Ebernburger Tischrede 

Reformationsjubiläum hat Bildungsbewegung ausgelöst

Kirchenpräsident Christian Schad im Gespräch mit "Tischredner" Wolfgang Huber, dem Beauftragten der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz, Thomas Posern, und Manfred Rekowski, Präses der rheinischen Landeskirche (v.li.). Foto: lk

Aufmerksame Zuhörer: Die Teilnehmer der "Ebernburger Tischrede". Foto: ekhn

Bad Münster am Stein-Ebernburg (mwwk/lk). Wolfgang Huber, der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), hat bei der Ebernburger Tischrede ein positives Fazit aus den vergangenen zehn Jahren, der sogenannten „Lutherdekade“, gezogen. Auf Einladung des Reformationsbeauftragten der rheinland-pfälzischen Landesregierung, Gerhard Robbers, und der Evangelischen Kirche der Pfalz, der Evangelischen Kirche im Rheinland und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau sprach Huber „über das Reformationsjubiläum hinaus – Chancen und Aufgaben, die sich aus dem Jubiläum ergeben“.

In sieben Thesen forderte Huber, die Kirche müsse „wieder die Kraft aufbringen, die Menschen zu erreichen, die sie verloren hat“. Nach den vielen Veranstaltungen zum Lutherjahr sieht er die Kirche auf gutem Weg. „Ich sehe das Glas halb voll“, sagte Huber. Die vor zehn Jahren eher zufällig eingeläutete Lutherdekade hin zum Reformationsjubiläum 2017 habe eine wahre Bildungsbewegung ausgelöst. Damals habe sich niemand träumen lassen, „dass Lutheraufsteller in den Bahnhofsbuchhandlungen zu finden sind“, so Huber.

Das Reformationsjubiläum biete auch im Blick auf die kommenden Jahre eine großartige Gelegenheit zur öffentlichen Theologie, „die das Heil der Menschen so wichtig nimmt wie ihr tägliches Wohl“. Zugleich hätten die Themenjahre eine Öffnung der Kirche hin zur Zivilgesellschaft bewirkt. Die grundsätzliche Kritik an dem Veranstaltungsmarathon zum Reformationsjubiläum und Vorwürfe der prominenten ostdeutschen Theologen Friedrich Schorlemmer und Christian Wolff, die Feierlichkeiten hätten den wahren Zustand der Kirche ausgeblendet, wies Huber als ungerecht zurück.

Für die Ökumene habe das Jubiläum, das zugleich auch Reformationsgedenken sei, mit den Buß- und Versöhnungsgottesdiensten wichtige Impulse gebracht. Er könne sich im Blick auf die künftige Entwicklung nicht vorstellen, dass der geplante 3. Ökumenische Kirchentag 2021 „ohne die Bereitschaft zur gegenseitigen Gastfreundschaft am Tisch des Herrn stattfindet“, erklärte Huber.

Wolfgang Huber, der vor wenigen Tagen seinen 75. Geburtstag beging, gehört zu den profiliertesten evangelischen Theologen der Gegenwart. Er war 1984 bis 1994 Professor für Systematische Theologie mit Schwerpunkt Ethik in Heidelberg. 1994 bis 2009 bekleidete er das Amt des Bischofs der Evangelischen Kirche von Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz. Von 2003 bis 2009 war er Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Initiative, das 500. Jubiläum des Thesenanschlags von 1517 mit einer „Lutherdekade“ ab 2008 vorzubereiten, ging maßgeblich auf Bischof Wolfgang Huber zurück.

Der Ort der Veranstaltung, die Ebernburg über dem Nahetal bei Bad Kreuznach, ist bewusst gewählt: Als „Wartburg des Westens“ oder „Herberge der Gerechtigkeit“ bezeichnet, war sie zu Beginn der Reformationszeit ein Zufluchtsort für verfolgte Anhänger Martin Luthers, die dort der Ritter Franz von Sickingen aufnahm. 1522 feierte man auf der Ebernburg das Abendmahl in beiderlei Gestalt, einer der ersten evangelischen Gottesdienste in Deutschland überhaupt. Heute bewahrt und erhält die Ebernburg-Stiftung das historische Erbe. Der Ebernburg-Verein, dem die drei Landeskirchen in Rheinland-Pfalz angehören, betreibt hier eine Familien-, Feier-, Ferien- und Bildungsstätte. Im Stadtgebiet von Bad Kreuznach, zu dem die Burg heute gehört, treffen die Territorien der pfälzischen, der rheinischen und der hessen-nassauischen Kirche zusammen.

Das Land Rheinland-Pfalz fördert den Erhalt der Burg. Sie wurde 2013 mit dem „Europäischen Kulturerbe-Siegel“ als Stätte der Reformation ausgezeichnet.