Thomas Vieweg ist nach drei Jahren als Propst in Kaliningrad wieder in der Heimat 

Zurück von einem "Feuerwehreinsatz"

Speyer/Mainz (lk). Wenn Pfarrer Thomas Vieweg darauf angesprochen wird, was für ihn in den letzten drei Jahren am wichtigsten war, fällt seine Antwort unmissverständlich aus: Er sei absolut unbestechlich. „Deshalb konnte man mit mir schwarz nichts verdienen.“ Der ehemalige Dekan des Kirchenbezirks Kirchheimbolanden (heute Kirchenbezirk Donnersberg) war von 2012 bis2015 Propst der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Kaliningrad in Russland. Für Vieweg und seine Frau Monika, die ihn bei der Gemeindearbeit unterstützt hat, war der dreijährige Aufenthalt „eine Reise in die deutsche Kirchengeschichte und europäische Gegenwart“.

Als Vieweg sein Amt im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) antrat, sei dies eine „Feuerwehraktion“ und ein Abenteuer gewesen. Er sei mit einer maroden Gemeindestruktur, einem korrupten System und politischer Unsicherheit konfrontiert worden. In der Propstei mussten die Immobilien verwaltet, die Finanzen saniert, rechtmäßige Arbeitsverträge abgeschlossen, Spenden eingesammelt und Gemeindemitglieder motiviert werden – ohne dabei die Seelsorge in den bis zu hundert Kilometer entfernt liegenden Landgemeinden zu vernachlässigen – „und das bei harten Wintern mit minus 18 Grad und meterhohem Schnee“. Als „prekär bis chaotisch“ beschreibt Vieweg die Anfangssituation. Am schönsten seien die Gottesdienste gewesen, die Herzlichkeit der Menschen habe für vieles entschädigt.

Kaliningrad (das frühere Königsberg) war für Vieweg kein unbekanntes Terrain. Bereits als Dekan des Kirchenbezirks Kirchheimbolanden hatte der gebürtige Erfurter zahlreiche Kontakte mit Partnergemeinden in der Region. In der Evangelisch-Lutherischen Propstei Kaliningrad in Russland betreute Vieweg rund 1000 Kirchenmitglieder und kümmerte sich insbesondere um den weiteren Aufbau und die Vernetzung von ambulanten Diakonie- Stationen in den Dörfern und Städten. Seine Frau Monika stand ihm als kirchlich-musikalische Mitarbeiterin zur Seite.

Die Zahl der Christen in der Region Kaliningrad liegt bei etwa 26 Prozent der rund eine Million Bürger. Die meisten Menschen sind russisch-orthodox. Die Protestanten gründeten 1991 mit Hilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland die lutherische Propstei, die heute rund 37 Gemeinden mit sieben Geistlichen umfasst. In der Kaliningrader Auferstehungskirche und in Gussev (früher Gumbinnen) finden Gottesdienste auf deutsch und russisch statt. Die Kirche unterhält ein Zentrum für Eltern mit behinderten Kindern, Diakoniestationen und ein Altenpflegeheim. Für ihre Aufgabe hatte das aus der früheren DDR stammende Ehepaar Vieweg gute Voraussetzungen mitgebracht. In der Schule hatten beide Russisch gelernt. Bereits als Theologiestudent habe er in Ost-Berlin intensive Erfahrungen mit einem politisch schwierigen System gemacht, so Vieweg. Der Theologe hatte 1984 die DDR verlassen.

Vieweg war der letzte von der EKD entsandte Propst. Es sei ein schönes, aber anstrengendes Arbeitsgebiet gewesen. „Das war eine tägliche Herausforderung der besonderen Art“, sagt der 62-Jährige. Nun sei er froh, wieder in der Heimat zu sein. Einfach nur zurücklehnen wird sich der Ruheständler indes nicht. Zurzeit schreibt er an einer Biografie, für die sein abwechslungsreiches Leben und eine 500 Seiten umfassende Stasi-Akte aus DDR-Zeiten die Vorlage liefern. Am 17. September wird Thomas Vieweg auf der Kirchgartenbank im „himmelgrün“, der Kirche auf der Landesgartenschau Landau, Platz nehmen. Thema: „Blühende Landschaften – Deutsche Einheit“ – biografische Anmerkungen.

Möglicherweise reist er zur Einführung seines russischen Nachfolgers noch einmal nach Kaliningrad. Künftig ziehe es ihn aber eher in den Süden. Beispielsweise als Urlauberpfarrer auf Kreta.