Gebetsfeier 

„Wir beten! Und zwar gemeinsam!“

Bischof Wiesemann, Kirchenpräsidentin Wüst und Kantor Nagler bei der gemeinsamen Gebetsfeier. (Foto: lk/Landry)

Speyer (lk/is). Am Sonntag gab es eine Premiere in der Pfalz: Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, Bischof Karl-Heinz Wiesemann und der Kantor der jüdischen Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Jan Nagler, haben eine jüdisch-christliche Gebetsfeier in Speyer gehalten. Die Feier fand im Edith-Stein-Gymnasium Speyer statt, an der sich die Schulgemeinschaft musikalisch beteiligte.

Mit der Gebetsfeier schlugen die Vertreterinnen und Vertreter der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche), des Bistums Speyer und der jüdischen Gemeinde ein neues Kapitel der jüdisch-christlichen Geschichte in der Region auf: Die Feier wurde liturgisch gemeinsam von den drei Geistlichen Wüst, Wiesemann und Nagler gestaltet. Im Fokus standen dabei Psalmgebete aus dem Alten Testament bzw. der Hebräischen Bibel, das für alle beteiligten Glaubensrichtungen zum reichen Schatz der gemeinsamen Überlieferung zählt.

„Wir beten! Und zwar gemeinsam!“, bekräftigte Bischof Wiesemann die Bedeutung der Feier. Es seien in den zurückliegenden Jahrzehnten tiefe Gräben überwunden worden, indem Brücken gebaut wurden: „Brücken des Miteinanders und der Versöhnung: als Nachbarn und Freunde; als Kinder eines Gottes; als Geschwister im Glauben.“

Kantor Nagler erzählte die Geschichte zweier Brüder, die unterschiedliche Leben führen, aber am Ende, das Wohl des anderen über das eigene setzen. „Juden und Christen sind Brüder. Wir können und sollen uns gegenseitig helfen, der Gesellschaft die Antwort auf die Frage aller Fragen zu finden – was ist der Sinn der Existenz eines jeden von uns in dieser Welt?“

„Wir haben gespürt, wie bereichernd wir füreinander in unserem Glauben sind“, zog Kirchenpräsidentin Wüst ein dankbares Fazit der Feier. Diese besondere Verbindung sollten die Gläubigen mitnehmen und so „mutig in unsere Zeit gehen, den Frieden suchen und ihm nachjagen“.

Alle Beteiligten stimmten darin überein, dass das jüdisch-christliche Gebet ein neues Kapitel des Miteinanders zwischen den beiden Religionen aufgeschlagen habe. Die gezeigte enge Verbundenheit setze durch das gemeinsame Gebet auch ein öffentlich sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus. Entsprechend schloss Kanton Nagler seine Ansprache: „Ich hoffe, dass unser gesamtes Treffen Teil der 1700-jährigen Geschichte der Juden in Deutschland wird.“

Hintergrund: Während der von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz ins Leben gerufene Kampagne „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ finden im Jahr 2021 Veranstaltungen, Themenreihen und Feierlichkeiten statt. Das Festjahr will den Blick auf das vielfältige jüdische Leben im Land richten. Auch in der Pfalz fanden und finden in diesem Zusammenhang Vorträge, Konzerte und Führungen statt.