Beim Bildungsstätten-Bau von Reformation lernen
Neustadt (ak). Über die baukulturellen Voraussetzungen und Bedingungen von Lernen und Bildung und ihre Geschichte haben Architekten, Theologen, Pädagogen und Soziologen im Neustadter „Casimirianum“ diskutiert. Die Tagung „Bildender Raum“ war die dritte der vierteiligen Reihe „Reformation und Architektur“, die die Architektenkammer Rheinland-Pfalz initiiert hat, um den Einfluss der Reformation auf das Bauen bewusst zu machen.
Die Grundforderung der Reformation nach Bildung für alle sei auch ein halbes Jahrtausend später in Deutschland nicht gänzlich erfüllt. Welche baulichen Voraussetzungen es braucht, um diesen Anspruch zu erfüllen, war eine der Grundfragen des Tages. „Gute Schulen zu bauen, ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Gesellschaft, um für kommende Generationen gute Startbedingungen zu schaffen“, sagte Kammerpräsident Gerold Reker. „Häuser, die der Bildung verpflichtet sind, stehen in einer Tradition, die sehr viel mit dem Werk Luthers zu tun hat – seiner Wortgewalt, seinen Schriften und seiner Aufforderung an die Obrigkeiten, Bildungsstätten zu schaffen“, sagte der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Walter Schumacher. Die Architektur von Bildungsstätten, ob Schulen, Hochschulen, Bibliotheken oder Weiterbildungsinstitute, habe einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Bildungserfahrungen und -erfolge.
Die reformatorische Forderung Bildung für alle sei kein „alter Hut“, sondern „brennende Forderung in einer reichen Gesellschaft, die immer mehr Bildungsverlierer kennt“, sagte die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) und Professorin für Bildungssoziologie und Arbeitsmarktforschung an der Berliner Humboldt-Universität, Jutta Allmendinger. Welche Einflüsse die Zeitenwende der Reformation auf den Schulbau hatte, machte der Religionspädagoge Karlo Meyer von der Universität des Saarlandes in seinem Beitrag „Bildung. Raum – Auswirkung eines protestantischen Konzepts“ deutlich. Den Schritt vom einzelnen Schulhaus zur Stadt ging der Leiter der Internationalen Bauausstellung IBA in Heidelberg, der Architekt und Stadtplaner Carl Zillich. Der Tagungsort, das Casimirianum, ein Programmbau des Calvinismus zum Thema Bildung, war im 16. Jahrhundert quasi als Gegenuniversität zum lutherisch gewordenen Heidelberg entstanden.
Hinweis: Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur unterstützt ebenso wie die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien die von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz initiierte Reihe „Reformation und Architektur“. Die nächste Tagung ist am 6. November in Worms zum Thema „Öffentlicher Raum“ geplant.