Kirchliche Gerichte befassen sich mit theologischen und rechtlichen Aspekten 

Minister Robbers: Integration braucht langen Atem

Justizminister Gerhard Robbers. Foto: lk

Ebernburg (lk). Die Integration von Muslimen in die deutsche Verfassungsordnung und Gesellschaft braucht nach Auffassung des rheinland-pfälzischen Justizministers Gerhard Robbers Zeit und langen Atem. Wer im Angesicht der aktuellen Flüchtlingssituation vom Scheitern der Integration spreche, wisse nicht, wovon er rede. Gerade die Kirchen leisteten vielfältige Unterstützung, von Sprachkursen über Kindertagesstätten bis zu Krankenhäusern, erklärte Robbers bei der Tagung der Mitglieder kirchlicher Gerichte in Bad-Münster am Stein-Ebernburg. Freilich bleibe die Integration eine Mammutaufgabe.

Seit der ersten Zuwanderung in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts habe sich viel getan. So seien Muslime kaum sichtbar gewesen, hätten ihren Glauben im Privaten gelebt. Es habe kaum Moscheen oder Beträume gegeben. Doch die Ausübung von Religion erfordere auch Strukturen und Räume. Religionsfreiheit bedeute, „dass die gleichen Rechte für alle gelten“. Das deutsche Religionsverfassungsrecht sei flexibel genug, um die Bedürfnisse der Muslime mit aufzunehmen, ohne dass grundsätzliche Veränderungen notwendig seien, erklärte Robbers.

Dies gelte auch für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, wie er durch das Grundgesetz garantiert werde. Es müsse geklärt werden, wer die Grundsätze eines muslimischen Religionsunterrichts bestimme, sagte der Minister. Ein verbindliches Lehramt, das zeige der Blick in evangelische Verhältnisse, sei nicht erforderlich. Hier seien Parallelitäten protestantischer und islamischer Theologie erkennbar, „es gibt bei beiden ein unmittelbares Verhältnis des Einzelnen zu Gott; es gibt bei beiden keinen heilsverbindlichen Klerus“.

Der Tübinger Theologieprofessor Christoph Schwöbel verwies in seinem Beitrag darauf, dass pluralistische Gesellschaften die Herausforderungen des Zusammenlebens nicht im Blick auf die Vergangenheit oder auf eine gemeinsame Grundlage bewältigen können, sondern nur auf gemeinsame  Zielsetzungen hin. Die Religionen müssten ihre je eigenen Ressourcen nutzen, um Möglichkeiten des Zusammenlebens zu erkunden. „Es gibt kein Esperanto des Dialogs und kein Weltethos“, sagte Schwöbel. Es könne keine Einheit auf Kosten der Vielfalt geben. Wer eine Leitkultur fordere, zündele mit einem Kulturkampf.

Für Kirchenpräsident Christian Schad muss sich in den Kirchen und Religionsgemeinschaften die Verwurzelung im eigenen Glauben und die Befähigung zur Toleranz, die den Anderen als Anderen respektiert, zugleich vollziehen. „Die für das Miteinander der Religionen notwendige, überzeugte Toleranz entsteht nicht durch Relativierung oder Zurücknahme der jeweiligen religiösen Identität, sondern durch Vergewisserung im Eigenen“, sagte Schad. Kirchliche Kindergärten und der Religionsunterricht gewönnen daher als Orte der Identitätsbildung und der Begegnung von Menschen unterschiedlicher religiöser Überzeugungen immer mehr an Bedeutung.

An der Tagung der Mitglieder der kirchlichen Gerichte nahmen Vertreter des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts, der Disziplinarkammer und der Schlichtungsstellen der Landeskirche und des Diakonischen Werkes teil. Das Grundgesetz der Bundesrepublik gibt den Kirchen das Recht, zur Entscheidung von Streitfällen im Bereich ihrer eigenen Angelegenheiten kirchliche Gerichte zu bilden. Diese sind wie staatliche Gerichte mit richterlicher Unabhängigkeit ausgestattet.