Vertreter von Kirche und Staat diskutieren über Kultur und Kommerz  

Reformationsjubiläum: Luther ist immer vermarktet worden

Diskutanten Christian Schad, Astrid Mühlmann, Christoph Picker und Gerhard Robbers (v.l.). Foto: lk

Kaiserslautern (lk). Der Reformator Martin Luther ist auch nach 500 Jahren noch ein Star. So hat die Geschäftsführerin der Staatlichen Geschäftsstelle „Luther 2017“, Astrid Mühlmann, das Interesse einer breiten Öffentlichkeit am Reformationsjubiläum zusammengefasst. Zwar feiere man eine Bewegung und nicht einen einzelnen Menschen, jedoch könne man die Ideen und die gesellschaftlichen Umbrüche, die damit verbunden gewesen seien, am besten an einer konkreten Person fest machen. Luther sei eine Persönlichkeit, „die uns nicht kalt lässt, wo Bewunderung und Ablehnung nahe beieinander sind“, erklärte Mühlmann bei einer Veranstaltung der Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz und der Evangelischen Akademie der Pfalz in Kaiserslautern. 

Die Konzentration auf Luther sei keine Erfindung heutiger Marketingexperten, erläuterte die Geschäftsführerin. Vielmehr sei der Wittenberger Theologe schon zu seinen Lebzeiten ein spannender „Werbeträger“ gewesen, wie Druckerzeugnisse belegten. Kurz nach seinem Tod habe man bereits Splitter aus seinem Totenbett verkauft. „Martin Luther ist immer vermarket worden“, sagte Mühlmann im Blick auf die reiche Auswahl an Produkten, die mit dem Konterfei und dem Namen des Reformators versehen wurden und werden. Der „Hype“ um Luther trage dazu bei, „dass das Jubiläum bei den Leuten ankommt“, sagte Mühlmann in ihren Ausführungen über Kultur und Kommerz. Drei nationale Sonderausstellungen und ein reichhaltiges Kulturprogramm verdeutlichten, dass das Reformationsjubiläum Kulturschaffenden Anlass und Grund biete, sich den Fragestellungen und Persönlichkeiten des 16. Jahrhunderts auf besondere Weise zu nähern. 

Die evangelische Kirche begeht nach den Ausführungen von Kirchenpräsident Christian Schad in diesem Jahr ein Reformationsjubiläum, „in dem die öffentlichen und politischen Konsequenzen der ‚Freiheit eines Christenmenschen‘ spürbar sein werden“. Wenn Luther in seiner gleichnamigen Schrift formuliere, dass „aus dem Glauben die Liebe und Lust zu Gott und aus der Liebe ein freies, williges, fröhliches Leben“ fließe, und „so, wie uns Gott durch Christus umsonst geholfen habt, durch den Leib und seine Werke, wir nichts anderes tun, als dem Nächsten zu helfen“, dann bedeute dies zum Beispiel, alles daran zu setzen, „dass Deutschland ein gastfreundliches Land bleibt und die Integration der Flüchtlinge gelingt“, sagte Schad. 

Die Reformation zu feiern, bedeute für die Protestanten, nach dem Horizont der Barmherzigkeit in unserer Kultur zu fragen, sagte der Kirchenpräsident. Wenn die Barmherzigkeit im Zentrum stehe, bedeute verantwortliches Handeln, die Konsequenzen für die Schwächsten immer in die eigenen Überlegungen mit einzubeziehen. Luthers Plädoyer sei „eine Gegenstimme gegen die Angst und ein Einspruch gegen alle, die mit der Angst der Menschen spielen oder daraus Kapital zu schlagen versuchen“, erläuterte Schad. 

Nicht zuletzt aufgrund der Reformation und ihrer Wirkungsgeschichte sei Rheinland-Pfalz heute ein Land der Toleranz, sagte Gerhard Robbers, Regierungsbeauftragter des Landes für das Jubiläum. Das Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz habe besonders unter den Religionskriegen nach der Reformation gelitten. In keinem Gebiet in Deutschland habe es so häufige Religionswechsel gegeben. „Wir leben hier aus dem Leid unserer Vorfahren.“ Heute gelte es, nicht die Fehler der Reformation zu wiederholen, sondern ihre Früchte zu nutzen. Die heutige Gesellschaft brauche neue Konsense „und nicht die Suche nach Streitpunkten“. Dazu gehöre der Ausgleich der Religionen, welcher der einzige Weg in eine friedliche Welt sei, sagte Robbers.