Ökumenischer Gottesdienst zur Gebetswoche für die Einheit der Christen im Speyerer Dom 

„Lasst euch versöhnen“

Speyer (is/lk). Mit einem feierlichen ökumenischen Gottesdienst im Speyerer Dom haben die Evangelische Kirche der Pfalz, das Bistum Speyer und weitere, in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) – Region Südwest zusammengeschlossene Kirchen die Gebetswoche für die Einheit der Christen eröffnet. Die Woche steht in diesem Jahr unter dem Zeichen von „500 Jahre Reformation“ und trägt das Motto „Versöhnung – Die Liebe Christi drängt uns“ (2 Kor 5).

„Wir haben allen Grund zur Freude, dass nach Jahrhunderten der Abgrenzung und Feindschaft das Verbindende unser kirchliches Miteinander prägt“, betonte Bischof Karl-Heinz Wiesemann in seiner Begrüßung. In der Einheit der Liebe Christi sei eine gemeinsame Erinnerung an 500 Jahre Reformation möglich: „Wir vergewissern uns dankbar der Errungenschaften der Reformation für alle Kirchen und bestärken uns in unserem gemeinsamen Auftrag, Zeuginnen und Zeugen der Liebe Christi zu sein.“

Die lange Geschichte der Spaltung der abendländischen Christenheit habe viele Wunden hervorgebracht, bekannte Wiesemann. Im Bewusstsein, „dass wir alle aneinander schuldig geworden sind“ sei es jedoch heute möglich, sich gemeinsam dieser Geschichte und ihrer Folgen zu stellen und „uns bewusst der Gnade Gottes anzuvertrauen, der allein Vergebung und Versöhnung schenken kann. Wir leiden unter der Spaltung und wollen sie mit Gottes Hilfe vollständig überwinden.“ 

Bischof Wiesemann verwies auf das Motto der Gebetswoche. Das Leitwort führe in das Zentrum der Frohen Botschaft. Durch seinen Tod und seine Auferstehung habe Jesus Christus die trennende Wand der Feindschaft niedergerissen. „Von seinem Geist geführt, können wir bekennen, dass wir Sünder und aneinander schuldig geworden sind, dass aber die Gnade Gottes unendlich größer ist und alles Trennende überwinden kann.“ Angesichts von Hass und Unfrieden, Intoleranz, Ungerechtigkeit, Hunger und Armut weltweit rief der Bischof die Christen dazu auf „Diener der Versöhnung für die ganze Welt zu sein“ und „das Antlitz des liebenden Gottes“ sichtbar werden zu lassen.

Kirchenpräsident Christian Schad legte seiner Predigt den vorgegebenen biblischen Text, das Gleichnis vom verlorenen Sohn, zugrunde. Schad rief die Christen dazu auf, ehrlich mit der Geschichte der je eigenen Kirche umzugehen und sich auszurichten auf Jesus Christus, der das gemeinsame Fundament der Kirche sei. „Lasst euch versöhnen. All die falschen Bilder vom jeweils anderen, all die Vorurteile gegen Protestanten, Katholiken, Orthodoxe, Freikirchler, sie sollen aus unseren Köpfen und Herzen weichen. Nichts soll sich mehr zwischen uns stellen“, sagte der Kirchenpräsident. Der reformatorische Ruf zur Umkehr sei immer auch ein Schritt zur Klarheit: „Das Ende der Selbsttäuschung, ein Blick in die Tiefe der eigenen Existenz.“

Das ökumenisch gefeierte Jubiläum 500 Jahre Reformation sei ein Zeichen dafür, dass die jahrhundertealten Mauern zwischen den Kirchen eingerissen würden, damit es zur versöhnten Vielfalt kommen könne. Danach habe sich kein anderer als Martin Luther Zeit seines Lebens gesehnt: „Das Geteilte vereinen und ganz machen, von allem Zwiespalt lassen, auf dass wir eines Sinnes gerichtet seien auf Jesus Christus“, so der Reformator. Luthers Ziel sei es gewesen, seine Kirche „zur Freiheit zu befreien“. Er habe sie nicht trennen oder eine neue Kirche gründen, sondern sie reformieren wollen.

Die im 16. Jahrhundert entstandene Kirchenspaltung sei zu beklagen, führte Schad aus. Wie schmerzhaft sie sei, mache die fehlende Gemeinschaft am Tisch des Herrn offenbar. „Diese Wirkungsgeschichte darf aber nicht den Blick verstellen auf die Grundanliegen der Reformation, die als Ruf zur Freiheit, zur geistlichen Erneuerung heute neu zu hören sind.“ Zur Freiheit eines Christenmenschen gehöre indes auch die Verantwortung für Notleidende, mahnte Schad in seiner Predigt: Verantwortung für Menschen auf der Flucht vor Krieg und Terror, für Asylsuchende, für die Entwurzelten in den Städten und die Verarmten, die nicht mithalten könnten mit den Anforderungen dieser Gesellschaft: „Es ist unsere gemeinsame, ökumenische Aufgabe, das Evangelium offen und öffentlich zu bezeugen, in Wort und Tat, damit alle etwas spüren von Gottes Barmherzigkeit, seiner Gerechtigkeit und von seinem Frieden“, bekräftigte der Kirchenpräsident.

Mitwirkende des Gottesdienstes waren der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) – Region Südwest, Pastor Jochen Wagner, Argirios Giannios als Vertreter der Griechisch-Orthodoxen Kirche, Pastor Jörg-Michael Grassau vom Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (Baptisten), die Speyerer Ortsgeistlichen, Pfarrerin Christine Gölzer und Dompfarrer Matthias Bender, sowie der Synodalpräsident der Evangelischen Kirche der Pfalz, Hermann Lorenz, und die Katholikenratsvorsitzende Luisa Fischer. In den Gebeten und Fürbitten baten sie um Vergebung für das Leid, dass sich Christen gegenseitig zugefügt haben und baten um Versöhnung und Frieden für alle Menschen auf der Erde. Als sichtbares Zeichen der Versöhnung entzündeten sie ein Licht an der Osterkerze und reichten es mit kleinen Kerzen an die Gottesdienstbesucher weiter.

Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst von der Evangelischen Jugendkantorei der Pfalz unter der Leitung von Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald und von Domorganist Markus Eichenlaub an der Orgel.

Die Texte und die Liturgie zur Gebetswoche für die Einheit der Christen wurden im Gedenken an 500 Jahre Reformation von der ACK in Deutschland erstellt. Seit 2009 findet zur Gebetswoche für die Einheit der Christen ein zentraler ökumenischer Gottesdienst in Speyer statt, bei dem abwechselnd die Landeskirche und das Bistum Gastgeber sind. Daran beteiligt ist außerdem die ACK in Rheinland-Pfalz und im Saarland.