Klimafolgenforschung 

Klarer Auftrag aus dem Glauben heraus

Kirchenvertreter vor dem Potsdam Instítut für Klimafolgenforschung. Foto: bs

Potsdam/Speyer (lk). Eine intensivere ökumenische Zusammenarbeit beim Klimaschutz haben Vertreter des Bistums Speyer und der Evangelischen Kirche der Pfalz vereinbart. Konkrete Aufgabenstellungen ergäben sich sowohl hinsichtlich der Mobilität, der gemeinsamen Nutzung kirchlicher Gebäude und des klimafreundlichen Bauens, erklärten Generalvikar Andreas Sturm und Oberkirchenrätin Dorothee Wüst nach Abschluss einer „Lernreise“ zum Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in Potsdam.

Deutlich sei in den Gesprächen mit Klimaexperten geworden, dass auch die Kirchen dazu beitragen könnten, die Kluft zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und praktischem Handeln zu überbrücken. So gäbe es bereits landeskirchliche Richtlinien zu Beschaffung, Mobilität und Bauen, die auf den Aspekt der Nachhaltigkeit ausgerichtet seien. Darüber hinaus könnten Gesprächsangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gemacht werden, um gemeinsam über die Welt von morgen zu reden. Dabei gelte es auch die Perspektive des Glaubens einzubringen, die Welt als Gottes Schöpfung zu sehen, die es zu bebauen und zu bewahren gelte, sagte Oberkirchenrätin Dorothee Wüst. „Wir sind nicht die besseren Klimaexperten, jedoch gibt uns unser Glaube einen klaren Auftrag, zu dem auch Gerechtigkeit und Frieden für alle Geschöpfe zählen“, so Wüst.

„Die Kirche als Anwalt der Schöpfung muss die Stimme erheben und handeln“, sagte die Bürgerbeauftragte des Landes Rheinland-Pfalz und Landessynodale Barbara Schleicher-Rothmund, die Teil der 32-köpfigen Reisegruppe war. Jürgen Wienecke von der Selbständig Evangelisch-lutherischen Kirche sieht die Notwendigkeit zu entschlossenem Handeln: „Die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel führt uns zurück zur Theologie. Der erste Glaubensartikel handelt von der Schöpfung. So müssen wir auch als kleine Gemeinden das eigentlich Alltägliche und damit den Schöpfer wieder in den Blick nehmen“, sagte Wienecke.

Über die Grenzen des Machbaren müsse mit Experten und der gesamten Bevölkerung diskutiert werden, erklärte Mark Lawrence vom Institut für nachhaltige Entwicklung. „Wir brauchen die Kirchen als Dialogpartner für die Frage, in welcher Welt wir leben wollen“, sagte Lawrence. Innovation als Leitbegriff der gesellschaftlichen Debatte sei ein leerer Begriff. Er müsse mit der Idee einer sozialen und nachhaltigen Entwicklung gefüllt werden.

Wolfgang Lucht vom PIK sieht noch Handlungsspielräume, um den kommenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Allerdings sei Eile geboten, weil das Zeitfenster, um dem Klimawandel gegenzusteuern, immer kleiner werde. Die globalen CO2-Emissionen stiegen weiter. „Im Moment sind wir auf dem Weg zu vier bis fünf Grad Temperaturerhöhung bis zum Ende des Jahrhunderts. Schaffen müssten wir zwei Grad, besser noch 1,5 Grad. Wir sind überhaupt nicht auf Kurs“, so die Warnung des Professors, der die Bereiche Klima- und Erdsystemforschung beim PIK leitet.

Astrid Schulz vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen nahm die Digitalisierung in den Blick. Es brauche den gesellschaftlichen Diskurs, „denn die Risiken reichen von der Überschreitung planetarischer Leitplanken, einem digital ermächtigten Totalitarismus bis zur Unterhöhlung von Demokratien und einer Spaltung der Weltgesellschaft“, sagte Schulz. Digitalisierung sei keine Naturgewalt, sondern bedürfe der menschlichen Gestaltung. Zudem sei sie mit dem Thema der Nachhaltigkeit zu verbinden.