Kirchenpräsidentinnenwahl 

Sieben Fragen an … Kandidatin Marianne Wagner

Kandidiert für das Amt der pfälzischen Kirchenpräsidentin: Marianne Wagner. Foto: Landry/lk.

Speyer (lk). Zur Wahl für die Nachfolge von Kirchenpräsident Christian Schad ab März 2021 stehen (in alphabetischer Reihenfolge): Albrecht Bähr, Marianne Wagner und Dorothee Wüst. Die Wahl findet bei der Landessynode am 19. September 2020 in Speyer statt und wird live im Internet übertragen.

Marianne Wagner ist seit 2016 Oberkirchenrätin der pfälzischen Landeskirche. Sie ist verantwortlich für Personalthemen und Gebietsdezernentin für die Kirchenbezirke an Alsenz und Lauter, Bad Dürkheim-Grünstadt, Donnersberg, Frankenthal und Ludwigshafen. Die 58-Jährige wohnt in Neustadt-Gimmeldingen.

Frau Wagner, in welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Lebendig fühle ich mich Gott sei Dank jeden Tag. Besondere Lebensenergie spüre ich, wenn ich mit anderen Menschen herzhaft lachen kann. Aber auch, wenn in traurigen und belastenden Situationen durch Empathie, gegenseitige Zuwendung und das Vertrauen auf Gott besondere Nähe entsteht. Das geschieht auch beim Beten.

Wie stellen Sie sich Gott vor?

Ich frage eher danach, wie Gott sich mir zeigt. Als Christin glaube ich, dass Gott uns in Jesus Christus ganz nah gekommen ist und weiß, wie es sich anfühlt, Mensch zu sein. Auf jeden Fall bin ich dankbar, dass ich Gottes wärmende und inspirierende Geistkraft in meinem Leben spüren darf. Das betrachte ich als ein Geschenk, anders gesagt: als Gnade. Diese Erfahrungen möchte ich gerne mit Anderen teilen.

Was schätzen Sie an unserer Kirche?

Die Pfälzer Lösung! Ich schätze es, dass wir in unserer Kirche flexibel sind, miteinander reden und pragmatisch nach Wegen suchen, die möglichst viele mitgehen können. Auch bin ich froh, dass unterschiedliche Menschen an vielen Orten ihre Gaben einbringen und sich in der Kirche engagieren. Die Vielfalt von theologischen Auffassungen und Frömmigkeitsstilen ist für mich ein Schatz; darin spiegelt sich auch der historische und kulturelle Kontext der Pfalz als Grenz- und Durchgangsland. Und ich schätze an unserer Landeskirche, dass vor gut 200 Jahren Menschen den Mut hatten, mit der Kirchenunion von Lutheranern und Reformierten neue Wege zu gehen.

Was fehlt Ihnen in unserer Kirche?

Irgendwie mangelt es uns derzeit an christlichem Urvertrauen. Dabei erzählt uns doch die Bibel so viele Geschichten darüber, dass Gott sein Volk gerade in dürren Zeiten bewahrt und seine Kraft genau dann wirksam wird, wenn wir uns schwach fühlen. Unsere Botschaft in die Gesellschaft sollte deshalb hoffnungsfroh sein und weniger die Sorge vor Veränderung betonen. Gerade in der heutigen Zeit mit so vielen Unwägbarkeiten (nicht erst seit Corona) sehnen sich Menschen nach Trost und Ermutigung. Viele aus der jungen Generation sorgen sich um ihre Zukunft und suchen nach sinnerfülltem Leben. Mit ihnen sollten wir ins Gespräch kommen; auch wenn sie nicht oder nicht mehr Kirchenmitglieder sind. Und dazu verstärkt auch digitale Kommunikationsformen einsetzen. Außerdem brauchen wir mehr Vernetzung mit anderen Akteuren, lokal, regional, ökumenisch und international.

Wie viel Leitung braucht die Landeskirche?

Geht es nicht eher darum, wie Kirchenleitung gestaltet wird? Kirche leiten heißt zuerst auf den Herrn der Kirche hören und sich von ihm leiten zu lassen. Damit Kirchenleitung beweglich bleibt und offen für neue Ideen und Impulse, sollte sie auf das Wirken des Heiligen Geistes vertrauen. Dann braucht sie einen realistischen Blick für die Situationen vor Ort, für unsere Pfarrerinnen und Pfarrer, Hauptamtliche und die Menschen in und außerhalb der Kirche. Unsere Zukunft wird davon abhängen, wie es uns gelingt, Mut zu machen und auch neue Formen kirchlichen Lebens auf den Weg zu bringen, um den Menschen von heute mit dem Evangelium zu dienen. Kirchenleitung hat hier zu ermöglichen und einen geeigneten Rahmen zu setzen, damit Haupt- und Ehrenamtliche gerne aktiv sind und gemeinsam gestalten. Im Grunde sollte Kirchenleitung die Kunst einer Hebamme beherrschen, damit an vielen Orten christliches Leben neu entstehen und wachsen kann. Nach außen muss gerade eine Kirchenpräsidentin den Mut haben, den Finger in gesellschaftliche Wunden zu legen und aus erkennbar christlicher Perspektive mit Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Akteuren in einen Dialog treten.

Können wir die Welt noch retten?

Die Welt retten kann nur Gott. Uns ruft er zur Mitgestaltung auf und hat uns dafür auch mit Sinn und Verstand ausgestattet. Als Christenmenschen haben wir den Auftrag zum Glauben einzuladen, damit Menschen durch die Begegnung mit Jesus Christus erlöst und befreit werden und sich deshalb einsetzen für eine Welt, in der es menschlicher, respektvoller und gerechter zugeht. Als Kirchen müssen wir deutlich für eine Umkehr eintreten von einem Lebensstil, in dem materielles Gewinnstreben und Egoismus zerstörerische Auswirkungen haben auf Menschen, unsere Mitgeschöpfe und die ganze Erde. Wir sollten öffentlich und eindeutig für christliche Werte einstehen.

Was steht auf Ihrer Bucket List? Was möchten Sie in Ihrem Leben noch tun?

Zwei Dinge fallen mir ein, die ich in meinem Leben gerne noch tun würde: Da ich hoffe, irgendwann Oma zu werden, freue ich mich schon darauf, meinen Enkelkindern Geschichten vom Schinderhannes und von Jesus zu erzählen. Das hatte meine Oma mit mir auch so gemacht. Und: Sollte ich Kirchenpräsidentin werden, will ich einmal im Jahr eine Woche auf Pilgerwanderung gehen; zusammen mit Menschen, die das ausprobieren wollen und gerne auch über Grenzen hinweg und ökumenisch.