Karl Barth 

Die Wirklichkeit in einem neuen Licht wahrnehmen

Kirchenpräsident Christian Schad (rechts) und der Leiter des Karl Barth–Archivs, Peter Zocher, im ehemaligen Arbeitszimmer Karl Barths. Das Archiv befindet sich im letzten Wohnhaus Barths in Basel. Fotos: lk

Schad und Zocher mit der Urfassung der Barmer Theologischen Erklärung aus der Feder Karl Barths.

Denkwerkstatt: Das Arbeitszimmer des Schweizer evangelischen Theologen.

Basel/Speyer (lk). Auf Einladung des Leiters des Karl Barth-Archivs in Basel, der zugleich Herausgeber der Karl-Barth-Gesamtausgabe ist, Peter Zocher, hat Kirchenpräsident Christian Schad das letzte Wohnhaus Karl Barths besucht. Die Erinnerung an den protestantischen Theologen ermutige heute dazu, dem Nachdenken über Gott, wie er in den biblischen Schriften bezeugt ist, Zeit und Raum zu gewähren und dabei „uns und die ganze Wirklichkeit in einem neuen Licht zu sehen“, sagte Schad, der auch Vorsitzender der Union Evangelischer Kirchen in der Evangelischen Kirche in Deutschland ist. 2019 erinnern die evangelischen Kirchen in Deutschland und der Schweiz sowie die theologische Wissenschaft an den 1886 in Basel geborenen und 1968 verstorbenen Karl Barth.

Das Karl Barth-Archiv beherbergt Barths literarischen Nachlass und seine komplett erhaltene Bibliothek. 1919 hatte Barth mit seiner Auslegung des Römerbriefes des Apostels Paulus sein erstes theologisches Werk veröffentlicht. Barths Hauptwerk ist die zwölfbändige „Kirchliche Dogmatik“, die zwischen 1932 und 1967 erschienen ist und mehr als 9.000 Seiten umfasst. Karl Barth gehörte darüber hinaus zu den führenden Vertretern der „Bekennenden Kirche“. Als Professor lehrte er in Göttingen, Münster, Bonn und Basel.

In seinem Porträt Karl Barths, einer der bedeutendsten Theologen des 20. Jahrhunderts, zeichnete Kirchenpräsident Schad dessen Werdegang nach. Bereits mit Beginn des Ersten Weltkrieges seien Barths bisherige Auffassungen und Gewissheiten in eine tiefe Krise geraten. „Dass sich viele seiner liberalen theologischen Lehrer mit der Kriegspolitik Kaiser Wilhelms II. identifizierten, schockierte ihn“, so Schad. 1930 schrieb Barth den ersten Band seines Hauptwerks „Die Kirchliche Dogmatik“ und bemerkte rückblickend: „Ich begann, mehr und mehr über die Menschlichkeit Gottes nachzudenken.“ 1933 erlebte Barth in Bonn die Machtergreifung der Nationalsozialisten. 1934, auf der ersten Bekenntnissynode in Barmen, kam es zur Verabschiedung einer weitgehend aus seiner Feder stammenden „Theologischen Erklärung“, die als bedeutendste Äußerung der sich formierenden „Bekennenden Kirche“ in die Geschichte einging. Die christliche Lehre sei für Barth eine Theologie der Gnade Gottes, welche sich „vollgültig in Jesus Christus – uns zugut – offenbart“, sagte Schad.

Noch im selben Jahr sei Barth, weil er den uneingeschränkten Eid auf Adolf Hitler verweigert habe, vom Dienst suspendiert und im Juni 1935 in den Ruhestand versetzt worden. Seine Druckerzeugnisse seien bald darauf in Deutschland verboten worden. Von Basel aus, wo er „umgehend“ zum außerordentlichen Professor an der Universität seiner Vaterstadt ernannt worden sei, habe er seinen Kampf gegen den Faschismus und den Nationalsozialismus fortgesetzt, schilderte Schad. „Das zeigt, dass und wie für Karl Barth der Zuspruch der Befreiung durch Jesus Christus ‚schnurgerade‘ zu einer bestimmten politischen Aufgabe – und damit zu einem ethischen Imperativ führt.“

Das Karl Barth-Archiv wurde 1971 eröffnet und befindet sich im letzten Wohnhaus Barths, das er von 1955 bis zu seinem Tod 1968 gemeinsam mit seiner Frau Nelly Barth und seiner langjährigen Sekretärin und Vertrauten Charlotte von Kirschbaum bewohnte. Im Archiv sind die beiden Arbeitszimmer Barths und Charlotte von Kirschbaums weitgehend originalgetreu erhalten.

Hinweis: Eine von Kirchenpräsident Christian Schad verfasste Würdigung Karl Barths veröffentlicht die Evangelische Kirche der Pfalz in ihrem im März erscheinenden Mitarbeitermagazin „Informationen“.