Predigt im Berliner Dom 

Schad: Die Sehnsucht zurück ist ein Irrweg

Domkantor Tobias Brommann, Kirchenpräsident Christian Schad, Domprediger Michael Kösling und der Vorsitzende des Domkirchenkollegiums, Volker Faigle (v.li.).

Kirchenpräsident Christian Schad hielt die Predigt.

Abendmahl. Fotos: lk

Berlin/Speyer (lk). Konflikte in fruchtbare Kontraste umzugestalten, ist nach Auffassung des pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad der biblische Auftrag für ein friedliches Miteinander einer Gesellschaft, die an Religionen und Kulturen reicher geworden ist. Frieden und Wohlstand seien nicht durch Abgrenzungen und Zäune zu bewahren, „sondern indem sich die Menschen – einheimische und fremde – füreinander öffnen“, sagte Schad am Sonntag, dem 21. Oktober, in einer Predigt im Berliner Dom.

So, wie die im babylonischen Exil lebenden Israeliten den Auftrag hatten, denen gegenüberzutreten, die Ressentiments und revanchistische Träume in die verunsicherte Gemeinde tragen wollten, so gelte es auch heute, „auf Einzelne zuzugehen, die ihre Wut auf die Straße tragen, und sie zurückzuholen in den Raum von Dialog und Debatte, von Austausch und sinnvollem Streit“. Wie zu biblischer Zeit gelte es, auf Integration zu setzen und das Böse mit Gutem zu überwinden, sagte der Kirchenpräsident.

Der Blick auf den Propheten Jeremia, der sein Volk aufgefordert habe, sogar für die Fremden und ihr Wohl Fürbitte zu leisten, mache auch heute sensibel gegenüber der Verklärung einer Vergangenheit, die es so nie gegeben habe. Die Sehnsucht zurück, einfache Antworten auf schwierige Fragen, seien nichts als ein böser Irrweg. Daher fordere der Prophet auch gegenwärtig dazu auf, umzudenken, „sich nicht zurück, sondern nach vorne zu orientieren“. Die biblische Botschaft sei heute als ein Wort an Fremde in der Fremde, an Geflüchtete im Asyl, an Heimatlose auf Heimatsuche zu verstehen.

„Was uns auf Anhieb für deutsche Auslandsgemeinden überall auf der Welt einleuchtet: dass sie dort Heimat finden wollen, Häuser bauen können, Gärten pflanzen werden, Kinder und Enkel bekommen, und in alledem auch ihre eigene Tradition pflegen dürfen, das wollen viele für die Asylsuchenden und Migranten im eigenen Land nicht gelten lassen“, sagte Kirchenpräsident Schad. Gottes Frieden und Gerechtigkeit schließe jedoch nicht aus, sondern schließe ein.

Der Gottesdienst im Berliner Dom wurde musikalisch von der Domkantorei und Domkantor Tobias Brommann an der Orgel gestaltet; für die Liturgie zeichnete Domprediger Michael Kösling verantwortlich. Kirchenpräsident Christian Schad predigte im Berliner Dom in seiner Funktion als Vorsitzender der Union Evangelischer Kirchen in Deutschland. Diese ist Rechtsnachfolgerin der Altpreußischen Union und hat bis heute aufsichtliche Befugnisse über den Berliner Dom.