Inflation trifft auch helfende Initiativen 

"Die Not wird immer größer"

Lebensmittel sind nur ein Kostentreiber. Foto: Pixabay/Peter Stanic

Arm, alt, allein: Das trifft auf viele Menschen zu. Vereine und Initiativen, die helfen wollen, haben Zulauf. Aber auch die Helfenden tun sich zunehmend schwer.

Speyer, Ludwigshafen, Kaiserslautern, Bad Bergzabern (lk). "Jeder Einkauf wird teurer, das schürt Ängste", berichtet Werner Stumpf vom Verein "Arm – alt – allein" in Kaiserslautern. Die Menschen wissen nicht mehr, wie sie ihren Lebensunterhalt bezahlen sollen: Das nehmen die Vereinsmitglieder ihm zufolge deutlich wahr. "Die Not wird immer größer", stellt Vereinsvorsitzender Stumpf fest.

Getragen wird der Verein unter anderem von der Protestantischen Apostelkirchengemeinde Kaiserslautern. Er unterstützt ältere Menschen, die von Grundsicherung leben, mit Sachleistungen. Das können zum einen Fernseher oder Waschmaschinen sein, die kaputt gegangen sind. Neue Geräte überlässt der Verein den Betroffenen meist als Dauerleihgabe. Zum anderen zahlt "Arm – alt – allein" am Monatsende Bedürftigen einen Einkauf.

Neue Gäste, mehr Anfragen

In den letzten Monaten verzeichnet der Verein steigende Anfragen. "Immer mehr Menschen wissen sich nicht mehr anders zu helfen, überwinden ihre Scham und Scheu", ist Werner Stumpfs Erfahrung.

Das bestätigen auch die Verantwortlichen des Projektes Mahlzeit in Speyer. Rund 30 Gäste zählte die Initiative der Gedächtniskirchengemeinde bislang, zuletzt kamen an manchen Tagen bis zu 40 Frauen und Männer. Für einen Euro bekommen sie an vier Tagen pro Woche ein Essen samt Vor- und Nachspeise. Gegen Monatsende kommen noch mehr Gäste hinzu.

Die Armut der Menschen sei spürbar, berichtet Sozialberaterin Julia Hoffmann. Verstärkt gebe die Mahlzeit daher Lebensmittelgutscheine aus, die Discounter spenden, sagt Markus Jäckle, Dekan und Pfarrer an der Gedächtniskirche. Als Weihnachtsgeschenk bekommen die Gäste unter anderem einen Gutschein: statt 25 Euro diesmal im Wert von 30 Euro.

Seit Sommer zieht es auch mehr Gäste in die Suppenküche an der Ludwigshafener Apostelkirche. Bis zu 80 Menschen erhalten hier kostenfrei von Montag bis Freitag ein warmes Essen mit Nachtisch. "Seit Oktober merken wir es richtig", sagt Hansjoachim Schnepf vom Suppenküchen-Team.

Der Herbst bescherte auch dem Mahlzeit-Angebot in Bad Bergzabern mehr Zulauf. Es wird von der Protestantischen Kirchengemeinde der Stadt und dem Haus der Familie getragen. 20 Essen werden jeden Montag und Mittwoch hier serviert.

Dank Spenden etwas Warmes im Bauch

Die Initiativen leben stark von ehrenamtlichem Einsatz, aber die steigenden Kosten schlagen bei Lebensmitteln und Energie durch. So hat die Mahlzeit in Bad Bergzabern die Preise um 50 Cent pro Essen erhöht. Bedürftige zahlen nun 1,50 Euro. Wer mehr Geld zur Verfügung hat, muss jetzt 4,50 Euro ausgeben. "Die Menschen kommen trotzdem weiterhin", sagt Helga Schreieck, Koordinatorin im Haus der Familie, und ergänzt: "Wir würden nie jemanden wegschicken, der hungrig ist, aber nicht zahlen kann." Trotz Preiserhöhung werden die Kosten nicht gedeckt, so dass der Rest über Spenden finanziert wird.

Ohne Spenden könnte es auch keine warmen Mahlzeiten in den anderen Orten geben. Und auch hier fordert die Inflation Mehrausgaben – direkt und indirekt: Die Ludwigshafener Suppenküche musste für einen vierstelligen Betrag zwei zusätzliche Thermobehälter anschaffen, weil mehr Essen benötigt wird. In Speyer kostet die Essenslieferung mehr, weil der Fahrdienst die höheren Spritpreise weitergeben muss. Noch könnten die Beteiligten die Kostensteigerungen abfedern, sagt Dekan Jäckle. Er geht davon aus, dass alle das Angebot stabil halten wollen. Es einzuschränken steht für ihn wie für die anderen Initiativen nicht zur Diskussion. Auch wenn die Bedingungen schwieriger werden, steht für alle fest: Es muss weitergehen, gerade jetzt.

So arbeitet auch "Arm – alt – allein" weiter wie bisher – wenn auch fürs gleiche Geld weniger im Einkaufswagen ist. Pro Einkauf stehen für eine Seniorin oder einen Senior stehen 70 Euro bereit. Ob der Verein die Summe künftig erhöht, ist laut Werner Stumpf noch unklar. Der Verein will zunächst sehen, wie sich die Preise weiterentwickeln und welche Maßnahmen die Politik schafft, um die Menschen zu entlasten. Immerhin: Die Spendenbereitschaft ist ungebrochen hoch. Um den Jahreswechsel läuft stets die Spendenaktion des Vereins, in der bis zu 330.000 Euro zusammenkommen. Schon jetzt liegt der Betrag bei rund 250.000 Euro. Das sieht Werner Stumpf als gutes Zeichen.