Vertreter von Kirche, Politik, Kultur und Medien diskutieren über Protestantismus in der Einen Welt 

Reformation als Lehrbeispiel für das Zusammenwachsen der Welt

Journalist Klaus Scherer, Kirchenpräsident Christian Schad, Staatssekretärin Heike Raab, Justizminister Gerhard Robbers und Moderator Harald Asel. Fotos: lk

Berlin (lk). Weltweit verbinden über 400 Millionen Menschen ihren Glauben mit der Reformation. Über deren globale Dimension in der Einen Welt diskutierten der ARD-Fernsehjournalist und Auslandskorrespondent Klaus Scherer, der rheinland-pfälzische Justizminister Gerhard Robbers und Kirchenpräsident Christian Schad in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Berlin.

Als großen Gewinn bezeichnete Gerhard Robbers das Zusammenwachsen der Welt. Wie dabei die Vielfalt der Kulturen erhalten und konstruktiv aufeinander bezogen werden könne, zeige die Reformation als Lehrbeispiel auf. So lerne man von ihr, „dass Glaubensfreiheit auch für diejenigen durchgesetzt werden muss, mit denen man selbst nicht übereinstimmt“, sagte Robbers.

Für Kirchenpräsident Christian Schad schließen sich Christsein und Homogenität aus. Er sei im Blick auf rechtspopulistische Parolen erschrocken, wie Vereinheitlichung als Ideal angesehen werde. Christen lebten von einer lebendigen Vielfalt und vom fruchtbaren Ringen unterschiedlicher Meinungen um den richtigen Weg. Dabei gelte es, die Position des anderen zu respektieren und die eigene Stärke für die anderen einzusetzen.

Aus der Erfahrung seiner Korrespondententätigkeit in den USA und in Asien hat Klaus Scherer die Erkenntnis mitgebracht, dass „wir uns aufgrund der Komplexität der Welt daran gewöhnen müssen, dass nicht alles so einfach ist, wie sich die Menschen das wünschen“. Auch sollten sich Medien und Politik eingestehen, dass man zum Beispiel in internationalen Konflikten nicht immer wisse, was zu tun sei. Als Auslandkorrespondent habe er nicht die Aufgabe, zu sagen, „so sind die Amerikaner oder die Japaner“, vielmehr gelte es, zu differenzieren und auch Widersprüche aufzuzeigen. Die Chance, die ein Betrachter von außen habe, läge darin „vieles zu sehen, was Einheimische als Betriebsblinde nicht mehr sehen“. Aber auch als Rückkehrer ins eigene Land gewinne man einen neuen Blick auf das vermeintlich Bekannte.

Mit Blick auf die aktuelle Flüchtlingsdebatte steht der rheinland-pfälzische Justizminister einer gesetzlich geregelten Integration von Menschen anderer Religionen oder Kulturen skeptisch gegenüber. Die aktuelle Situation zeige, dass die meisten Menschen bereit seien, die geltenden Normen und Werte auch ohne Druck zu akzeptieren, sagte Robbers. Für ihn ist „der beste Anstoß zur Integration die Freiwilligkeit“. Dem stimmte Klaus Scherer zu: Mit einer Debatte über einen „Zwang“ zur Integration werde nur auf Stimmungen reagiert.

Kirchenpräsident Christian Schad plädierte für das evangelische Modell der „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“, das auch zum globalen Vorbild werden könne. Das bedeute Vielfalt und Dialogbereitschaft statt nationalstaatlich verengter Sichtweise. Pluralität sei daher nicht als Mangel, sondern als Gewinn zu verstehen. Als Beispiel nannte Schad evangelische Kindertagesstätten mit einem überwiegenden Anteil muslimischer Kinder. Diese seien Lernorte, in denen früh interkulturelle Kompetenz eingeübt werde.

Im Schwerpunktjahr „Reformation und die Eine Welt“ der Reformationsdekade 2008 bis 2017 erinnert die Evangelische Kirche in Deutschland daran, dass reformatorisches Handeln im 21. Jahrhundert heißt, die Vielfältigkeit des Menschseins anzunehmen. Insofern sei die Reformation kein abgeschlossenes Ereignis, sagte Harald Asel vom Rundfunk Berlin-Brandenburg, der das Forum moderierte. Staatssekretärin Heike Raab, Bevollmächtigte des Landes beim Bund und für Europa, erinnerte in ihrer Begrüßung an die Stätten der Reformation in Rheinland-Pfalz wie Worms und Speyer. Mit ihnen bringe man Zivilcourage, Vielfalt sowie Glaubens- und Gewissensfreiheit in Verbindung. Diese Werte hätten an Bedeutung nicht verloren.

Die Evangelische Kirche der Pfalz mit Sitz in Speyer ist mit zahlreichen Projekten und Veranstaltungen an dem von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Gemeinschaft Europäischer Kirchen (GEKE) ausgerufenen Reformationsjubiläum beteiligt. Sie ist Mitgastgeberin auf dem europäischen Stationenweg und beteiligt sich an der Weltausstellung Reformation in Wittenberg. Mehr Informationen zum Thema gibt es unter dem Logo Reformation 2017 auf dieser Homepage.

Mit der Veranstaltung haben die Landesvertretung Rheinland Pfalz und die Evangelische Kirche der Pfalz ihre Reihe mit Gesprächsrunden in der Reformationsdekade fortgesetzt. Vorausgegangen waren „Reformation und Toleranz“ (2012), „Reformation und Politik“ (2014) und „Die Macht der Medien“ (2015). Die Reihe soll nach Auskunft von Staatssekretärin Heike Raab im Jubiläumsjahr der Reformation 2017 fortgesetzt werden.