Den Anderen kennenlernen
Kaiserslautern / Speyer (lk). Vor den Gefahren einer zunehmenden Judenfeindschaft in der Bundesrepublik haben Vertreter des protestantischen Arbeitskreises „Kirche und Judentum“ und der jüdischen Kultusgemeinde in Kaiserslautern gewarnt. Bei einem Treffen im jüdischen Gemeindezentrum betonte Oberkirchenrat Manfred Sutter, Antisemitismus sei weder in der Kirche noch in der Zivilgesellschaft zu dulden. Er erinnerte an die Erweiterung der Kirchenverfassung aus dem Jahr 1995, nach der die Landeskirche „zur Umkehr gerufen, die Versöhnung mit dem jüdischen Volk sucht und jeder Form von Judenfeindschaft entgegentritt.“
Arbeitskreisvorsitzender Stefan Meißner erklärte, dass viele Ressentiments darauf beruhten, „dass man den anderen nicht kennt. Dem wollen wir mit unserer Arbeit entgegen wirken“. Vorstandsmitglied Larissa Jantzewitsch und der Geschäftsführer der jüdischen Kultusgemeinde, Daniel Nemirovsky berichteten von Sachbeschädigungen zum Beispiel am Gemeindezentrum in Kaiserslautern. Auch sei es derzeit nicht ratsam, mit der Kippa, der klassischen jüdischen Kopfbedeckung, auf die Straße zu gehen.
Zu den Herausforderungen der kommenden Jahre gehört nach Angaben der Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde intern die Integration von Zuwanderern aus Osteuropa. Dabei sei eine Verschiebung des theologischen Spektrums in Richtung (Neu-)Orthodoxie festzustellen, die sich u.a. in der Frauenfrage manifestiere. Dies bedeute unter anderem: Frauen nehmen im Gottesdienst keine aktive Rolle ein, in der Synagoge sitzen Männer und Frauen getrennt; eine Frau kann nicht zur Rabbinerin ordiniert werden. Die Gemeinden in der Rheinpfalz verstünden sich weiterhin als Einheitsgemeinden, die sich durch eine gewisse Vielfalt religiöser Ausrichtungen auszeichneten, sagten die Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde.
Die Vertreter der Landeskirche und der Kultusgemeinde sehen sich als Institution vor ähnlichen Entwicklungen. Beide seien betroffen vom demografischen Faktor, der viele Gemeinden schrumpfen lasse, sagten Sutter und Nemirovsky. Auch sei auf beiden Seiten die Tendenz zu beobachten, dass zahlreiche Gemeindemitglieder Gottesdienste nur an ganz bestimmten hohen Feiertagen besuchen würden: „Bei uns gibt es Chanukkajuden, so wie bei Ihnen Weihnachtschristen“, bemerkt Nemirovsky ironisch.
2. Januar 2014