Amtswechsel in Mainz 

Lobbyisten für die Menschlichkeit

Amtsübergabe in Mainz: Wolfgang Schumacher (r.) folgt als Beauftragter der Evangelischen Kirchen im Lande Rheinland-Pfalz auf Thomas Posern (vorne links). Foto: lk/Rummel.

Wolfgang Schumacher bei seiner Antrittsrede. Foto: lk/Rummel.

Der Kirchenpräsident Christian Schad gratuliert dem neuen Kirchendiplomaten, seinem langjährigen Pressesprecher Wolfgang Schumacher. Foto: lk/Rummel.

Das Instrumentalduo Esquinas de Nuez stimmt in den Festakt ein. Foto: lk/Rummel.

Mainz/Speyer (lk). Amtswechsel in der evangelischen Kirchendiplomatie: Der pfälzische Kirchenrat Wolfgang Schumacher ist am Dienstagabend als neuer Beauftragter der Evangelischen Kirchen im Lande Rheinland-Pfalz in Mainz eingeführt worden. Er gilt damit als Botschafter der Kirchen am Sitz der Landesregierung und ist ihr Ansprechpartner in allen Angelegenheiten, die die drei evangelischen Kirchen im Gebiet des Bundeslandes betreffen.

Der 59 Jahre alte Theologe und Journalist folgt Thomas Posern, der in den Ruhestand tritt. Posern begleitete für die hessen-nassauische Kirche, die pfälzische Kirche und die rheinische Kirche seit einem Jahrzehnt die Politik in Mainz.

Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad bezeichnete die Aufgabe der Beauftragten als „Grenzgang“. Ihre Rolle sei es, nicht nur zwischen Kirche und Gesellschaft sowie zwischen Religion und Kultur, sondern auch zwischen unterschiedlichen sozialen Milieus zu vermitteln. Schad: „Und überall wird es darauf ankommen, Differenzen, unterschiedliche Perspektiven nicht zu verwischen, sondern sie in einem echten ‚Hin und Her‘ konstruktiv aufeinander zu beziehen“. Dabei wird es nach Ansicht Schads auch darauf ankommen, den zunehmenden „religiösen Verschwörungstheoretikern“ in der Coronakrise „deutlich zu widersprechen und den Gott ins Zentrum zu rücken, der sich mit der Not und dem Leid von uns Menschen identifiziert hat und dort angetroffen werden will“.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski erinnerte bei der Amtsübergabe an die Herausforderungen, die an das Verhältnis von Kirche und Staat geknüpft seien. So sei es auch Aufgabe der Kirche, die Regierenden an ihre große Verantwortung zu erinnern. Deshalb würden Beauftragte der Kirchen „nicht kirchliche Partikularinteressen“ vertreten, wie das viele Lobbyisten an den Sitzen der Landesregierungen täten. Rekowski: „Ihre Aufgabe ist es zu vertreten, was dem Gemeinwesen dient. Sie sind so letztlich stets Lobbyisten für die Menschen und die Menschlichkeit sowie für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Nach Worten des hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Volker Jung sei es als Kirche wichtig, den Blick auf das Thema Gerechtigkeit zu lenken. Christinnen und Christen hätten zugleich das Bewusstsein, Menschen in aller Unvollkommenheit zu bleiben. Jung: „Deswegen müssen wir uns davor hüten, uns über andere zu erheben. Stattdessen müssen wir zeigen, wie wir selbst immer wieder Halt und Orientierung in Gott und seiner Gerechtigkeit suchen“. Jung würdigte den aus dem Amt scheidenden Posern als Theologen, der mit klarer Linie seinen Dienst „außerordentlich aufmerksam, kompetent, präsent, kommunikativ versiert“ versehen habe.

Wolfgang Schumacher (59) war bis zu seiner Amtsübernahme seit 2009 Pressesprecher und Öffentlichkeitsreferent der Evangelischen Kirche der Pfalz. Zu seinen Aufgaben gehörte es unter anderem auch, die Jubiläen zu 500 Jahre Reformation (2017) und 200 Jahre Pfälzer Kirchenunion (2018) für seine Kirche zu organisieren. Der Theologe studierte in Mainz und Heidelberg evangelische Theologie und war unter anderem Pfarrer in Pirmasens. Als Beauftragter für den privaten Rundfunk vertrat er bereits die drei Landeskirchen gegenüber den Sendern in Rheinland-Pfalz. Weitere Stationen seines Berufslebens waren beim Evangelischen Presseverband e.V. und dem Evangelischen Presseverlag GmbH in Speyer. 

Thomas Posern (65) war seit 2010 Beauftragter der Evangelischen Kirchen im Lande Rheinland-Pfalz in Mainz. Zu den wesentlichen Herausforderungen seiner Amtszeit zählten unter anderem der Umgang mit den Folgen der Bankenkrise oder die Aufnahme von Geflüchteten. Zuletzt standen noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik dagewesene Einschränkungen der Religionsausübung infolge der Coronakrise auf seiner Tagesordnung. Der Pfarrer arbeitete davor im Mainzer Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung als Referent für Ökumenische Sozialethik. Er wurde 2005 auch stellvertretender Leiter des Zentrums und führte es zeitweise kommissarisch. Posern studierte Theologie und Geschichte in Mainz und München. Anschließend arbeitete er als Stipendiat der Hessischen Lutherstiftung an der Universität München. Er war unter anderem Pfarrer an der Wiesbadener Lutherkirche. Parallel dazu promovierte er sich 1992 zum Doktor der Theologie. Seine inhaltlichen Schwerpunkte waren immer wieder die Themen Arbeit und Arbeitslosigkeit, Sozialstaat und Sozialsysteme, Reichtum und Armut, Globalisierung, Nachhaltigkeit und Gewalt.