Kirchenpräsident besucht Wohngruppe unbegleiteter Jugendlicher in Annweiler 

Den Einzelnen nicht aus den Augen verlieren

Annweiler (lk). Als einen „abstrakten Streit“ hat Kirchenpräsident Christian Schad die Debatte um das Kanzlerinnen-Wort „Wir schaffen das“ bezeichnet. Dort, wo der Kontakt zu Flüchtlingen konkret werde, sei auf beiden Seiten der Wille zur Integration stark, sagte Schad bei der offiziellen Eröffnung des Projektes „Alisa“ in Annweiler. In Kooperation mit dem Landkreis Südliche Weinstraße und dem Evangelischen Trifels-Gymnasium Annweiler (TGA) nimmt sich das Diakoniezentrum Pirmasens unbegleiteter Jugendlicher aus Kriegs- und Krisengebieten an.

Elf Jungen aus Syrien und Afghanistan leben seit April 2016 auf dem Campusgelände des TGA, dessen Schulgemeinschaft sich durch die neuen Nachbarn bereichert fühle, wie Schulleiter Steffen Jung erklärte. Die Zahl der Jugendlichen in den ehemaligen Internatshäusern werde auf 20 anwachsen, so Dietmar Bäuerle, Geschäftsbereichsleiter Jugendhilfe bei der Diakonie Pirmasens. Seinen Dank richtete er vor allem an das engagierte Mitarbeiter-Team, das den Jugendlichen neben der notwendigen Hilfe auch „klare Orientierung“ gebe und Pflichten auferlege, damit die soziale und berufliche Integration gelinge.

Dietmar Bäuerle sieht bereits erste Erfolge. Dazu trügen eine gezielte pädagogische, psychologische und medizinische Betreuung der Gruppe und des Einzelnen bei. Die Mitarbeiter aus der Diakonie und dem TGA bieten nach Angaben Bäuerles den Bewohnern einen strukturierten Tagesablauf und übten mit ihnen Regeln und Gepflogenheiten ein, die das Leben in der Region erleichterten. Vor allem die deutsche Sprache lernten die jungen Männer in intensiven Unterrichtseinheiten. „Hier steckt viel Herzblut drin“, sagte Bäuerle und betonte, dass die Träger des Projektes auch mit den Betrieben in der Region in Verbindung stünden, „damit sich auf lange Sicht auch berufliche Perspektiven für Flüchtlinge entwickeln können“.

Kirchenpräsident Schad unterstrich, dass es zum Urauftrag der Kirche gehöre, neben der „ersten Hilfe“ auch nachhaltige Unterstützung zu leisten. Dies geschehe in Annweiler in vorbildlicher Weise durch das Zusammenwirken von Diakonie, Bildungseinrichtung und Kommune. Dies sei eine „Vertrauenskooperation“ zum Wohle der anvertrauten jungen Menschen. Kreisbeigeordneter Marcus Ehrgott lobte die hohe Flexibiliät von Kirche und Diakonie, die innerhalb kürzester Zeit das Angebot auf dem ehemaligen TGA-Internatsgelände in die Tat habe umsetzen können. Der Landkreis sei vor zwölf Monaten vor die Aufgabe gestellt worden, die psychisch belasteten und oft auch traumatisierten Jugendlichen aufzunehmen.

Norbert Becker, theologischer Vorstand der Diakonie Pirmasens, erinnerte daran, dass nach dem jüngsten Bericht des UN Kinderhilfswerks UNICEF eines von 200 Kindern weltweit ein Flüchtlingskind sei. Die „Flüchtlingskrise“ sei eine „Krise der Kinder“, so Becker. Bewusst habe man dem Wohn- und Betreuungsprojekt „Alisa“ den Namen eines Flüchtlingskindes gegeben, um die Gesellschaft darauf hinzuweisen, dass „wir über der großen Zahl von weltweit 28 Millionen Flüchtlingskindern das Einzelne nicht aus den Augen verlieren dürfen“. Hinter jedem Namen verberge sich ein Schicksal, „und jedes dieser Schicksale verdient es, dass Projekte wie ‚Alisa‘ für sie zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen“.