Landeskirche und Diakonie legen Konzept zur Flüchtlingshilfe vor – Ehrenamtliche intensiv begleiten 

Hilfe für Schutzsuchende ist Kernthema der Kirche

Landesaufnahmestelle für neu ankommende Asylbewerber in Kusel. Foto: Hoffmann

Speyer (lk). Um die Herausforderungen der Flüchtlingshilfe als gegenwärtig größte Aufgabe in der Gesellschaft zu bewältigen, wollen die Evangelische Kirche der Pfalz und ihre Diakonie die Ehrenamtlichen in den Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen intensiv begleiten und schulen. Dafür werde der für die Flüchtlingsarbeit eingeplante Etat bis 2020 auf jährlich rund eine Million Euro aufgestockt, erklärten Kirchenpräsident Christian Schad und der Diakoniedezernent der Landeskirche, Oberkirchenrat Manfred Sutter, am Dienstag in Speyer.

Zudem sollen im Bereich der Flüchtlingsarbeit zehn Stellen neu geschaffen werden. Unter anderem werde das Diakonische Werk Pfalz eine eigene Koordinierungsstelle einrichten. Der Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, der interreligiöse Dialog und eine Willkommenskultur den Menschen gegenüber, die hier Schutz suchten, seien Kernthemen der Kirche, betonte Kirchenpräsident Schad. Er besucht am Mittwoch, 14. Oktober, die Landesaufnahmestellen für neuankommende Asylbewerber in Speyer und Kusel.

Täglich werde klarer, dass der Flüchtlingsstrom keine Episode bleibe, sagte der Kirchenpräsident. „Er wird nicht abebben, solange in den Heimatländern Krieg, Zerstörung und Hunger herrschen und die Weltgemeinschaft es nicht fertig bringt, Maßnahmen für Frieden und Abrüstung zu erreichen.“ Die Anforderungen, aber auch die Chancen für die Gesellschaft seien groß. Immer stärker trete die Frage in den Vordergrund, wie die nachhaltige Integration von Menschen unterschiedlichster Nationen, Ethnien, Religionen und Kulturen gelingen könne. An die Politik appellierte Kirchenpräsident Schad, die Flüchtlingsthematik nicht für den Wahlkampf zu instrumentalisieren, sondern die Herausforderungen der aktuellen Flucht- und Migrationsprozesse sachlich zu diskutieren.

Ohne das große Potenzial freiwillig Engagierter könnten die vielen Menschen auf der Flucht kaum betreut werden. Ehrenamtliche Mitarbeiter kämen indes auch an ihre Belastungsgrenzen. Sie bräuchten eine intensive Begleitung, Schulung und Supervision, erklärten Schad und Sutter. Engagement in der Flüchtlingshilfe – von der Begleitung bei Behördengängen bis hin zum Sprachunterricht – sei äußerst anspruchsvoll. Das Konzept von Landeskirche und Diakonie sehe daher Fortbildungen vor, unter anderem zu den Themenbereichen interkulturelle Kompetenz, Asyl- und Aufenthaltsrecht sowie Chancen und Grenzen des Ehrenamts. Die Planung und Koordination dafür liege beim Integrationsbeauftragten der Landeskirche und der Diakonie, Reinhard Schott.

Die Kirchenbezirke sollen ermutigt werden, ein Netzwerk von Ehrenamtlichen zu bilden. Kirchengemeinden, die in ihrer Flüchtlingsarbeit vor besondere Herausforderungen gestellt sind, soll ab 2016 ein Härtefonds in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung stehen. Mit dem flächendeckenden Ausbau der Beratungs- und Hilfsangebote werde ein ganzes Maßnahmenbündel bereitgehalten, um der Willkommenskultur auch eine Willkommensstruktur zu geben, sagte Oberkirchenrat Sutter. Geplant seien auch regelmäßige regionale Treffen und ein Ehrenamtstag im September 2016 als Zeichen der Anerkennung.

Ausgehend von voraussichtlich einer Million Flüchtlingen in diesem Jahr in Deutschland bedeute das für den rheinland-pfälzischen Bereich der Evangelischen Kirche der Pfalz, dass rund 16.700 Menschen aufgenommen, versorgt und betreut werden müssten. „Deshalb ermutigen und bitten wir alle Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen, gründlich zu prüfen, ob und welche Immobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen zeitnah zur Verfügung gestellt werden können“, so Schad und Sutter. Im Internat des Evangelischen Trifels-Gymnasiums Annweiler sollen 2016 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unter der Obhut der Diakonie untergebracht werden. Fachberatungsbedarf für interkulturelle Kompetenz gebe es auch in den evangelischen Kindertagesstätten (Kita) bei der Aufnahme von Kindern aus Flüchtlingsfamilien, erklärte Sutter. „Flüchtlingsfamilien bringen neue Themen und Herausforderungen in unsere Kitas.“

Hintergrund: Folgende Angebote und Stellen für Flucht und Migration gibt es bei Diakonischem Werk und pfälzischer Landeskirche:

  • Migrationsberatung für Erwachsene (MBE) an den Standorten Bad Bergzabern, Germersheim, Ludwighafen und Speyer
  • Migrationsfachdienst (MFD) an den Standorten Ludwigshafen, Speyer und Pirmasens
  • Flüchtlingsberatungsstelle an den Standorten Ludwigshafen/Frankenthal, Pirmasens/Zweibrücken, Südliche Weinstraße, Speyer und Südwestpfalz
  • Psychosoziales Zentrum Pfalz in Ludwigshafen für traumatisierte Flüchtlinge
  • Projekt InProcedere 2.0 in Ludwigshafen
  • Landesweiter Referent für Flucht und Migration bei der Arbeitsgemeinschaft Diakonie in Rheinland-Pfalz
  • Dienststelle des Integrationsbeauftragten der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer
  • Beauftragte für Gemeinden anderer Sprachen und Herkunft in Speyer
  • Projektstelle Brückenbau in Speyer

Mehr zum Thema: Der gemeinsame Integrationsbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz und des Diakonischen Werks Pfalz, Reinhard Schott, koordiniert das haupt- und ehrenamtliche Engagement. Telefon: 06232/664-101, E-Mail: reinhard.schott@diakonie-pfalz.de. Die Diakonie hat einen eigenen Flüchtlingshilfefonds aufgelegt. Dazu wird in den Gottesdiensten am 31. Dezember (Silvester) zu Sonderkollekten aufgerufen. Spenden für den Flüchtlingsfonds können auf das Konto bei der Evangelischen Bank eG, IBAN: DE50 5206 0410 0000 0025 00, BIC: GENODEF1EK1, unter dem Stichwort „Flüchtlingshilfefonds“ eingezahlt werden.