Schüler fit machen für Menschen, Medien und Maschinen
Annweiler (lk). Das `Digitale Klassenzimmer´ ist nicht der Ort, an dem alle Schüler mit dem iPad arbeiten, sondern dort, wo Schüler Empathie, Persönlichkeitsstärkung und Souveränität ausbilden können. Das betonte Steffen Jung, Schulleiter des Evangelischen Trifels-Gymnasiums, bei einer Tagung der evangelischen Schulen aus Südwestdeutschland in Annweiler. Die Schule ist die einzige in Trägerschaft der pfälzischen Landeskirche. Am 1. Februar können interessierte Schüler und Eltern die weiterführende Schule beim Tag der offenen Tür besuchen.
Gegen die Macht und „Wucht“, mit der sich Instagram oder Youtube bei den Schülern durchsetze, brauche es eine starke Haltung von Lehrern und Schulleitern. „Wir sollten unsere – auch kontroversen – Ansichten gegenüber den Schülern mutig vertreten“, so Jung. Besonders die evangelischen Schulen hätten in der digitalen Zukunft die Aufgabe, eine authentische Haltung zu zeigen und politisch zu werden, ohne zu ideologisieren. Sie könnten zu einem Anker in der Digitalisierung werden.
Auf der anderen Seite will das Evangelische Trifels-Gymnasium die digitalen Innovationen nutzen, um Infrastruktur und Lernprozesse zu verbessern. Als eins von wenigen rheinland-pfälzischen Gymnasien nimmt die Schule am Projekt Schulcampus teil. Dabei werden Lerninhalte digital aufbereitet und Lernplattformen miteinander vernetzt. „Wir wollen zeitgemäße christliche und gute gymnasiale Bildung verbinden“, fasst Schulleiter Jung zusammen.
Mit Diversität und Risiken umgehen – statt Wissen vermitteln
Guido Baltes, Professor am Institut für Strategische Innovation & Technologiemanagement aus Konstanz, pflichtet Jung bei. „Digitale Innovation ist zwar technologisch getrieben, aber sie ist ein tiefer gesellschaftlicher Wandel in Werten und Verhalten“, sagte der Hochschulprofessor. „Dafür brauchen die Schüler Bildung. Sie werden den größten Teil ihres Berufslebens keine Stabilität erleben“, sagte Baltes.
Dabei ist „Bildung“ nicht mit „Wissen“ gleichzusetzen. Wissen sei laut Baltes heute für jeden im Netz zugänglich. „Deshalb ist es wichtiger, in der Schule Anpassung und Veränderungsbereitschaft zu trainieren, als Wissen zu vermitteln“, sagte der Technologieexperte. Zudem ist die Arbeit in diversen Teams relevant: Unterschiedlichkeit in Alter, Ethnie, Wissen oder sozialem Milieu habe zukünftig einen großen Stellenwert. Das sollte der Grundstein für das Lernen in einer Schule sein“.
Zudem sollten Schüler in der Schule mit Risiken und Misserfolgen konfrontiert werden. „Wie in der realen Technikwelt ändern sich die Anforderungen an die junge Generation zukünftig schnell. Das braucht die Liebe zum Kontrollverlust und Mut, ins kalte Wasser zu springen“, sagte Baltes.
Laut Schulleiter Jung haben die Schüler am Evangelischen Trifels-Gymnasium sehr gute Voraussetzungen, um die Zukunft souverän zu gestalten: „Auf der einen Seite können sie hier Innovation und Agilität praktizieren und auf der anderen Seite Persönlichkeit und Haltung zeigen.“ Die Erfahrungen will Jung gern mit anderen Bereichen der Landeskirche teilen.
Hintergrund: Das Evangelische Trifels-Gymnasium ist ein Leuchtturm evangelischen Bildungshandelns. Rund 670 Schüler, 70 Lehrer und 25 Mitarbeiter praktizieren ein evangelisch-christliches Bildungsverständnis und halten es "agil" für die Zukunft.