Jahresempfang der rheinischen und pfälzischen Kirche in Saarbrücken  

Den Glauben wieder ins Gespräch bringen

Saarbrücken (lk/ekir). Den Glauben immer wieder ins Gespräch bringen und die epochemachenden Einsichten der Reformation für die Gegenwart zu verdeutlichen, ist aus Sicht von Präses Manfred Rekowski und Kirchenpräsident Christian Schad die Aufgabe der evangelischen Kirche. Die leitenden Geistlichen sprachen beim gemeinsamen Jahresempfang der rheinischen und der pfälzischen Kirche für Vertreter aus Politik und Gesellschaft in der Saarbrücker Johanneskirche.

Die Religion sei gegenwärtig negativ „ins Gerede gekommen“, sagte Rekowski in seiner Andacht. Wenn Religion zur Begründung von Gewalt und Terror benutzt werde, wie zum Beispiel durch den „Islamischen Staat“, dann werde sie als massive Bedrohung wahrgenommen. Das führe dazu, dass viele Menschen „religiöse Abstinenz“ als erfolgversprechenden Weg zu gesellschaftlichem und politischem Frieden sähen. Wenn aus dem Ausland finanzierte und gesteuerte muslimische Verbände bei uns als Religionsgemeinschaften anerkannt werden wollten, dann drohen Rekowski zufolge, „notwendige Regelungen zur rechtlichen Anerkennung von muslimischen Religionsgemeinschaften in Sackgassen zu enden“. Und wenn die Verbannung von Kreuzen aus Gerichtssälen der Versuch sei, Religion aus dem öffentlichen Bereich zu verbannen, „wäre dies eine heikle Entwicklung für unsere Gesellschaft“, sagte Rekowski mit Blick auf die im März gefällte Entscheidung im Saarland, Kreuze aus den Gerichtssälen des Amtsgerichts zu entfernen.

Rekowski setzte diesen Entwicklungen den Glauben an einen menschenfreundlichen Gott entgegen. „Als Christenmenschen vertrauen wir darauf, dass unsere Mitmenschen und wir es mit Gott zu tun haben, der seine Güte nicht von uns wendet.“ Dieser Glaube sei „lebensförderlich und dient dem Zusammenleben“. Wer zu Gott bete, gebe nicht auf, überlasse die Welt nicht sich selbst. Gebet und Glaube führten immer auch zur Tat.

Kirchenpräsident Christian Schad erinnerte in seiner Ansprache an die reformatorischen Einsichten, die nicht nur Kirche und Theologie verändert hätten, sondern auch das private und öffentliche Leben bis in die Gegenwart prägten. Das reiche von der Entwicklung des universellen Rechts auf Glaubens- und Gewissensfreiheit bis zum Bildungs- und Demokratieverständnis, betonte der Kirchenpräsident. Die reformatorische Rechtfertigungsbotschaft sei „das Herzstück eines ungeahnten Freiheitsaufbruches“.

Befreit davon, selber Gott spielen zu müssen, dürften die Menschen als endliche, fehlerhafte, fragmentarische Geschöpfe leben, „die geschwisterlich miteinander umgehen und den Zwängen, immer siegen zu müssen, entsagen“, betonte Schad. Was für den Einzelnen gelte, habe auch im Blick auf die Gesellschaft Bedeutung. Eine Gesellschaft, die keine göttliche Rechtfertigung mehr kenne, produziere nur noch Rechthaber.

Kritik übte der Kirchenpräsident an der Tendenz, Menschen immer häufiger öffentlich an den Pranger zu stellen. Dies führe dazu, „dass wir aus Angst davor unter dem Zwang stehen, ohne Fehl und Tadel zu sein und meinen, uns selbst in der eigenen Hand bergen zu müssen“. Dies könne jedoch nicht gelingen, „da wir nicht selber herstellen können, wovon wir eigentlich leben“.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte, dass das Reformationsjubiläum 2017 in eine unruhige Zeit falle, „in der wir erleben, dass bisher Unverrückbares sich verrückt“. Mit den Debatten um die Flüchtlingsfragen sei auch die Bedeutung der Religion wieder in den Blick gerückt. Die Menschen, die nach Deutschland gekommen seien, hätten ihre Religion sehr viel stärker in ihr Leben integriert, als die Einheimischen, die sich „ganz gut arrangiert haben mit Kirche und Religion“. Das Reformationsjubiläum solle daher auch für den religiösen Dialog und den politischen Diskurs genutzt werden.