Kirchenpräsident Schad predigt im Berliner Dom: „Politik und Religion sind zu unterscheiden“ 

Veränderungen mit der Kraft der Hoffnung vorantreiben

Berlin (lk). Für eine klare Unterscheidung von Politik und Religion hat sich der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz und Vorsitzende der Union Evangelischer Kirchen (UEK), Christian Schad, in seiner Predigt zum Palmsonntag im Berliner Dom ausgesprochen. Nur wer diese Unterscheidung beherzige, sei in der Lage, einerseits „die dunklen Mechanismen aufzuspüren, die Religion zu einem zerstörerischen Potenzial machen, andererseits auch die Frieden stiftenden Kraftquellen der Religion aufzudecken“, sagte Schad. 

Wer den christlichen Glauben ernst nehme, begebe sich auf den mühsamen Weg des Kompromisses, der Friedfertigkeit, der Gewaltlosigkeit und des offenen Dialogs. „Nicht Hass und Gewalt und Tod sollen das letzte Wort behalten, sondern Recht und Gerechtigkeit und die für alle Menschen unterschiedslos geltende gleiche Würde“, sagte Schad. Jesus unterscheide streng zwischen Gott und Menschen, zwischen göttlicher und weltlicher Macht, zwischen dem Reich Gottes und dem Ziel menschlichen Geschichtshandelns. „Wo diese Unterscheidung missachtet wird, schlägt Religion in Ideologie um, dient sie der Rechtfertigung totalitärer Machtansprüche“, erklärte Schad.

Die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem zeige, dass die Menschen in ihm den politischen Hoffnungsträger gesehen haben, der sie von der Fremdherrschaft durch die römische Besatzungsmacht befreien und aus dem gesellschaftlichen Abseits führen solle. „Sie fordern einen Systemwechsel, den sich auch heute viele von uns wünschen: angesichts der Dominanz der Wirtschaft über die Politik, der immer größer werdenden Schere zwischen Arm und Reich und den damit verbundenen gesellschaftlichen Verwerfungen“, sagte der Kirchenpräsident. Dabei sei es berechtigt, für diese Anliegen in friedlichen Demonstrationen auf die Straße zu gehen.

Nicht nur zur Zeit Jesu erwarteten die Menschen von ihm die sofortige Lösung persönlicher Probleme und Gerechtigkeit für alle, erklärte Schad. Doch Jesus habe sich den Wünschen entzogen. „Er wollte zu keinem Zeitpunkt eine christliche Republik, nie eine Theokratie installieren. Der Einzug Jesu in Jerusalem unterscheide sich fundamental von allen Um- und Aufbrüchen in dieser Welt. „So wichtig revolutionäre Veränderungen sein mögen, so notwendig die Neugestaltung unseres gesellschaftlichen Lebens auch ist, dies sind Prozesse, die fernab von jeder religiösen Entscheidungsschlacht liegen“, sagte der Kirchenpräsident. Die Aufgabe der Christen heute sei es, die Veränderungen – die immer nur vorläufigen Charakter hätten – „in der Kraft der uns verheißenen Hoffnung voranzutreiben“.