Gegen das Vergessen protestieren
Kaiserslautern/Speyer (lk). Der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad fordert die Christen dazu auf, am Buß- und Bettag ihre Stimme gegen weltweite Kriege, Verfolgungen und die Auswirkungen des Klimawandels zu erheben. „Wir müssen umkehren und die Fluchtursachen bekämpfen“, erklärt Schad. „Unser Gebet ist ein Protest gegen das Vergessen.“ Der Buß- und Bettag ist in der evangelischen Kirche ein Tag der Besinnung und Neuorientierung. In der Kaiserslauterer Stiftskirche findet am 18. November um 17 Uhr ein ökumenischer Solidaritätsgottesdienst zum Thema „Wer ist denn mein Nächster?“ statt.
„Umkehr heißt konkret, die Fluchtursachen zu bekämpfen “, erklärt Kirchenpräsident Christian Schad anlässlich des Buß- und Bettages. „Durch unfaire globale Handelsbedingungen, die Nichtbeachtung von Menschenrechts- und Umweltstandards, Waffenlieferungen in Spannungsgebiete sowie einen rücksichtslosen Ressourcen- und Energieverbrauch trägt unser Lebensstil zu den Ursachen von Flucht bei.“ Wer sich zu Gott als den Schöpfer der Welt bekenne, müsse sich für die natürlichen Lebensgrundlagen engagieren, „damit die, mit denen wir diese Welt teilen und auch zukünftige Generationen die Möglichkeit zu einem guten Leben haben“.
Für die Vizepräsidentin des rheinland-pfälzischen Landtages, Barbara Schleicher-Rothmund (Rheinzabern), ist der Buß- und Bettag „ein Tag, der Raum für Besinnung, Hinterfragen, aber auch für Dankbarkeit“ gibt. Das Anliegen des Feiertages, zu Umkehr und Gebet aufzurufen, müsse immer und unabhängig von politischen oder gesellschaftlichen Ereignissen gelten, meint Schleicher-Rothmund. Die Rolle der Kirche sei es, zu handeln, zu raten und zu mahnen und die Richtung vorzugeben, erklärt die SPD-Politikerin, die der letzten Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz als berufenes Mitglied angehörte.
Den Vorsteher der Diakonissen Speyer-Mannheim, Günter Geisthardt, erinnert der Buß- und Bettag „an die Notwendigkeit, persönliche Fragen und aktuelle Probleme im Zusammenhang des Glaubens zu bedenken und zu fragen, wo wir unter Umständen persönlich oder gesellschaftlich auf einem falschen Weg sind – auch im Gebet“. Die konkreten Anlässe und Herausforderungen wandelten sich, doch das ursprüngliche Anliegen des Buß- und Bettages bleibe aktuell, erklärt der Theologe, „gerade wenn Herausforderungen wie der globale Klimawandel oder die Flüchtlingsströme zum Beten, Umdenken und Handeln nötigen“. Dabei habe die Kirche der Politik keine konkreten Problemlösungen vorzuschreiben. „Aber sie hat die Chance, unter Rückgriff auf die biblischen Überlieferungen andere Perspektiven und Erfahrungen in öffentliche Debatten einzubringen als andere Akteure. Dies gilt aktuell ganz besonders für den Umgang mit Flüchtlingen, der schon im Alten Testament ein wichtiges Thema ist.“
Am Buß- und Bettag, dem 18. November, feiern die evangelische und die katholische Kirche zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund in Kaiserslautern zum zehnten Mal einen ökumenischen Solidaritätsgottesdienst. Im Mittelpunkt der Feier, die um 17 Uhr in der Stiftskirche beginnt, steht die Frage „Wer ist denn mein Nächster?“. Kanzelredner ist Jörg Köhlinger, Leiter des IG-Metall-Bezirks Mitte. Der Gottesdienst wird mitgestaltet von Pfarrer Sascha Müller, Pastoralreferent Thomas Eschbach, Dekanin Dorothee Wüst und DGB-Regionalvorsitzendem Michael Detjen. Claudia Botzner sorgt an Orgel, Saxofon und Klarinette für den musikalischen Rahmen.
Der Buß- und Bettag wurde 1532 erstmals in Straßburg eingeführt und in der Bundesrepublik 1995 zur Finanzierung der Pflegeversicherung in allen Bundesländern außer in Sachsen als gesetzlicher Feiertag abgeschafft. In diesem Jahr wird der Buß- und Bettag am 18. November begangen. Damit endet auch die Friedensdekade 2015. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto „Grenzerfahrungen“.