Telefonseelsorge 

Mehr Anrufer wollen über Einsamkeit und Ängste sprechen

Das Gespräch mit Ehrenamtlichen der Telefonseelsorge ist heilsam. Foto: lk.

Kaiserslautern (lk). Die Corona-Pandemie ist auch in den Gesprächen angekommen, die bei der Telefonseelsorge eingehen. Bei ungefähr 40 Prozent der Gespräche bemerken die Ehrenamtlichen an der Hotline das Thema Corona.

Zudem ist die Anzahl der Gespräche deutlich gestiegen: Ende März wurden täglich 50 Gespräche geführt. Ende Februar waren es 30. Bundesweit sprang die Zahl von 2000 auf 3000. Grund dafür sind die Sorgen und Ängste der Menschen. Aber auch die Zahl der Telefonberater in der Pfalz hat sich erhöht. „Unsere Ehrenamtlichen sind sehr motiviert und verstärkt dabei“, sagt Peter Annweiler, Leiter der Ökumenischen Telefonseelsorge Pfalz. „Wir hoffen, dass wir das Engagement halten und weiterhin gut erreichbar sein können“.

Laut dem evangelischen Pfarrer seien die Inhalte der Gespräche durch Corona „gefärbt“. Corona-Themen würden sich mit grundlegenden Themen paaren, etwa mit Krisen in Beziehungen, Angststörungen oder allgemeinen Ängsten. Einige hätten auch Fragen zu praktischen Themen wie der Tagesstruktur. Doch schnelle Ratschläge geben die geschulten ehrenamtlichen Telefonseelsorger nicht. „Vielmehr geht es bei dem telefonischen Angebot um seelische Fürsorge, Vorsorge und Nachsorge“, sagt der Kaiserslauterer. Mit Empathie und einer anderen Perspektive versuchen die Ehrenamtlichen am Telefon die verengte Sicht des Gesprächspartners auf seine Lebenssituation zu verändern.

„Schon das Gespräch ist meist heilsam, weil man die Perspektive eines Anderen hört und so aus dem Gedankenkarussell ausbrechen kann“, sagt Pfarrer Annweiler. Normalerweise erleben die Menschen das in Gottesdiensten, Seelsorge und Gesprächen in der Gemeinde, die aktuell entfallen. „Bei einem Großteil der Gespräche merken wir, dass sich die Situation durch Corona zuspitzt“, sagt Annweiler.

Ein weiteres Thema bekommen die Ehrenamtlichen der Telefonseelsorge am Rande mit: Gewalterfahrungen zu Hause. „Wir gehen davon aus, dass häusliche Gewalt zunimmt, aber eine Statistik führen wir dazu nicht“, so Annweiler. „Aber beispielsweise in Chats erfahren wir es, wenn Jugendliche erzählen, dass die Mutter den kleinen Bruder schlägt. Dann reagieren die Ehrenamtlichen am Telefon vorsichtig und aufmerksam. Das anonyme und freiwillige Gespräch ist unser höchstes Gut“, wiederholt Annweiler mehrmals.

Menschen, die Gewalt in Haushalten, im Umfeld oder in der Nachbarschaft mitbekommen, rät Annweiler, eher persönliche Gespräche über die allgemeine Situation während der Corona-Zeit zu beginnen, als „mit der Tür ins Haus zu fallen“. Wer selbst sexualisierte oder häusliche Gewalt erfährt, kann sich an die speziellen Notrufe für Frauen und Kinder wenden (Liste im Download).