Erprobungsräume 

Kirchenbezirk 2025: Neues wagen, nicht nur in der Stadt

Protestantische Kirche Blieskastel. Foto: lk/ev. Gemeinde Blieskastel

Werkstatttag unter Coronaschutz-Bedingungen. Foto: lk/Peter Butz

Zweibrücken (lk). Als der Zweibrücker Dekan Peter Butz Anfang 2020, kurz vor dem ersten Corona-Lockdown, zu Werkstatttagen in die Karlskirche einlud, war den Teilnehmern schnell klar, dass es um nichts weniger als die Zukunft des Kirchenbezirks geht. Die Daten und Fakten, die der Dekan und sein Team präsentierten, ergaben ein ziemlich schonungsloses Bild: Deutlicher Rückgang der Gemeindemitgliederzahlen und der Pfarrstellen, hoher Investitionsbedarf beim Gebäudebestand, spürbar zurückgehende Beteiligung am traditionellen Gemeindeleben.

Für Butz war die Bestandsaufnahme Herausforderung und Chance zugleich: „Wie organisieren wir die Arbeit im Kirchenbezirk so, dass wir auch bei weniger Personal, Finanzmitteln, ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitgliedern gerne und besser unseren Dienst tun und unseren christlichen Auftrag erfüllen?“ Das daraus entwickelte Modell mit dem Titel „Kirchenbezirk 2025. Wie sind wir morgen besser Kirche?“ ist inzwischen Teil des Projektes „LabORAtorien“, den Erprobungsräumen, mit denen sich die Evangelische Kirche der Pfalz für neue Formen gemeindlichen Lebens öffnen möchte. „Dabei geht es um die Ermutigung zu Initiativen missionarischen Gemeindeaufbaus und die Förderung von Zusammenarbeit über bisherige Grenzen hinaus“, erklärt die für Gemeindeentwicklung und Strukturplanung zuständige Oberkirchenrätin Marianne Wagner. „Erprobungsräume setzen auf frische Ideen, Kirche zu leben und zu erleben.“

„Wir haben uns auf einen Weg begeben, auf dem alle Gemeinden konstruktiv beteiligt werden sollen“, erklärt Butz die „Prozessarchitektur“. Bezirkssynode, Steuerungs- und Vorbereitungsgruppen gingen an die Arbeit und entwickelten Strukturmodelle. Zunächst sei der Kirchenbezirk Zweibrücken mit seinen Kirchengemeinden in der Stadt, im Bliesgau im südlichen Saarpfalz-Kreis und in der Südwestpfalz in drei Regionalzonen eingeteilt worden. Der Zielpunkt 2025 sei nicht ohne Grund gewählt, erklärt Butz: 2027 ende seine zweite Amtszeit als Dekan. Bis dahin will der 58-Jährige sein Haus gut aufgestellt und zukunftsfähig wissen. Zugleich geht 2025 das landeskirchliche Personalbudget in die nächste Runde.

Der Faktencheck für den Kirchenbezirk Zweibrücken: 22 der aktuell 37 Pfarrerinnen, Pfarrer und Gemeindediakone gehen bis 2030 in den Ruhestand. Der Rückgang der Gemeindemitglieder seit 2000 beträgt rund 25 Prozent. Bis 2030 ist ein weiterer Rückgang um mehr als 15 Prozent zu erwarten. Das sei nicht nur dem demografischen Faktor geschuldet, sagt Butz. „Wir haben auch hohe Austrittszahlen.“ Rund drei Viertel des Gebäudebestands seien bewertet und in einem „recht guten Zustand“. Gleichwohl werde der mittelfristige Investitionsbedarf (fünf Jahre) auf etwa 3,7 Millionen geschätzt – bei aktuell 1,35 Millionen Baurücklagen. Peter Butz beurteilt die Lage angesichts des steigenden Kapitalbedarfs für Gebäudesanierungen pragmatisch: Gemeindehäuser hätten möglicherweise „ihre Zeit gehabt, weil auch Gruppen und Kreise eher Auslaufmodelle sind“. Kirchliche Akteure vernetzten sich mehr und mehr mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und Bereichen: in der Musik, bei Nachhaltigkeits-, Umwelt- und Jugendaktionen, sagt Butz.

Die Kirchen-Gebäude mit ihrem christlichen Symbolwert müssten „auf jeden Fall“ erhalten werden, unterstreicht der Dekan, für den aber auch die Stilllegung von Kirchen „notfalls kein Tabuthema“ ist. Angesichts einer zurückgehenden Beteiligung der Kirchenmitglieder am traditionellen Gemeindeleben und einer veränderten gesellschaftlichen Relevanz der Kirche machten neue regionale Konzepte und Kooperationen, beispielsweise bei Gottesdiensten und in der Konfirmandenarbeit, bereits Schule und seien ausbaufähig, ist Butz überzeugt. Mit den Kirchenwahlen am 1. Advent werde ein Generationenwechsel in den Presbyterien eingeleitet. „Die Jüngeren wollen Neues wagen, nicht nur in der Stadt.“

Hintergrund: Der Protestantische Kirchenbezirk Zweibrücken erstreckt sich von St. Ingbert im Westen bis Rieschweiler im Osten. Der Kirchenbezirk hat 36.238 Gemeindemitglieder. Zu ihm gehören 36 Kirchengemeinden und insgesamt 19 Gemeindepfarrstellen. Sieben Pfarrer unterrichten an den Gymnasien und Berufsbildenden Schulen. Weitere übergemeindliche kirchliche Einrichtungen in Zweibrücken sind der Gemeindepädagogische Dienst, die Dekanatsjugendzentrale, die Krankenhaus- und Gefängnisseelsorge sowie die Religionspädagogischen Zentren in Zweibrücken und St. Ingbert. Im Kirchenbezirk gibt es darüber hinaus 23 Kindertagesstätten mit rund 407 Mitarbeiterinnen.

Kontakt: Peter Butz, Protestantisches Dekanat Zweibrücken, Kaiserstraße 24, Telefon: 06332/73543, E-Mail: dekanat.zweibruecken@evkirchepfalz.de.