Spitzentreffen von DGB-Gewerkschaften und evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz  

Kirche und Gewerkschaft fordern "Aufbruch zu mehr Solidarität"

Mainz (dgb/lk). Vertreter von DGB-Gewerkschaften und den evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz waren sich bei einem Spitzengespräch darin einig, dass es einen politischen und gesellschaftlichen Aufbruch zu mehr Solidarität und soziale Gerechtigkeit geben müsse. Dazu gehöre auch die Steuergerechtigkeit, um die Aufgaben des Staates zum Erhalt der öffentlichen Infrastruktur – von der Bildung bis zum sozialen Wohnungsbau – zu finanzieren.

Das Miteinander und das Füreinander müssen gestärkt werden. Dazu gehört ein Steuermodell, bei dem die starken Schultern wieder mehr tragen als die schwachen. Damit könnten die Folgen der Schuldenbremse zumindest abgemildert werden, die vieles, was im Land dringend angegangen werden müsste, unter Finanzierungsvorbehalt stellt. Wir setzen uns für mehr Solidarität zwischen den arbeitenden Menschen, den Generationen, Einheimischen und Flüchtlingen, Schwachen und Starken ein. Und ich freue mich, dass wir mit den Kirchen in diesem Ansinnen eine gute Partnerschaft pflegen“, sagte Dietmar Muscheid, Vorsitzender des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland.

Für Kirchen und Gewerkschaften stehen nach Auffassung von Vizepräses Christoph Pistorius von der Evangelischen Kirche im Rheinland die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt, „derer, die hier bei uns Schutz suchen, aber auch derer, die schon lange hier leben und es schwer haben in unserer Gesellschaft“. Nächstenliebe und Solidarität ließen sich nicht gegeneinander ausspielen.

Kirchenpräsident Christian Schad von der Evangelischen Kirche der Pfalz erinnerte im Blick auf den Einzug der rechtspopulistischen AfD in den Landtag daran, dass sich Kirchen und Gewerkschaft zusammen mit weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen und Verbänden bereits vor der Wahl entschieden gegen Populismus und Rassismus gewandt hätten. „Wir tolerieren nicht, dass mit menschenfeindlichen, rassistischen, diskriminierenden Parolen Politik gemacht wird“, erklärte Schad. Er forderte eine inklusive Sozialpolitik, die gemeinsam mit den Flüchtlingen auch benachteiligte Einheimische im Blick habe.

Mit Blick auf die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen wandte sich der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Volker Jung, gegen eine Wohnsitzauflage für Geflüchtete. Von einheimischen Arbeitssuchenden werde Mobilität und die Bereitschaft zum Umzug gefordert, um in die Erwerbsarbeit eintreten zu können. Dies könne bei Flüchtlingen nicht ins Gegenteil verkehrt werden.Jung forderte auch eine einfachere Anerkennung von beruflichen Fähigkeiten. Oft hätten die Hilfesuchenden besondere Begabungen, aber nicht die damit in Deutschland verbundenen Abschlüsse. Hier könnten auch die Gewerkschaften unterstützend wirken, um besondere Kompetenzen der Einzelnen herauszuarbeiten.

„Arbeit und Ausbildung haben nicht nur einen wirtschaftlichen Wert, sondern sind auch Wertschätzung. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit Kompetenzen erfasst und Sprache erlernt werden kann. Hierbei bleibt insbesondere der Bund in finanzieller Verantwortung. So kann der Weg in Arbeit für möglichst viele geebnet werden und Integration gelingen“, so Muscheid.

Auf der Tagesordnung der Begegnung stand auch das Thema Sonntagsschutz. Kirchen und DGB-Gewerkschaften setzen sich in gemeinsamen Bündnissen, wie etwa der Allianz für den freien Sonntag, bereits gegen eine Ausweitung der Sonntagsarbeit ein. Die Stellvertretende Kirchenpräsidentin der EKHN, Ulrike Scherf, erklärte, dass der arbeitsfreie Tag nicht nur zur jüdisch-christlichen Tradition gehöre, sondern eine politische Aufgabe im Interesse der Beschäftigten sei, deren Arbeitszeiten nicht unbegrenzt flexibilisiert werden sollten.

Der arbeitsfreie Sonntag diene dazu, „einen lebensverträglichen Rhythmus der gesamten Gesellschaft zu gewährleisten und gemeinsame freie Zeiten zu ermöglichen", sage Scherf. „Wenn die Sonntagsruhe immer mehr aufgeweicht wird, begeben wir uns damit auf den Weg in die 7-Tage-24-Stunden-Gesellschaft. Das ist für die Beschäftigten unzumutbar“, sagte Dietmar Muscheid.