Bischof und Kirchenpräsident im Gespräch über die Perspektiven des Glaubens 

Dem Leben Bestand und Festigkeit verleihen

Kirchenpräsident Christian Schad, Bischof Karl-Heinz Wiesemann und der Moderator der Gesprächsrunde, Burkhard Neumann (v.l.). Foto: lk

Ludwigshafen (lk). „Der Glaube ist eine Entdeckung.“ Mit diesem Satz hat Kirchenpräsident Christian Schad den Kern des christlichen Verständnisses von Glauben bezeichnet. Im Rahmen einer öffentlichen Podiumsrunde mit dem Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann in Ludwigshafen über „Die Verkündigung des Glaubens in der modernen Gesellschaft“ führte Schad aus, dass der Glaube die Gewissheit sei, „unendlich bejaht zu sein“. Glaube sei das Vertrauen, das dem Leben Bestand und Festigkeit verleihe. Diese Zuversicht komme gerade dann zum Tragen, wenn es nicht problemlos dahinlaufe, sondern wenn Risse entstünden, wenn sich elementare Unterbrechungen im Lebenslauf ereigneten, sagte Schad vor den Teilnehmern einer europäischen Tagung für Konfessionskunde.

Gerade wenn das Leben in Frage gestellt werde, wenn Selbstverständlichkeiten wegbrächen, dann werde der Glaube in den dunklen Zeiten der Anfechtung zu einem Vertrauen, das hoffen und leben lasse, erläuterte der Kirchenpräsident. Dass man in Zeiten des Wartens zuweilen auch an Gott zweifle, gehöre zum Glauben dazu. Der Glaube sei eben keine Ideologie, die sich für unanfechtbar halte. Glaube sei auch nicht machbar und nicht beweisbar. Vielmehr sei Glaube ein Geschenk, das man entdecke. Der Glaube leuchte ein. Er führe in die Gemeinschaft der Glaubenden, in die Kirche. Schad bestimmte Kirche dabei als den Ort des geteilten Mutes und des geteilten Zweifels. Kirche sei der Raum, in dem eine weitreichende Sprache voller Trost und Hoffnung gesprochen werde. Letztlich finde man im Glauben die Gewissheit, die im Leben und im Sterben trage.

Mit dieser Bestimmung des Glaubens stimmte Bischof Wiesemann überein. Er diagnostizierte einen Traditions- und Glaubensabbruch in der Gegenwart. Die Lebensrelevanz des Glaubens werde nicht mehr erkannt. Kultur und Evangelium drifteten auseinander. Deshalb sei es im Sinne von Papst Franziskus notwendig, an die Ränder der Gesellschaft zu gehen. Die Kirche müsse sich missionarisch umbauen. Sie dürfe sich nicht als perfekte Gesellschaft verstehen, sondern eher als „Feldlazarett“ für die Verwundeten. Laut Wiesemann sei der pädagogische Ansatz trotz vieler guter Methoden missionarisch ins Leere gelaufen.

Für den Bischof ist es wichtiger, „die Frage zu beantworten, wo Gott im Leben der Menschen ist“. Ähnlich wie Schad, der den Glauben dort aufbrechen sieht, wo ein Riss im Leben auftritt, sagte auch Wiesemann, dass Gott gerade dort ins Spiel komme, wo die Verletzlichkeit des Menschen zu Tage trete. Gerade in der Schwäche, in der Verborgenheit sei Gott erkennbar. Es sei daher eine Herausforderung an die Kirche, eine neue Sprache zu finden. Sie müsse verständlich aufzeigen, wo sich Gott zeige. Deshalb bedürfe es auch authentischer Zeugen des Evangeliums.

Bischof Wiesemann betonte, dass man die eigene Sache ernst nehmen müsse, um authentisch sein zu können. Er verwies zudem auf die Erfahrbarkeit des Glaubens. Kirchenpräsident Schad sprach sich für einen gebildeten Glauben aus. Es sei Aufgabe der Kirchen, einen Sprachraum zu schaffen, in dem der Glaube auch wieder Kultur bilden könne. Außerdem betonte er, dass nur eine persönliche Kirche Zukunft habe. Dies sei aber nicht nur Aufgabe der Hauptamtlichen. Wiesemann unterstrich dies und ergänzte, dass der Glaube jedes Dogma und jeden Lehrsatz überschreite. Von daher sei der gemeinsame Glaube ein starker ökumenischer Impuls.

Anlass der Diskussion war die 61. Europäische Tagung für Konfessionskunde im Heinrich-Pesch-Haus in Ludwigshafen. Veranstaltet wurde sie vom katholischen Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik (JAMI) in Paderborn und dem evangelischen Konfessionskundlichen Institut in Bensheim (KI). Moderiert wurde sie von Direktor Burkhard Neumann (JAMI) und Direktorin Mareile Lasogga (KI).