Geschlechtergerechtigkeit 

Mauern in den Köpfen einreißen

Geschlechtergerechtigkeit als Lebensthema: Annette Heinemeyer (l.), aktuelle Gleichstellungsbeauftragte, und ihre Vorgängerin, Belinda Spitz-Jöst. Foto: lk/Keßler-Papin.

Speyer (lk). Die Gleichstellungsbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz, Annette Heinemeyer, möchte Mauern in den Köpfen abbauen: „Frauen und Männer sind sowohl gleichwertig als auch verschieden. Jeder und jede von uns ist vieles“, sagt die 61-Jährige, für die Geschlechtergerechtigkeit ein „Lebensthema“ ist. Noch immer gebe es „Ungerechtigkeiten in Bezug auf gesellschaftliche Rollenzuschreibungen“.

Am 3. September um 18 Uhr begeht die Landeskirche das 25-jährige Bestehen ihrer Gleichstellungsstelle. Das Programm im Martin-Butzer-Haus in Bad Dürkheim sieht nach dem liturgischen Auftakt ein Grußwort von Kirchenpräsident Christian Schad, einen Impulsvortrag von Kristin Bergmann vom Büro für Chancengerechtigkeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie Diskussion und Dinner vor. Die Jazzcombo Amuse Gueule umrahmt die Feier musikalisch.

Augenfällig ist nach den Worten der landeskirchlichen Gleichstellungsbeauftragten beispielsweise das Verhältnis von Frauen und Männern in kirchlichen Gremien. Während in der Landessynode ein Drittel Frauen und zwei Drittel Männer vertreten seien, verhalte es sich in den Presbyterien eher umgekehrt, hat Heinemeyer festgestellt. Aber nicht nur in der Landessynode gebe es deutlich weniger Frauen als Männer. Auch das Dekansamt gelange wieder „mehr und mehr in männliche Hände“.

Mit Blick auf die Kirchenwahlen am 1. Advent 2020 will Heinemeyer Frauen ermutigen, auch für Führungsgremien zu kandidieren. „Mir geht es dabei auch um die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Ehrenamt.“ Daher biete die Gleichstellungsstelle im Herbst Workshops unter dem Motto „Nur Mut! Frauen stärken für die Kandidatur in Gremien“ an (siehe Hinweis unten). Eine Fortbildung im Frühjahr 2021 richtet sich unter dem Titel „Und wo bleibt der Spaß? Arbeitskulturen in kirchlichen Gremien“ speziell an die Mitglieder der neugewählten Presbyterien.

Die Corona-Krise habe „alte“ gesellschaftliche Probleme noch verschärft, meint die Gleichstellungsbeauftragte: Menschen in Armut und Alleinerziehende seien eindeutig benachteiligt. Auch einem anderen gesellschaftlichen Phänomen gilt Heinemeyers kritischer Blick: Mit dem Erstarken von rechtem Gedankengut würden alte Rollenbilder transportiert. „Frauen, die diesem nicht entsprechen, werden entsprechend abgewertet, angefeindet, ja sogar bedroht“, sagt die Diplom-Religionspädagogin. Gleichstellungsarbeit sei immer auch „Arbeit gegen rechts“.

Vor diesem Hintergrund werde sich die Gleichstellungsstelle in der nächsten Zeit auch mit Fragen der Diversität, also der Verschiedenheit und Vielfältigkeit in allen Bereichen der Gesellschaft, intensiv auseinandersetzen. Der „Beirat der Gleichstellung“ sei mit dieser Frage seit Anfang des Jahres beschäftigt. „Möglicherweise wird dies auch zu einer Neufassung der ‚Ordnung zur Förderung der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in der Evangelischen Kirche der Pfalz‘ führen“, sagt Heinemeyer. Die Vernetzung des kirchlichen Engagements mit lokalen, regionalen und überregionalen Institutionen liegt der Gleichstellungsreferentin besonders am Herzen.

Hintergrund: Die Gleichstellungsstelle im Landeskirchenrat gibt es seit 1995. Sie hat die Aufgabe, in der Evangelischen Kirche der Pfalz die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in allen Bereichen zu fördern. Dazu gehört unter anderem, sich mit grundsätzlichen Problemen der Stellung von Frauen und Männern in Ausbildung, Beruf und Ehrenamt auseinanderzusetzen und gesellschaftliche Entwicklungen zu gleichstellungsrelevanten Themen zu beobachten, ihre Auswirkungen für die Arbeit im Bereich der Landeskirche zu bedenken und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Beraten wird sie vom „Beirat der Gleichstellung“, dessen Mitglieder haupt- und ehrenamtliche Gruppen der Landeskirche vertreten.

Erste Theologische Referentin der Gleichstellungsstelle waren Pfarrerin Petra Vollweiler-Freyer und die juristische Referentin Bettina Wilhelm. Es folgten Pfarrerin Claudia Enders-Götzelmann und Gerd Humbert, der später das Referat für Männerarbeit der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft in Kaiserslautern übernahm, sowie Pfarrerin Belinda Spitz-Jöst. Annette Heinemeyer bekleidet das Amt seit Oktober 2018.

Hinweis: Für den Workshop „Nur Mut! Frauen stärken für die Kandidatur in Gremien“ stehen folgende Termine zur Auswahl: 9. Oktober, 15 bis 19 Uhr, Speyer; 10. Oktober,9 bis 13 Uhr, Landau; 6. November, 15 bis 19 Uhr, Kaiserslautern sowie 7. November, 9 bis 13 Uhr, Waldfischbach-Burgalben. Referentin ist Diplom-Psychologin Sabine Schäfer. Weitere Informationen und Anmeldung bei Annette Heinemeyer, Referentin für Gleichstellung der Evangelischen Kirche der Pfalz, Telefon: 06232/667 242, E-Mail: gleichstellungsstelle@evkirchepfalz.de.