"Dorfentwickler" 

Zukunftsmodell Nordpfalz soll Schule machen

Aufbruchstimmung: Dorfraumraumpioniere unterwegs...

...für das Zukunftsmodell. Fotos: ejp

Kaiserslautern/Kusel (lk). Ist die Region zwischen Glan, Lauter und Alsenz, die so genannte Alte Welt, das neue Silicon Valley der Pfalz? Für Ingo Schenk, Referent für Grundsatzfragen beim Landesjugendpfarramt, Rudi Zapp, Presbyter der Kirchengemeinde In der Alten Welt, Dekan Matthias Schwarz sowie mehrere hochmotivierte Mitglieder der Evangelischen Jugend muss der Vergleich mit dem kalifornischen Hightec-Tal keine Zukunftsmusik bleiben. „Fatalismus und Resignation waren gestern, der ländliche Raum hat Zukunft“, sagen die kirchlichen „Dorfentwickler“, die sich zusammen mit den Landkreisen Kaiserslautern, Kusel, Donnersberg und Bad Kreuznach zu einem Solidarbündnis zusammengeschlossen haben.

Das Ziel, für das die Vertreter der vier Landkreise und der Kirche an einem Strang ziehen: Die ländliche Region an der Schnittstelle der vier Landkreise zwischen Alsenz, Glan und Lauter zukunftsfähig machen, attraktiv für Jung und Alt, Einheimische und Neubürger, investitionsfreudige Gewerbetreibende und Landwirte, heimatverbundene Jugendliche und junge Familien. Es gehe um nicht weniger als eine „Marketingstrategie“, ein „neues Image“ für die Region, sagt Schenk. „Wir wollen die Chancen und Entwicklungspotenziale rund um und in der Alten Welt gemeinsam entdecken und fördern und sie zu einem ‚Erfolgsmodell Nordpfalz‘ machen. Sozusagen eine Expedition in das eigene Dorf.“ Das Landesjugendpfarramt habe mit seinen mehrfach ausgezeichneten Kampagnen „Evangelische Jugend vor Ort“ und „Dorf-Entwickler“ gezeigt, welchen Beitrag Jugendliche zur Dorf-, Stadt- und Regionalentwicklung leisten können.

Es stimme sie hoffnungsvoll, dass in der Nordpfalz Verantwortliche aus Politik und Kirche gemeinsam aufbrechen, um den ländlichen Raum lebenswert und zukunftsträchtig zu gestalten, sagt die u.a. für Fragen der Jugendarbeit zuständige Oberkirchenrätin Marianne Wagner. „Dass das möglich ist, erlebe ich seit 15 Jahren am Beispiel der eindrücklichen Regionalentwicklung des Steirischen Vulkanlandes in Österreich, einer Region, die einmal als ‚das letzte Eck‘ bezeichnet wurde. Veränderung beginnt im Kopf, wo Menschen depressive Haltungen hinter sich lassen, das Potential ihrer Region in den Blick nehmen und Hoffnung säen. Ich freue mich, dass in der ‚Alten Welt‘ ein Erprobungsraum ländliche Entwicklung entsteht.“

Erste Treffen mit konkreten Ergebnissen haben bereits stattgefunden, freut sich Ingo Schenk über Fortschritte. Landkreise und Kirche haben bestimmte Aufgaben übernommen: So kümmere sich der Landkreis Kaiserslautern um die Bereiche Infrastruktur und Wirtschaft, bauliche Innenentwicklung und Öffentlicher Personennahverkehr, der Landkreis Kusel um Kultur, E-Mobilität und Versorgung. Der Donnersbergkreis widme sich den Themen Telekommunikation und Fördermöglichkeiten, der Landkreis Bad Kreuznach Tourismus, ärztliche Versorgung und Gesundheit. Zum Aufgabenbereich der pfälzischen Landeskirche, vertreten durch die Evangelische Jugend und den Dekan des Kirchenbezirks an Alsenz und Lauter, Matthias Schwarz, zählen Demografie, soziale Entwicklung, Jugend- und Seniorenarbeit, schildert Schenk. „Uns geht es um das selbst entdeckte Dorf“, unterstreicht der gelernte Sozialarbeiter. „Dazu haben wir die Forschungsergebnisse und Konzepte aus der Jugend-, Dorf- und Regionenarbeit des Landesjugendpfarramtes fortgeschrieben.“

Organisatorisches Zentrum der kirchlichen Aktivitäten soll ein „Haus der Ideenschmiede“ werden. Von hier aus sollen künftig die mobilen Dorf-Spiel-Wagen und Dorf-Bau-Wagen, seit mehreren Jahren erprobte und bewährte Maßnahmen zur Regionalentwicklung, in die Dörfer der Alten Welt geschickt und Jugendliche für den Einsatz als Dorfraum-Entwickler geschult werden. Ständig unterwegs, niemals zuhause: Für viele Jugendliche habe das Dorf als unmittelbarer Lebensmittelpunkt an Boden verloren. Gleichwohl zeichne sich eine Trendwende ab, zitiert Schenk aus der Bertelsmann Studie „Demographische Rendite ade“. Demnach würden wieder mehr junge Familien dem Land den Vorzug vor der Stadt geben.

Dass das Zukunftsprojekt Alte Welt maßgeblich von Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwickelt worden sei, mache es zum Erfolgsmodell, sagt Schenk. „Den demographischen Abwärtsentwicklungen und der Landflucht der vergangenen zehn Jahre möchten wir etwas entgegensetzen. Die Zeichen und Chancen für eine ‚Renaissance‘ des ländlichen Raumes stehen gut, solange es hier Arbeitsplätze und bezahlbaren Wohnraum gibt, Bürger- und Verwaltungsinitiativen Projekte hervorbringen, die Identifikation und Teilhabe schaffen.“ Jetzt hoffen die kirchlichen Dorfentwickler auf finanzielle Unterstützung für ihr Vorhaben. Denn „eine gute Idee“, so Schenk, „ist noch nie am Geld gescheitert“.