Parlamentarischer Abend 

Kirchlicher Auftrag hat auch politische Konsequenzen

Präses Manfred Rekowski, Landtags-Vizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Kirchenpräsident Volker Jung, Oberkirchenrat Michael Gärtner und Stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf (v.li.). Foto: ekhn

Oberkirchenrat Michael Gärtner hat die biblische Botschaft als Ausgangspunkt kichlichen Handelns und Redens in den Mittelpunkt gestellt.

Parlamentarischer Abend der evangelischen Kirchen - diesmal im Forum des Landesmuseums Mainz.

Mainz (lk/ekhn). Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung hat dazu aufgerufen, sich stärker mit den Folgen der zunehmenden Digitalisierung auseinanderzusetzen. „Wir sind mitten in einer epochalen Veränderung, sie ist nicht mehr rückgängig zu machen“, sagte Jung beim Parlamentarischen Abend der evangelischen Kirchen in Mainz.

Die Auswirkungen auf die Medienlandschaft, den Arbeitsmarkt, die medizinischen Forschungen oder politischen Strukturen seien "epochal", sagte Jung. Als Beispiele nannte er in seinem Vortrag die Bedeutung von Fake News in der politischen Debatte oder die Gefahr zunehmender Arbeitslosigkeit durch den technischen Fortschritt, aber auch die positiven Möglichkeiten einer nützlichen Kommunikation und größeren Teilhabe an Diskussions- und Entscheidungsprozessen. Wichtig sei eine „pragmatische Herangehensweise“, die sich daran orientieren solle, „was das Leben freier, sozialer und gerechter macht, um die digitale Transformation zu gestalten“. 

Kirchenpräsident Jung sieht dabei alle gesellschaftlichen Institutionen herausgefordert. So sei etwa die Politik gefragt, für eine Bildung zu sorgen, „in der nicht nur Programmiersprachen gelernt werden, sondern auch ethisches Orientierungswissen auf dem Lehrplan steht, um das technisch Machbare bewerten zu können, ob es menschlich und lebensdienlich ist“. Zugleich müsse die Demokratie selbst in ihren Entscheidungsprozessen mit den digitalen Möglichkeiten weiterentwickelt werden. Hierzu könnten neue Beteiligungsverfahren vor allem in regionalen Zusammenhängen dienen.

Zuhören, Anregungen geben, einander besser verstehen lernen. So hat der stellvertretende Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche der Pfalz, Michael Gärtner, das Miteinander von Parlament und Kirche bezeichnet. Gärtner betonte, dass der Ort kirchlicher Rede nicht unmittelbar die Politik, geschweige denn Parteipolitik sei. Die Kirchen wollten jedoch dazu beitragen „unsere Gesellschaft der unverlierbaren Würde des Menschen entsprechend zu gestalten“. Ausgangspunkt kirchlichen Redens und Handelns sei die biblische Botschaft und dem sich daraus ergebenden Bild des Menschen. Diese Botschaft richte sich an die Mitte der Gesellschaft, an die Starken, die auch der Vergewisserung und mitunter des Trostes bedürften, und sie wende sich an die am Rande der Gesellschaft stehenden „und rückt sie genauso wie die Starken und Gesunden in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit“, erklärte Gärtner.

Wenn die Kirche versuche, ihrem Auftrag nachzukommen, dann habe dies immer auch politische Konsequenzen, sagte der stellvertretende Kirchenpräsident auch mit Blick  auf den Vorwurf, sie mische sich zu sehr in politische Themen ein. Die Evangelische Kirche rede jedoch „auf der Kanzel in jeder Gemeinde, in kirchenleitenden Äußerungen oder in Erwachsenenbildungsveranstaltungen nie im Bewusstsein, besser als andere zu wissen, was zu tun ist“, sagte Gärtner. Man rede aber „immer angetrieben von der besonderen Botschaft, die wir dem Evangelium und den biblischen Schriften entnehmen“.

In ihrer Begrüßung würdigte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer das Engagement der Kirchen in der Gesellschaft. Sie verteidigte sie auch gegen Vorwürfe, zu politisch zu agieren. „Wer von Gerechtigkeit spricht, kann zu Ungerechtigkeit nicht schweigen“, sagte sie. Zugleich hoffe sie auf eine weitere Annäherung von evangelischer und katholischer Kirche. Nach 500 Jahren Reformation könnten sich beide Konfessionen deutlicher aufeinander zu bewegen. Sie erhoffe sich zugleich deutliche Fortschritte zu einem gemeinsamen Abendmahl.