Telefonseelsorge 

Suizidprävention wird mit der App „Krisen-Kompass“ digital

Jetzt zum Download: der Krisen-Kompass der TelefonSeelsorge. Foto: TelefonSeelsorge.

Speyer/Kaiserslautern (lk). Suizidgefährdung erkennen und Hilfe bekommen – das sind die Aufgaben der App „Krisen-Kompass“. Die TelefonSeelsorge Deutschland startet damit die rein digitale Hilfe für Menschen, die sich in einer Krise befinden, und ihre Angehörigen.

„Die App wurde entwickelt, um die Menschen zu unterstützen, die sich nicht trauen, mit uns zu sprechen oder uns zu schreiben“, erklärt Astrid Martin, katholische Leiterin der ökumenischen TelefonSeelsorge Pfalz den Hintergrund der App. „Wir hoffen, dass dieses niederschwellige Angebot hilfreich ist, einen Krisenfall besser zu meistern.“

Mit der App erweitert der Verbund das bisherige Angebot und richtet sich an Menschen, die sich mit Selbstmordgedanken beschäftigen; an Angehörige, Kollegen und Freunde, die unterstützen möchten sowie an Angehörige, die eine Person durch Suizid verloren haben.

App auch für beraterisch-therapeutische Zwecke nutzbar

Menschen in einer schwierigen seelischen Situation benötigen eine klare und selbsterklärende Ansprache, die Möglichkeiten, wahrzunehmen und zu denken, überlagert sind. „In der App wurde stark darauf geachtet, eine leichte Userführung einzubringen und bewusst leicht lesbare Texte zu verfassen. Die App bietet so Seelsorge in neuer Form“, sagt Peter Annweiler, evangelischer Pfarrer und Leiter der TelefonSeelsorge Pfalz.

Im Krisen-Kompass stehen Funktionen bereit, die auch in der Psychotherapie genutzt werden, wie zum Beispiel die Aufzeichnung von Stimmungen als Tagebuchfunktion oder das Anlegen eines Safety-Plans. „Er kann in stabilen Momenten angelegt werden und ist sehr hilfreich, wenn man weiß, in der Krisensituation kann ich darauf zurückgreifen“, beschreibt Annweiler den Mehrwert. Als Erste-Hilfe-Koffer für den Notfall kann man in der App außerdem persönliche Archive anlegen, um aufbauende Gedanken oder persönliche Fotos, Erinnerungen oder Lieder zu speichern. Erläuterungen von Entspannungstechniken sowie Kontakte für den Notfall wie TelefonSeelsorge und andere professionelle Anlaufstellen geben konkrete Hilfestellungen für eine Krise.

Im Jahr 2019 wurde deutschlandweit das Thema Suizidalität (Suizidabsicht, Suizidversuch, Suizidgedanken, Umgang mit dem Suizid eines Anderen) in rund 103.000 der Gespräche der TelefonSeelsorge thematisiert (Telefon, Mail, Chat und vor Ort). Davon waren mehr als 23 Prozent Gespräche mit Kindern und jungen Erwachsenen bis 29 Jahren. Besonders die digitalen Wege werden genutzt: Konkret gab es 68,2 Prozent aller Chatgespräche und 61,4 Prozent Mails zum Thema Suizidalität mit dieser Altersgruppe.

Hintergrund: Die TelefonSeelsorge wurde 1956 als eine der ersten Suizidpräventionsmaßnahmen in Deutschland gegründet. Um vielen Menschen den Zugang zu ermöglichen, steht sie rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr bereit. Die Seelsorge ist ideologisch, konfessionell und politisch unvoreingenommen. Deutschlandweit gibt es 104 TelefonSeelsorgestellen. Die TelefonSeelsorge Pfalz wird gemeinsam vom Bistum Speyer und der Evangelischen Kirche der Pfalz getragen.

Über vier Wege ist die TelefonSeelsorge zu erreichen: Telefon, Mail, Chat und in einigen Städten vor Ort. 2019 wurden 932.100 Telefonate, 49.951 vor Ort- und 19.540 Chatgespräche geführt sowie 34.795 Mails geschrieben. Dank Unterstützung der Deutschen Telekom sind die Telefonnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 gebührenfrei.

Die App kann hier heruntergeladen werden: Für iOS-Systeme https://ios.krisen-kompass.app Für Android-Systeme https://android.krisen-kompass.app