Gleichstellungsstelle der Landeskirche feiert 20. Jubiläum – Empfang im Landeskirchenrat 

"Aus dem kirchlichen Bereich nicht mehr wegzudenken"

Speyer (lk). „Wandelbar“ – unter diesem Motto hat die Gleichstellungsstelle der Evangelischen Kirche der Pfalz am Dienstag Geburtstag gefeiert: Anlässlich des 20-jährigen Bestehens betonten die theologische Referentin für Gleichstellungsfragen, Pfarrerin Belinda Spitz-Jöst, und Kirchenpräsident Christian Schad den christlichen Auftrag, Frauen und Männer in allen kirchlichen und gesellschaftlichen Handlungsfeldern gleichermaßen sichtbar zu machen. Die Gleichstellung aller Menschen vor Gott sei Grundlage des christlichen Glaubens. Dies müsse im kirchlichen und gesellschaftlichen Zusammenleben immer wieder deutlich gemacht werden.

Nach den Worten von Kristin Bergmann vom Büro für Chancengleichheit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gibt es in vielen Bereichen noch immer „mehr Beharrung als Wandel“: Die Mauern abzutragen, die ein geschlechtergerechtes Miteinander behinderten, sei Aufgabe der Gleichstellungsarbeit, sagte Bergmann und nannte als Beispiele Unterschiede im Verdienst und in der Besetzung von Führungspositionen – „auch in der evangelischen Kirche“.

Überzeugungsarbeit in Sachen Gleichstellung muss nach Auffassung von Landtagsvizepräsidentin Barbara Schleicher-Rothmund auch noch in der Politik geleistet werden. So sei es besonders in der Kommunalpolitik schwer, Frauen für die Übernahme eines Gemeinderatsmandates zu gewinnen. Zudem müsse der Staat als Arbeitgeber mit gutem Beispiel vorangehen und den Frauenanteil auf 50 Prozent des tatsächlichen Beschäftigungsvolumens im öffentlichen Dienst bringen. Als gute Nachricht bezeichnete es die Abgeordnete, dass Rheinland-Pfalz das weiblichste Regierungskabinett in der Republik habe. Die pfälzische Pfarrerin für Weltmission und Ökumene und EKD-Synodale, Marianne Wagner, empfahl Frauen und Männern gleichermaßen, achtsam miteinander und den jeweiligen Verschiedenheiten umzugehen und unterschiedliche Lebensmodelle zu akzeptieren.

„Jeder einzelne Mensch ist es wert, dass man ihn sieht“, sagte Spitz-Jöst bei der Feier im Landeskirchenrat in Speyer mit Gästen aus Kirche, Politik und Gesellschaft. „Wir müssen als Kirche dazu beitragen, dass die Menschen sich gleichermaßen wertgeschätzt und gewürdigt fühlen, unabhängig, ob sie Mann oder Frau, hell- oder dunkelhäutig sind, ein Handicap haben oder sich sonst von der Mehrheit unterscheiden.“ Auch müsse immer wieder neu der „sensible Umgang mit Sprache“ eingeübt werden. „Sprache bildet Wirklichkeit ab, und Wirklichkeit verändert Sprache“, so Spitz-Jöst. In die Wertediskussion über Gleichstellung schloss die Gleichstellungsbeauftragte auch geschlechterspezifische und unterschiedliche Formen familiären Zusammenlebens und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit ein. In der gesellschaftlichen Debatte über unterschiedliche Lebenskonzepte könne die Kirche Beratung und Schutz leisten, so Spitz-Jöst.

Gleichstellungsarbeit sei aus dem kirchlichen Bereich nicht mehr wegzudenken, unterstrich Kirchenpräsident Christian Schad. Veränderte Arbeitswelten, die Vernetzung von Theologie und Praxis unter dem Gesichtspunkt der Geschlechter- und Altersgerechtigkeit, Gender-Mainstreaming als Methode der Gestaltung und das politische Ringen um die Stellung der Frau in der Gesellschaft hätten auch die Sicht innerhalb der Kirche verändert. Der Kirchenpräsident erinnerte in seiner Ansprache an die „schwierige, aber wichtige und sehr erfolgreiche Arbeit“, die dem vorausgegangen sei, auch an die Vorreiterrolle der pfälzischen Landeskirche: 1958 wurde die erste Pfarrerin in der Pfalz und damit in Deutschland ordiniert. Zunächst noch dazu verpflichtet, zölibatär zu leben und allenfalls „im Notfall in Gemeinden geduldet“, war zehn Jahre später die Gleichstellung der Pfarrerinnen auch im Amt beschlossene Sache. 1995 nahm die Gleichstellungsstelle der Landeskirche ihre Arbeit auf.

Hintergrund: Die am 1. August 1995 aufgrund eines Synodenbeschlusses als Referat im Landeskirchenrat eingerichtete Gleichstellungsstelle versteht sich als Ansprechpartnerin für alle Mitglieder der Landeskirche. Sie kooperiert mit der Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft, den übrigen gesamtkirchlichen Diensten sowie den kirchlichen Berufsverbänden und pflegt Kontakte zu den verschiedensten Gruppen und Kreisen der Landeskirche. Dazu zählt u.a., sich mit grundsätzlichen Problemen der Stellung von Frauen und Männern in Ausbildung, Beruf und Ehrenamt auseinander zu setzen, gesellschaftliche Entwicklungen zu gleichstellungsrelevanten Themen zu beobachten, ihre Auswirkungen für die Arbeit im Bereich der Landeskirche zu bedenken und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Erste Theologische Referentin der Gleichstellungsstelle war Pfarrerin Petra Vollweiler-Freyer, juristische Referentin Bettina Wilhelm. Es folgten Pfarrerin Claudia Enders-Götzelmann und mit Gerd Humbert der erste Mann in der Gleichstellungsstelle. 2008 übernahm Pfarrerin Belinda Spitz-Jöst den Arbeitsbereich, für den sie seit dem Wechsel von Gerd Humbert zur Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft nunmehr alleine zuständig ist.