Spitzentreffen der saarländischen Landesregierung mit den Evangelischen Kirchen 

Rechtspopulismus als Herausforderung für Kirche, Gesellschaft und Staat

Spitzengespräch der saarländischen Landesregierung und der evangelischen Kirchen im Saarland. Foto: ekir

Saarbrücken (stk/ekir). Die gemeinsame Sorge um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Flüchtlingssituation stand im Mittelpunkt des Spitzengesprächs der Evangelischen Kirchen im Saarland und der Landesregierung in Saarbrücken. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, und der Präsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Christian Schad, waren mit Vertretern der Kirchenleitungen zu Gesprächen mit der Landesregierung unter Leitung von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer zusammengetroffen.

Zwischen Landesregierung und den Evangelischen Kirchen habe sich eine Kultur der Zusammenarbeit entwickelt, in der auch Platz für offene und kritische Worte sei, sagte die Ministerpräsidentin. „Diese Zusammenarbeit hat sich gerade in den letzten Jahren bei der Lösung von Problemen bewährt“, so Kramp-Karrenbauer. „Man hat heutzutage das Gefühl, eine Art Zeitenwende zu erleben. Wir erleben, wie extremes Gedankengut auf fruchtbaren Boden trifft und wie über das Verhältnis der Religionen zueinander sowie zum Staat diskutiert wird.“ Es sei Aufgabe der Politik und der Gesellschaft, diese Herausforderungen anzunehmen, sagte Kramp-Karrenbauer.

Präses Manfred Rekowski und Kirchenpräsident Christian Schad sagten, sie erachteten es als gemeinsame Aufgabe von Kirche, Gesellschaft und Staat, rechtem Gedankengut, Islamfeindlichkeit und wachsendem Rechtspopulismus entgegenzutreten. Mit Sorge sehen die Kirchenvertreter, dass sich im Saarland überwiegende Teile der Partei AfD mit rechtsextremen Kräften verbündeten. Für die Kirchen gehörten der Glaube an Gott und die Achtung vor den Mitmenschen unbedingt zusammen, erklärten Rekowski und Schad: „Wir lehnen es ab, wenn Religion für Rassismus, Gewaltrechtfertigung und Islamfeindlichkeit instrumentalisiert wird.“ Deshalb gelte es nun, auch sozialpolitisch darauf zu achten, dass ärmere Gesellschaftsschichten nicht noch weiter abgehängt würden oder gar ein Verdrängungswettbewerb mit Migranten auf dem sozialen Markt stattfinde.

Landesregierung und die Evangelischen Kirchen stimmten darin überein, dass man sich mit den Positionen der Rechtspopulisten auseinandersetzen müsse. Bei den jüngsten Wahlen in Deutschland und Europa hätten diese ihren Protest zum Ausdruck gebracht. Deshalb führe an einer argumentativen Auseinandersetzung mit der AfD kein Weg vorbei.

Kirchenpräsident Christian Schad und Präses Manfred Rekowski würdigten die Anstrengungen der saarländischen Landesregierung bei der Aufnahme von mehr als 13.000 Flüchtlingen im Jahr 2015. Dies sei eine gewaltige Kraftanstrengung, die das Land gemeistert habe. Angesichts einer Politik der Flüchtlingsabwehr und der Abschottung in Europa erinnerte Rekowski an die Verantwortung aller Christen, für Menschen einzutreten, die aus ihrer Heimat flüchten müssen. Die Landesregierung und die Evangelischen Kirchen zeigten sich einig, dass die derzeitige Flüchtlingssituation nur mit einer gesamteuropäischen Lösung zu meistern sei. Dazu zählten ein geordnetes Aufnahmeverfahren sowie die Bekämpfung der Fluchtursachen.

Ein weiteres Thema beim Spitzentreffen war nach Auskunft der Gesprächspartner die wachsende Altersarmut im Saarland. Nach dem Armuts- und Reichtumsbericht, den das Land 2015 vorgelegt hatte, sei das Armutsrisiko älterer Menschen von elf Prozent im Jahr 2005 auf 18,3 Prozent gestiegen. Damit stelle sich die Situation im Saarland gravierender dar als in anderen Bundesländern, sagte der rheinische Vizepräses Christoph Pistorius. Die Kirchen begrüßten daher, dass die Landesregierung im Landtag ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Altersarmut ins Auge gefasst habe, das mit den anderen Bundesländern und der Bundesregierung in Gang gesetzt werden solle.

Mit Blick auf die Feiern zum Reformationsjubiläum 2017 dankten Kirchenpräsident Schad und Präses Rekowski dem Saarland für die Zusage, sich am zentralen Festakt und Festgottesdienst am 30. Oktober 2017 in der Saarbrücker Ludwigskirche zu beteiligen. Die Staatskanzlei und das Bildungsministerium unterstützten aktiv die Planungen. „Dies zeigt das gute Miteinander von Kirche und Staat hier im Lande“, unterstrich Schad.

Hintergrund: Im Saarland leben 188.000 evangelische Christen, davon gehören rund 146.000 zur Evangelischen Kirche im Rheinland und rund 42.000 zur Evangelischen Kirche der Pfalz.