Erklärung zum Buß- und Bettag 2015 von Kirchenpräsident Christian Schad 

Erklärung zum Buß- und Bettag des Kirchenpräsidenten

Kirchenpräsident Christian Schad

60 Millionen Menschen sind gegenwärtig auf der Flucht. Terror, Hass und Gewalt, die in der vergangenen Woche auch in Paris auf so entsetzliche Weise gewütet haben, zwingen sie, ihre Heimat zu verlassen. Sie suchen Schutz und Beistand auch bei uns. Indem wir für sie beten, bitten wir Gott um Hilfe. Gleichzeitig ist unser Gebet ein Protest gegen das Vergessen. Es stellt uns auch die Fluchtursachen vor Augen.

Ursachen der Flucht sind Kriege, Verfolgung und der Zusammenbruch staatlicher Ordnungen sowie Auswirkungen des Klimawandels. Durch unfaire globale Handelsbedingungen, die Nichtbeachtung von Menschenrechts- und Umweltstandards, Waffenlieferungen in Spannungsgebiete sowie einen rücksichtslosen Ressourcen- und Energieverbrauch tragen auch wir, trägt auch unser Lebensstil, zu den Ursachen von Flucht bei.

Buße, Umkehr heißt in dieser Situation konkret: die Fluchtursachen zu bekämpfen. Wir müssen umsteuern! Deutschland ist einer der größten Waffenexporteure der Welt. Adressaten sind auch Länder, die die Menschenrechte verletzen. Dabei führt der Hinweis auf die wirtschaftliche Bedeutung von Waffenproduktion in unserem Land in die Irre. Die Arbeitskraft der in der Rüstungsindustrie beschäftigten Menschen wird vielmehr in Wirtschaftsfeldern benötigt, die dem Leben dienen. Wir brauchen gewaltfreie Lösungen der internationalen Konflikte. Wir müssen Hilfe leisten beim Aufbau stabiler demokratischer Strukturen. Je erkennbarer wir Christen als globale Friedenskraft werden, desto deutlicher wird der Ruf, dass Krieg und Terror nicht siegen dürfen.

Eine weitere Fluchtursache ist der anhaltende Klimawandel. Wir Menschen in den wohlhabenden Ländern des Nordens zerstören Lebensraum, den Gott der Menschheit als Ganzer geschenkt hat. Die Folgen tragen zu allererst die Länder des Südens. Aber es gibt keinen Grund dafür, dass Menschen in anderen Teilen der Welt weniger Recht auf Nutzung der Ressourcen dieser Erde haben sollten als wir selbst. Wie extrem unterschiedlich die Anteile gegenwärtig sind, zeigt die jährliche Pro-Kopf-Emission von CO₂. In Deutschland sind es zehn Tonnen, in Ruanda 0,05. Um diese Situation zu verändern, braucht es eine große Transformation bei Produktionsprozessen und Regulierungssystemen sowie eine Umkehr im Blick auf unseren ganz persönlichen Lebensstil: Welche Produkte konsumieren wir? Wie können wir leben, ohne die Umwelt zu zerstören? Wie nehmen wir unsere ökologische Verantwortung wahr?

Wir bekennen Gott als den Schöpfer der Welt. Daraus folgt das Engagement für die natürlichen Lebensgrundlagen, damit die, mit denen wir diese Welt teilen, aber auch zukünftige Generationen, die Möglichkeit zu einem guten Leben haben.

Speyer, 16. November 2015