Geschäftsführerin der jüdischen Kultusgemeinde traf sich mit Bischof und Kirchenpräsident 

Kirchen unterstützen jüdische Kultusgemeinde

Marina Nikiforova von der Jüdischen Kultusgemeinde erläutert Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann (links) und Kirchenpräsident Christian Schad die Pläne zur Anschaffung von zwei neuen Tora-Rollen für die Synagogen in Kaiserslautern und Speyer. Foto: is

Speyer (is/lk). Das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz unterstützen die jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz bei der Anschaffung von zwei neuen Tora-Rollen für die Synagogen in Speyer und Kaiserslautern. Bei einem Treffen informierte Marina Nikiforova, die Geschäftsführerin der jüdischen Kultusgemeinde, Kirchenpräsident Christian Schad und Bischof Karl-Heinz Wiesemann über das Vorhaben. 

Die Tora ist das heilige Buch im Judentum und besteht aus den fünf Büchern Moses. Die Tora-Rolle wird aus vielen Pergamentblättern zu einer sehr langen Rolle zusammengenäht. „Geschrieben wird sie von einem sogenannten Sofer, einem speziell geschulten Schreiber. Jeder Buchstabe in der gesamten Tora muss mit Feder und einer speziellen Tinte geschrieben werden“, erläuterte Marina Nikiforova. Bereits ein fehlender oder missratener Buchstabe mache die Tora-Rolle unbrauchbar. Für das Schreiben einer Tora-Rolle benötige der Sofer ungefähr ein Jahr. 

Die jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz hatte sich Ende des vergangenen Jahres zum Erwerb von zwei neuen Tora-Rollen für die Synagogen in Speyer und Kaiserslautern entschlossen. „Durch den ständigen Gebrauch sind die vorhandenen Tora-Rollen stark beschädigt. So kann es jederzeit dazu kommen, dass sie nicht mehr koscher sind und nach jüdischem Verständnis nicht mehr benutzt werden dürfen“, erklärte Marina Nikiforova. Eine neue Tora-Rolle kostet rund 25.000 Euro. Zur Finanzierung tragen eigene Mittel der jüdischen Kultusgemeinde, mehrere Benefizveranstaltungen sowie die Unterstützung zahlreicher Institutionen und Einzelpersonen bei. So hat zum Beispiel der Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde, Israil Epstein, allein 5.000 Euro zum Kauf der neuen Tora-Rollen beigesteuert. 

Das Bistum Speyer und die Evangelische Kirche der Pfalz beteiligen sich mit jeweils 5.000 Euro an den Anschaffungskosten für die beiden Tora-Rollen. „Wir wollen damit ein Zeichen setzen, dass Juden und Christen durch die Heiligen Schriften Israels bleibend miteinander verbunden sind“, gab Bischof Karl-Heinz Wiesemann als Grund für die Unterstützung an. Der Pentateuch, die fünf Bücher Mose, seien auch für Christen grundlegend. Beide Religionen hätten ein reiches gemeinsames geistliches Erbe, wovon die Heilige Schrift Zeugnis gebe. Dass sich jüdisches Leben in der Pfalz und in Deutschland neu entfalten könne, erfülle ihn mit großer Dankbarkeit, sagte Bischof Wiesemann. Bestandteil der katholischen Lehre sei ein „unwiderrufliches Nein zum Antisemitismus“, betonte er. 

Kirchenpräsident Christian Schad erinnerte daran, dass sich die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) auf dem Weg zum Reformationsjubiläum nicht nur kritisch mit dem Verhältnis Martin Luthers zu den Juden beschäftigt, sondern ausdrücklich auch zum Thema der sogenannten „Judenmission“ Stellung genommen habe. In der Kundgebung vom 9. November 2016 habe die EKD-Synode ein klares Zeichen gegen die christliche Missionierung von Juden gesetzt, erklärte Schad, der als Mitglied des Ausschusses „Schrift und Verkündigung“ wesentlich an dem Papier mitgearbeitet hat. Die Stellungnahme sei auch von dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, gewürdigt worden, der im vergangenen Jahr eine klare Positionierung der EKD gefordert hatte.  

Mit der Kundgebung anerkenne die EKD nun das Leid, das die über Jahrhunderte praktizierte Zwangskonversion vieler Juden verursacht habe. Wörtlich heißt es in dem von der Synode in Magdeburg verabschiedeten Papier: „Christen sind – ungeachtet ihrer Sendung in die Welt – nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen. Alle Bemühungen, Juden zum Religionswechsel zu bewegen, widersprechen dem Bekenntnis zur Treue Gottes und der Erwählung Israels.“ 

Die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz hatte im Frühjahr 2016 unter dem Titel "Protestanten ohne Protest" die Rolle der evangelischen Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus zum Schwerpunkt. "Glaubhaft sind wir nur, wenn wir das belastende Erbe unserer Kirche bewusst wahrnehmen. Sich der eigenen Schuld- und Schamgeschichte zu stellen, hat mit Wahrhaftigkeit sich selbst gegenüber zu tun", so Schad. Dementsprechend habe die Evangelische Kirche der Pfalz bereits 1995 in ihrer Verfassung die Selbstverpflichtung festgeschrieben, jeder Form von Judenfeindschaft entgegenzutreten. 

Hinweis:

Spendenkonto zur Anschaffung von zwei neuen Tora-Rollen für die Synagogen in Speyer und Kaiserslautern: Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz, Sparkasse Vorderpfalz, IBAN DE84 5455 0010 0193 2025 12, Volksbank IBAN DE94 5479 0000 0001 3813 34.