Bundestag entscheidet über Paragraf 219a 

Schwangerschaftskonflikt: Frauen aufklären und begleiten

Foto: Fundus_Peter Bongard

Eine Arztpraxis darf bislang nicht im Internet über Methoden zum Abbruch einer Schwangerschaft aufklären. Das besagt der umstrittene Paragraf 219a. Am Donnerstag entscheidet der Bundestag, ob diese Aufklärung künftig möglich wird und das Gesetz gestrichen. Die Pfälzische Landeskirche und ihre Diakonie betonen neben der medizinischen eine umfassende Beratung der betroffenen Frauen.  

Speyer (lk). Der Bundestag entscheidet am kommenden Donnerstag über die Abschaffung des Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch. Falls die Abgeordneten den Paragrafen kippen, können Arztpraxen künftig auf ihren Internetseiten über Methoden eines Schwangerschaftsabbruchs aufklären - ohne Strafe fürchten zu müssen. Bislang gelten diese Informationen als unzulässige Werbung für einen Abbruch. Kritiker befürchten ohne den Paragrafen mehr Abtreibungen. 

Dem widerspricht die Erfahrung im Diakonischen Werk der Pfalz. Die Praxis der Beratungsstellen zeige: Frauen werden durch korrekte medizinische Informationen keinesfalls zu Abbrüchen ermuntert. Im Wegfall von 219a sieht das Hilfswerk die Chance, medizinisch korrekte Informationen zu erhalten - anstelle oft subjektiver und falscher Informationen aus dem Netz. 

Medizinische Informationen ersetzen dennoch nicht die Beratung im Schwangerschaftskonflikt. Dort werden die Situation vor und nach dem Abbruch besprochen, die möglichen körperlichen und seelischen Folgen, sowie die persönlichen Lebensumstände der Frauen. Bereits im März, nach der ersten Entscheidung des Bundeskabinetts zur Abschaffung des Paragrafen, hat sich Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst dazu positiv geäußert. Schwangere sollten in Konfliktsituationen möglichst umfassende Informationen erhalten. „Betroffene Frauen machen sich die Entscheidung nicht leicht, sie brauchen Begleitung und Mitgefühl, aber keinen moralischen Zeigefinger“, so Wüst. 

Die Beratung ist Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch. Das Gespräch findet in einem geschützten Raum statt, ohne Druck durch Partner, Familie oder Freunde. Der Schutz des ungeborenen Lebens wird genauso betont wie der Schutz und die Unterstützung für die werdende Mutter. Durch das Beratungsgespräch soll eine Frau ihre eigenverantwortliche und ethische Entscheidung frei treffen können. 

„Kinder sind eine Gabe Gottes, das sagt sich leicht. Aber Mütter, Väter, Menschen, die für sie da sein wollen und können, sind auch ein Gottesgeschenk und sie haben keine leichte Aufgabe“, betont Kirchenpräsidentin Wüst. Es mangle weiterhin an familienfreundlichen Arbeitsbedingungen, an finanzieller Unterstützung und an Wertschätzung von Erziehungsarbeit. 

Die Kirchenpräsidentin wünscht sich weniger aufgeheizte Debatten um ungeborenes Leben und mehr ernsthafte Diskussionen über das Leben mit Kindern: „Was können wir als Kirche und als Gesellschaft dafür tun, dass Erziehende nicht allein gelassen werden, insbesondere nicht die Alleinerziehenden - oder dass Kinder haben kein Armutsrisiko mehr ist? Das sind Fragen, die wir uns stellen müssen, jenseits der Paragrafen“, kommentiert Dorothee Wüst. 

Hintergrund 

Die Diakonie Pfalz ist das Hilfswerk der Pfälzischen Landeskirche. Menschen in Not werden unterstützt, beraten oder erhalten Hilfsangebote. Die Angebote sind offen für alle und nicht an eine Mitgliedschaft in der Kirche gebunden. In 21 Beratungsstellen in der Pfalz bietet das Diakonische Werk unter anderem Schwangeren- und Schwangerenkonfliktberatung an. 

Hier werden Frauen beraten, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht wissen, ob sie ihr Kind austragen können oder wollen: Minderjährige, Alleinerziehende, Frauen an der Armutsgrenze, Migrantinnen, Vergewaltigungsopfer. Auch zu erwartende schwere Krankheiten des Säuglings können Gründe sein, die Schwangerschaft abbrechen zu wollen.  

Beratungsangebot der Diakonie Pfalz: www.diakonie-pfalz.de/ich-suche-hilfe/hilfe-im-schwangerschaftskonflikt

 

Speyer, 21.06.2022