Für die Kirche des Wortes ist Widerspruch Christenpflicht
Speyer/Bad Dürkheim (lk). Angesichts erstarkender nationalistischer Strömungen in der Gesellschaft ruft der pfälzische Kirchenpräsident Christian Schad die Christen zum Widerspruch gegen Intoleranz und Populismus auf. 500 Jahre nach der Reformation feierten die Protestanten im kommenden Jahr ein Jubiläum, in dem die öffentlichen und politischen Konsequenzen der von Luther neu entdeckten „Freiheit eines Christenmenschen“ hörbar würden, sagte Schad beim traditionellen „Pressetee“ der Evangelischen Kirche der Pfalz am Dienstag in Bad Dürkheim. Für die Kirche des Wortes sei hier „Widerspruch Christenpflicht“.
Rechtspopulisten antworteten mit einfachen Lösungen auf komplexe Fragen, sie spielten mit der Angst der Menschen oder wollten daraus Kapital schlagen. Schad mahnte, diesem Mechanismus mit den humanen und zivilen Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens zu begegnen. Der Kirchenpräsident erinnerte daran, dass die Reformation eine „entängstigende und weltoffene Bewegung“ gewesen sei, die den Menschen aus dem Zwang zur Selbstermächtigung befreit und ihn frei zum Dienst an seinem Nächsten gemacht habe: „frei aus Glauben und frei zur Liebe, die tut was dem Nächsten dient“.
Schad appellierte an eine „freie, streitbare Demokratie, die ihre Grundlagen verteidigt“. Dazu gehöre Gastfreundlichkeit, die Integration von Flüchtlingen und soziale Gerechtigkeit. „So werden die Ängste und Sorgen der Menschen tatsächlich ernst genommen.“ Wer hingegen ankündige, Muslime verdrängen und Minarette verbieten zu wollen, handele unchristlich und widerspreche der Religionsfreiheit des Grundgesetzes. „Wir werden Haltungen, die Fremdenfeindlichkeit und Rassismus schüren, entschieden zurückweisen und hart bekämpfen.“
Zugleich sprach sich der Kirchenpräsident für „argumentative Auseinandersetzungen“ aus: „Wir müssen auch mit denen ins Gespräch kommen, die unsere Ansichten verachten oder ignorieren.“ Die reformatorische Unterscheidung von Person und Werk, zwischen dem Menschen und seinen Aussagen und Haltungen, sei ein „Halteseil der Humanität“ in der Gesellschaft. „Mit seiner Hilfe können wir zu einer Debattenkultur zurückfinden, die Abstand nimmt von persönlichen Verletzungen und gerade in der sachlichen Kontroverse zu einem zivilisierten Umgang miteinander beiträgt.“ Das ur-evangelische Modell von „Einheit und Gemeinschaft in versöhnter Verschiedenheit“ eigne sich dazu, mit Vielfalt konstruktiv, verbindend und verbindlich umzugehen, sagte Schad in seiner Ansprache beim „Pressetee“. Dieser bietet Kirchenleitung und Journalisten Gelegenheit, gegen Ende des Jahres intensiv miteinander ins Gespräch zu kommen.