Zentraler Gottesdienst in Wittenberg gefeiert – Predigt von ACK-Vorsitzendem Bischof Wiesemann 

Einheit der Christen: Mut zur Versöhnung machen

Bischof Karl-Heinz Wiesemann hielt die Predigt in der Stadtkirche in Wittenberg. Foto: ack

Wittenberg (ack). Das Geschenk der Ökumene verpflichtet dazu, sich als Christen gemeinsam für Versöhnung und ein friedliches Miteinander einzusetzen, sagte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), beim zentralen Gottesdienst anlässlich der weltweiten Gebetswoche für die Einheit der Christen in der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg. An dem Gottesdienst wirkten u.a. der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sowie die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, und der Magdeburger Bischof Gerhard Feige mit. Im Anschluss an den Gottesdienst verlieh die ACK den Ökumenepreis 2017 an die ACK in Bremen für ihr Projekt „Ökumenische Staffel der Gastfreundschaft“.

Europa stehe vor einer großen Herausforderung, sagte Bischof Wiesemann in seiner Predigt. Angesichts erstarkender Nationalismen und zunehmender Abgrenzung hätten Christen die besondere Verantwortung, die Botschaft von Frieden und Versöhnung gemeinsam zu bezeugen. Dazu verpflichte die eigene Geschichte: „Wir haben, und es treibt uns heute die Schamröte ins Gesicht, auch eine blutige Geschichte hinter uns, die selbst vor dem Mittel des Krieges nicht gescheut hat und die Waffen gegen Brüder und Schwestern des gemeinsamen christlichen Glaubens richtete.“ Vor dem Hintergrund der aktuellen globalen Entwicklungen werde erst richtig bewusst, was für ein Schatz die ökumenische Bewegung und die darin in den letzten Jahrzehnten erzielten Erfolge bedeuteten: „Wir können uns gemeinsam unter die versöhnende Kraft des Evangeliums stellen.“ Die ACK erinnere dabei nicht nur an das Leid, das sich die beiden großen Kirchen einander angetan haben, sondern gerade auch an das, was manche der kleineren Kirchen und Gemeinschaften an Ausgrenzung oder gar Verfolgung erlitten hätten.

„Wem, wenn nicht uns, ist es gegeben, ganz an die Kraft der Versöhnung, die selbst abgründigste Verletzung heilen kann, gegen alle Widerstände, Ängste und Machtspiele, zu glauben und sich durch keinen Hass und keinen Demagogen dieser Welt beirren zu lassen?“, sagte Bischof Wiesemann. Es sei ein wichtiges Zeichen, dass zum ersten Mal in der Geschichte gemeinsam das Gedenken an die Reformation begangen werde. Es gelte nun, 500 Jahre nach der großen abendländischen Kirchenspaltung, die Chancen zu nutzen, als Christen in einer schwierigen Situation der Menschheit Mut zur Versöhnung zu machen.

Im Blick auf die Zukunft der Ökumene mahnte Wiesemann, sich nicht mit einem friedlichen Nebeneinander der Konfessionen zufrieden zu geben. „Ein Verharren in einer Art versöhnter Verschiedenheit ohne das Drängen der Liebe zu sichtbarer Einheit entspricht nicht dem Evangelium – und auch nicht unserer gemeinsamen Selbstverpflichtung in der Charta Oecumenica“, sagte Bischof Wiesemann. „Die Heilige Schrift gibt uns die Vision der sichtbaren Einheit vor, von der wir immer tiefer in Verstand und Gemüt ergriffen werden und uns im Handeln leiten lassen sollen.“

Hinweis: Die seit mehr als 100 Jahren bestehende Gebetswoche wird weltweit vom 18. bis 25. Januar begangen. Jeweils ein Land erarbeitet die Texte, die dann von allen Kirchen genutzt werden, um für Einheit und Versöhnung der Christen zu beten. Bei der zentralen Feier in der Wittenberger Stadtkirche wurde in Erinnerung an die Versöhnung nach dem Fall der Mauer in Deutschland auch eine symbolische Mauer errichtet und wieder abgetragen.