Frauenmahl: Initiative der evangelischen Frauenarbeit als Beitrag zum Reformationsjubiläum 

Tischreden zu Gott und der Welt serviert

Neustadt (lk). Friedensbewegung, Bürgerrechtsbewegung, Frauenbewegung – die Gesellschaft wäre heute eine andere, wenn sich nicht immer wieder Menschen gegen Ungerechtigkeiten aufgelehnt und für Fairness und Gleichberechtigung gestritten hätten. Für die Teilnehmerinnen des „Frauenmahls“ am Freitag im Neustadter Casimirianum, die sich über Gott und die Welt, Kirche und Religion austauschten, stand am Ende des Abends fest: Sich einzumischen und Missstände aufzuzeigen, ist eine bleibende Herausforderung. Die Frauenarbeit im Protestantischen Kirchenbezirk Neustadt hatte das Frauenmahl in Zusammenarbeit mit der katholischen Frauenarbeit und der Neustadter Gleichstellungsbeauftragten Susanne Mehling zusammengestellt.

Die Idee: Frauen treffen sich in einem schönen Ambiente zu einem festlichen Essen. Zwischen den einzelnen Gängen halten Vertreterinnen aus Politik, Gesellschaft und Kirche Tischreden. Der Rahmen ist zwanglos, aber nicht oberflächlich, die Reden sind kurz, aber keine leichte Kost. Gutes Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, aber auch geistige Nahrung darf nicht zu kurz kommen. „Die Sache mit den Frauenrechten ist noch lange nicht vorbei“, erklärte beispielsweise Elisabeth Müller in ihrer Tischrede. Die Pfarrerin, die eine Gemeinde in Essen betreut, plädierte ebenso wie die anderen Tischrednerinnen für eine faire Streitkultur in einer toleranten Gesellschaft. Die Landrätin des Landkreises Südliche Weinstraße, Theresia Riedmaier, forderte: „Wir Frauen müssen dorthin, wo Entscheidungen getroffen werden.“ Auf der Seite der Armen und Geschundenen stehen, solidarisch sein – für die Herxheimer Gleichstellungsbeauftragte Rosa Tritschler kann die Gesellschaft viel von den biblischen Frauengestalten Maria und Elisabeth lernen.

Rund 80 Frauen waren der Einladung der Gommersheimer Pfarrerin Martina Horak-Werz gefolgt, die die Veranstaltung initiiert hatte. Zwischen den Gängen des Menüs – vegetarisch, saisonal, regional und aus fairem Handel – servierten Theresia Riedmaier („Da berühren sich Himmel und Erde“), Elisabeth Müller („Schwestern, macht den Mund auf!“) und Rosa Tritschler („Maria: Schwanger mit einer neuen Welt“) ihre Tischreden. Der Beitrag der aus beruflichen Gründen verhinderten Journalistin Anke Herbert („Frau, misch dich ein“) wurde vorgelesen, den komödiantischen Schlusspunkt setzte die Marketingberaterin und Gimmeldinger Ortsvorsteherin Claudia Albrecht. Ministerpräsidentin Malu Dreyer sandte Grüße aus Mainz: Es sei „eine wunderbare Idee, die Tradition der Tischreden neu zu akzentuieren“. Den musikalischen Rahmen gestaltete Gaby Kiessling an der Zither.

Die Gesprächsrunde sei ein Beitrag der Frauenarbeit zum Reformationsjubiläum 2017 und solle eine breit angelegte, demokratische Auseinandersetzung aus Frauensicht stärken, sagte Pfarrerin Horak-Werz. „Tischreden zur Zukunft von Religion und Kirche haben in der evangelischen Kirche Tradition. Im Hause Luther war es üblich, Tischreden zu halten. Wir wollen mit dieser Veranstaltung zeigen, dass auch wir Frauen etwas zu sagen haben.“ Die Reformation sei ein gesamtgesellschaftliches Ereignis gewesen und habe vieles in Bewegung gesetzt, was bis heute nachwirke, nicht nur in Glaubensfragen. „Viele Frauen nahmen von Anfang an daran teil und fühlten sich durch die umstürzenden Ereignisse genauso wie Männer berufen, ihre Stimme öffentlich zu erheben und ihre Überzeugungen selbstverantwortlich zu vertreten.“

Das erste Frauenmahl fand 2011 in Marburg statt. Seitdem beteiligen sich in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 2.000 Frauen an dem Diskurs zur Zukunft von Kirche und Religion, heißt es auf der Website www.frauenmahl.de.