Kirchenpräsidentenwahl 

Sieben Fragen an … Kandidat Albrecht Bähr

Kandidiert für das Amt des pfälzischen Kirchenpräsidenten: Albrecht Bähr. Foto: Landry/lk.

Speyer (lk). Zur Wahl für die Nachfolge von Kirchenpräsident Christian Schad ab März 2021 stehen (in alphabetischer Reihenfolge): Albrecht Bähr, Marianne Wagner und Dorothee Wüst. Die Wahl findet bei der Landessynode am 19. September 2020 in Speyer statt und wird live im Internet übertragen.

Albrecht Bähr ist seit 2002 Beauftragter der Diakonischen Werke in der Vertretung der Evangelischen Kirchen und der Diakonischen Werke im Lande Rheinland-Pfalz. Seit 2011 ist er pfälzischer Landespfarrer für Diakonie. Bähr ist 58 Jahre alt und wohnt in Kirkel.

 

Herr Bähr, in welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Wenn ich mit meinem Vokalensemble probe und wir gemeinsam singen. Wenn ich mit Gleichgesinnten Projekte umsetze, die mir und anderen das Leben verbessern. Wenn ich in meinem Garten das Obst und Gemüse ernten kann und am Wochenende aus der Blütenpracht schöne Sträuße binde.

Wie stellen Sie sich Gott vor?

Eine Vorstellung wie in meiner Kindheit habe ich nicht. Es sind eher Momente und Ereignisse, die mir Gott nahebringen: Bei der Geburt meiner Kinder habe ich gespürt, dass Gott Leben schenkt. Bei dem ersten großen Verlust eines Menschen, dem Tod meines Vaters, habe ich durch die Begleitung unzähliger Menschen und durch die Trauerfeier erlebt, dass Gott ein Tröster ist. Beim Singen, insbesondere bei der Musik von Johann Sebastian Bach, spüre ich, wie Gott mich durch das Leben trägt. Es ist ein spiritueller Moment, den ich nicht missen möchte. Wenn ich durch die Landschaft jogge oder in meinem Garten arbeite, freue ich mich an der Natur und spüre, wie wunderbar Gott alles in vielfältiger Form gemacht hat.

Was schätzen Sie an unserer Kirche?

Dass unterschiedliche Menschen mit ihren vielfältigen Gaben und ihren eigenen Orientierungen und Glaubensprägungen unter dem Dach der Kirche eine Gemeinschaft bilden, die sich am Wort Gottes orientiert. Jede und jeder kann sagen, was er/sie denkt und das ist wichtig. Gerade in Corona-Zeiten ist deutlich geworden, wie vielfältig Nächstenliebe vor Ort praktiziert wird. Die Begabungen der Menschen tragen Früchte in die Gesellschaft hinein. Dies schätze ich außerordentlich. Toleranz, Solidarität, die Bewahrung der Schöpfung lassen uns Netzwerke zu Menschen knüpfen, die ähnlich denken, aber sich nicht innerhalb der Kirche verortet fühlen. Wir sind eine gewichtige Minderheit, deren Stimme in der Gesellschaft immer noch wahrgenommen wird.

Was fehlt Ihnen in unserer Kirche?

Mutig neue Wege einzuschlagen und dabei auf eine zeitgemäße Sprache zu achten. Ein klares Bekenntnis zur Solidarität mit den Armen und Schwachen, das über verbale Äußerungen und Spendenaktionen hinausgeht. Sich weniger mit den eigenen kirchlichen Strukturen beschäftigen, dafür mehr leuchtendes Vorbild sein in der Welt und Zeugnis von der guten Botschaft Gottes ablegen.

Wie viel Leitung braucht die Landeskirche?

Wir stehen vor großen und einschneidenden Veränderungen der Volkskirche. Daher erwarte ich von der Landeskirche, dass sie diese Prozesse steuert und Impulse gibt, Mut schafft, motiviert, aber auch konsequent die Umsetzung der beschlossenen Dinge vorantreibt. Der Kirchenpräsident oder die Kirchenpräsidentin hat die Aufgabe, die wichtigen Fragestellungen zu bündeln und immer wieder im Dialog mit allen Ebenen zu reflektieren, ob die Wege, die eingeschlagen wurden, richtig sind und wie sie zum Ziel kommen können. Der Landeskirchenrat soll wesentlich mehr interdisziplinär arbeiten und die Versäulung der Dezernate auflösen. Zu oft erfahre ich, dass das eine Dezernat nicht weiß, was das andere tut. Hierunter leiden viele wichtige Entscheidungen.

Können wir die Welt noch retten?

Ich besitze eine innere Gelassenheit, weil ich weiß, dass Gott die Welt bereits mit sich versöhnt hat. Nichtsdestoweniger sehe ich mit großer Sorge, wie die Menschen, die die Erde bewahren und bebauen sollen, sie zerstören. Von daher kann ich nur von einer Hoffnung sprechen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, die Welt, in der wir leben, mit unseren eigenen Kräften, mit unserer Glaubensgewissheit und in der Vernetzung mit vielen dahingehend zu bewahren, indem wir uns intensiv für Gerechtigkeit, Solidarität und Bewahrung der Schöpfung einsetzen. Ein Bibelspruch von Jesaja hilft mir sehr: „Ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden“. Die Freude als Gewissheit, dass das Leben gelingen kann, trägt mich.

Was steht auf Ihrer Bucket List? Was möchten Sie in Ihrem Leben noch tun?

Ich möchte gerne das Waldhorn spielen lernen. Ich möchte gerne einen Halbmarathon laufen und auch ans Ziel kommen. Ich will meine Kontakte zu der großen Familie, die ich habe, und zu meinen Freundinnen und Freunden weiterhin intensivieren.