Arbeitskreis regt neue Impulse für Gespräch zwischen Christen und Juden an 

Kirche und Judentum: "Die Wurzel, die uns trägt"

Stefan Meißner vom Arbeitskreis Kirche und Judentum. Foto: Privat

Speyer (lk). Das Gespräch zwischen Christen und Juden lebendig zu halten und ihm neue Impulse zu geben, sehen der Vorsitzende des landeskirchlichen Arbeitskreises Kirche und Judentum, Pfarrer Stefan Meißner, und der pfälzische Ökumenedezernent, Oberkirchenrat Manfred Sutter, als „bleibende Aufgabe“. „Das Judentum ist die Wurzel, die uns trägt“, erklärt Meißner anlässlich des Israelsonntags am 9. August. Zu dem bevorstehenden 75. Jahrestag der Deportation pfälzischer, saarländischer und badischer Juden nach Gurs am 22. Oktober bietet der Arbeitskreis eine Arbeitshilfe zum Download in Internet an.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat mehrere Studien und Denkschriften veröffentlicht, in denen das Verhältnis von Christen und Juden einer grundsätzlichen Neubewertung unterzogen wurde. Bereits vor 20 Jahren hat auch die Landeskirche in ihre Kirchenverfassung die Versöhnung mit dem jüdischen Volk und den Kampf gegen jede Form von Judenfeindschaft als verbindliche Aufgabe aufgenommen. Gegenwärtig gebe es in der Pfalz Anstrengungen, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, sagt Meißner und verweist beispielsweise auf den zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Christentum – Judentum des Bistums Speyer erarbeiteten Kultur-Reiseführer „Jüdisches Leben in der Pfalz“.

Von Altdekan Friedhelm Borggrefe ist ein Buch über die evangelische Kirche in Ludwigshafen mit dem Titel „Im Gleichschritt marsch“ erschienen. 2016 soll ein „Handbuch zur Geschichte der Pfälzischen Landeskirche im Nationalsozialismus“ herauskommen, an dem über 60 Autoren mitarbeiten. Der Direktor der Evangelischen Akademie der Pfalz, Christoph Picker, die Leiterin des landeskirchlichen Zentralarchivs, Gabriele Stüber, Kirchenrat Frank-Matthias Hofmann vom Arbeitskreise Kirche und Judentum sowie Oberkirchenrat i.R. Klaus Bümlein bilden den Herausgeberkreis. Auch die Frühjahrssynode 2016 der pfälzischen Landeskirche werde die Thematik aufgreifen, erklärt Oberkirchenrat Sutter.

Nach den Worten Meißners braucht es angesichts noch immer bestehender Vorurteile gegenüber Juden mehr als bisher die persönliche Begegnung mit Mitgliedern der jüdischen Gemeinde. Der Theologe fordert die Kirchengemeinden dazu auf, „solche Begegnungen anzuregen und zu moderieren“. Gerade junge Menschen profitierten, wenn sie „Jüdinnen und Juden nicht nur aus Schulbüchern kennen“. Betroffenheit angesichts der geschichtlichen Schuld lasse sich indes nicht „von oben“ verordnen, sagt Meißner und fordert die Landeskirche zu „geduldiger Aufklärungsarbeit“ auf.

Im Arbeitskreis Kirche und Judentum, dem Meißner seit 2003 vorsitzt, würden Grundsatzfragen des christlich-jüdischen Dialogs erörtert sowie Konzepte und Arbeitshilfen zur Auseinandersetzung mit jüdischer Religion und jüdischem Leben früher und heute erstellt. „So soll das Thema für die Arbeit in Gemeinde und Unterricht fruchtbar gemacht werden.“ Der Arbeitskreis lade zu Studientagen, Seminaren und Vorträgen ein und trage damit zur Meinungsbildung bei. Außerdem berate er die Kirchenleitung bei Stellungnahmen, die das Verhältnis zum Judentum betreffen.

Meißner bezeichnet es u.a. als ein „bleibendes Anliegen“, die Hebräische Bibel, das Alte Testament, in Lehre und Verkündigung stärker zur Geltung zu bringen. Einen weiteren Schwerpunkt seiner Arbeit stellt das Thema „Israel“ dar, sowohl in politisch-historischer als auch in theologischer Hinsicht. Entsprechend hat der Arbeitskreis 2006 eine Thesenreihe „Israel: Staat – Land – Volk“ vorgelegt. „Schließlich will der Arbeitskreis die Erinnerung an das einst reichhaltige jüdische Leben in unserer Region bewahren helfen“, erklärt Meißner.

Hinweis: Der Israelsonntag, der in diesem Jahr am 9. August begangen wird, ist laut der Konferenz Landeskirchlicher Arbeitskreise „Christen und Juden“ (KLAK) eine „im Kirchenjahr verankerte Möglichkeit, dass christliche Gemeinden ihre Verbundenheit mit Jüdinnen und Juden zum Ausdruck bringen“. Dies geschehe im Gottesdienst durch Wort und Gesang sowie die besondere Kollekte, heißt es dazu. Der landeskirchliche Arbeitskreis Kirche und Judentum ist Mitglied der KLAK.