und die Einsicht von dem bleibenden Bund Gottes mit seinem erst erwählten Volk Israel.

Dazu werden den Gemeinden für eine vertiefte und differenzierte Beschäftigung Material- und Arbeitshilfen an die Hand gegeben, in der historische, aktuelle politische und theologische Informationen zur Thematik, unterschiedliche Stimmen zum sog. „Kairos-Palästina-Dokument“, didaktische Anregungen für Gruppen- und Gemeindeveranstaltungen, Referenten- und Referentinnenvorschläge sowie Impulse für konkretes praktisches und politisches Handeln enthalten sind. Der zuständige Fachdezernent beruft dazu eine Arbeitsgruppe ein.

Eine Arbeitshilfe soll sich an § 1 Abs. 3 unserer Kirchenverfassung orientieren. Dort heißt es: ‚Durch ihren Herrn Jesus Christus weiß sie (sc. Landeskirche) sich hineingenommen in die Verheißungsgeschichte Gottes mit seinem ersterwählten Volk Israel – zum Heil für alle Menschen. Zur Umkehr gerufen, sucht sie Versöhnung mit dem jüdischen Volk und tritt jeder Form von Judenfeindschaft entgegen.‘

Der Kirchenpräsident und der Synodalpräsident werden diese Beschlüsse in einem Brief an den Referenten der Konsultation, Pfarrer Dr. Mitri Raheb, als Zeichen der Verbundenheit und Ausdruck unserer Verantwortung in dieser Frage mitteilen mit der Bitte, diese als Zeichen unserer Solidarität in seinem Kontext zu kommunizieren.

 

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Arbeitshilfe zum Kairos-Palästina-Dokument "Stunde der Wahrheit"

Arbeitshilfe zum Kairos-Palästina-Dokument "Stunde der Wahrheit"
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ISRAEL – Landverheißung / Treue und Erwählung Gottes

ISRAEL – Landverheißung / Treue und Erwählung Gottes
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Folgen der israelischen Besatzungs-Politik in der Westbank

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Kairos-Palästina-Dokument - Eine Zusammenfassung

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Wolfgang Wittrock - Geschichte der deutschen evangelischen Einrichtungen in Israel-Palästina

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Ulrike Bechmann - Kontextuelle palästinensische Theologie

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Klaus Wengst - Eine theologische Auseinandersetzung mit dem „Kairos Palästina-Dokument“

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Stefan Meißner - Das sogenannte „Kairos-Dokument“ der Christen in Palästina.

Stefan Meißner - Das sogenannte „Kairos-Dokument“ der Christen in Palästina.
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