Telefonseelsorge 

Mehr Beratung findet im Chat statt

Zu Weihnachten ist die Telefonseelsorge am Telefon und im Chat für Ratsuchende da. Foto: lk/Keßler-Papin.

Kaiserslautern (lk). Seit vielen Monaten belastet die Corona-Pandemie die Menschen. Gerade in Krisenzeiten haben sie einen hohen Bedarf, über ihre Sorgen und Ängste zu sprechen. Dann sind gut ausgebildete Ehrenamtliche der ökumenischen Telefonseelsorge Pfalz für sie da. Die Telefonseelsorgerinnen und -seelsorger nehmen den Hörer ab und sind „ganz Ohr“. Laut Jahresstatistik 2020 führte das Team über 9.300 anonyme Seelsorge-Gespräche, knapp 500 mehr als im Vorjahr. Umgerechnet haben die Ehrenamtlichen damit mehr als zehn Tage länger mit Besorgten telefoniert als 2019.

Noch drastischer ist die Anzahl der Gespräche 2020 in der Online-Seelsorge gestiegen: Die Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter standen im Chat zur Verfügung, um insgesamt mehr als 2.500 Gespräche zu führen. Höhepunkt waren die Lockdown-Zeiten. „Den steigenden Bedarf an Online-Beratung gab es schon lange, besonders bei jungen Leuten. 2020 konnten wir darauf reagieren: Mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind für den Chat geschult worden, um die gute Qualität unseres Angebots zu sichern“, sagt Peter Annweiler, evangelischer Pfarrer im Leitungsteam der ökumenischen Telefonseelsorge Pfalz.

Im Rückblick auf das von der Corona-Pandemie geprägte vergangene Jahr weiß Annweiler, dass niederschwellige Hilfesysteme wie die Telefonseelsorge gerade im Lockdown noch relevanter geworden sind. „Es ging in den Gesprächen weniger um die Corona-Infektionen, sondern um seelische Anliegen, die mit der Corona-Pandemie verbunden sind, zum Beispiel Themen wie Beziehung, Fernbeziehung, Einsamkeit“, so Annweiler. Ältere leiden häufiger unter Einsamkeit, Jüngere beschäftigen stärker Beziehungsthemen. „Die Generation der ‚Digital Natives‘ telefoniert nicht mehr, und wenn dann nur vom Smartphone aus. Die Möglichkeit, überall zu kommunizieren, verändert auch die Seelsorge“, sagt Annweiler.

Zudem war eine deutliche Tendenz im Chat festzustellen: „Jüngere Leute mit Suizidgedanken nutzen bevorzugt den Chat als Medium. Das Thema nimmt rund 20 Prozent der Chat-Gespräche ein, am Telefon sprechen nur fünf bis sieben Prozent über Suizidalität. „Das ist ein deutlicher Unterschied“, so der Leiter der Telefonseelsorge. Zudem fühlen sich auch psychisch Erkrankte, die wegen der Corona-Einschränkungen nicht mehr in persönlichen Beratungsprozessen oder in Selbsthilfegruppen begleitet werden, bei der Telefonseelsorge gut aufgehoben.

Über die App „Krisen-Kompass“ haben suizidgefährdete und psychisch belastete Menschen sowie ihre Angehörigen seit 2020 eine weitere digitale Kontaktmöglichkeit.

Hintergrund: Seit Oktober 1979 nehmen in Kaiserslautern professionell geschulte Ehrenamtliche – aktuell rund 80 – den Hörer ab und sind „ganz Ohr“. Im Chat beraten 15 Personen. Die Telefonseelsorge ist ein ökumenisches Angebot der Evangelischen Kirche der Pfalz und des Bistums Speyer. 2020 nahmen die Ehrenamtlichen über 9.300 Gespräche und 2.500 Chats entgegen.

Die statistische Mehrheit der Ratsuchenden am Telefon ist weiblich, lebt allein und ist zwischen 50 und 69 Jahre alt. Im Chat ist die statistische Mehrheit ebenfalls weiblich, hingegen deutlich jünger: Ihr Alter liegt zwischen 20 und 39 Jahren, die meisten befinden sich in Schule, Ausbildung oder sind erwerbstätig und haben häufig psychische Erkrankungen.

Die Telefonseelsorge Pfalz ist unter den Telefonnummern 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222 sowie per Internet-Chat im Internet unter www.telefonseelsorge-pfalz.de rund um die Uhr erreichbar.