Barrierefreiheit 

In Kirchen hören ohne Hindernisse

Dankbar: Manfred Klink mit Hörempfänger. Foto: lk/awr.

Speyer/Miesau (lk). Manfred Klink ist erleichtert. Normalerweise trägt er ein Hörgerät – auch beim Gottesdienst, den er regelmäßig in der Protestantischen Kirche in Miesau (Kreis Kaiserslautern) besucht. „Aber das Zuhören hat mich angestrengt. Ich habe wegen der Nebengeräusche nie alles hören und verstehen können“, sagt das Gemeindemitglied. Seit einigen Tagen ist die Kirche ein Stück benutzerfreundlicher und barrierefreier geworden: Eine Induktionsschleife überträgt das gesprochene Wort im Gottesdienst vom Mikrofon an diejenigen Hörgeräte, die mit einer Telefonspule ausgestattet sind. Eine andere Möglichkeit, die auch Klink nutzt, sind die vier schnurlosen Empfangsgeräte, die die Hörgeschädigten (ohne Hörgerät) aufs Ohr setzen. „Das war die beste Idee, die die Kirchengemeinde jemals hatte. Die neue Technik ist wirklich super“, freut sich Klink.

Der Inbetriebnahme der Hörschleife war eine gründliche Beratung und Planung vorausgegangen. „Beim Thema ‚barrierefreies Bauen‘ denken viele zuerst an Treppen oder breite Türen. Aber die größte Hürde, an einem Gottesdienst teilzunehmen, ist das Gehör“, sagt Pfarrerin Ute Stoll-Rummel. Viele Gemeindemitglieder würden den Kirchgang meiden, weil sie trotz guter Mikrofonanlage dem Gottesdienst nicht folgen könnten. Und das sei keine Frage des Alters, so Stoll-Rummel. Das bestätigt auch Thomas Jakubowski, Beauftragter für die Behindertenseelsorge in der Landeskirche. Etwa zehn Prozent der Bevölkerung leidet laut seiner Einschätzung massiv unter Schwerhörigkeit. Er empfiehlt Kirchengemeinden die Induktionstechnik, die „robust, technisch einfach und finanziell überschaubar ist“. Jakubowski vermutet, dass in mehr als 50 pfälzischen und saarpfälzischen Kirchen schon Induktionsschleifen eingebaut seien.

Das war auch in Miesau der Fall. „Tatsächlich gab es bereits vor dreißig Jahren eine solche Hörhilfe für wenige Bankreihen“, erinnert sich Pfarrerin Stoll-Rummel. Doch die Anschlüsse konnten nicht mehr reaktiviert werden. Nach der Beratung durch den  Behindertenseelsorger Jakubowski wollte die Gemeinde zwei neue Hörschleifen einbauen, die alle Sitzbänke abdecken. Die Kosten: 3.800 Euro. Die Finanzierung teilten sich zwei Stifter aus Haßloch, Martin Weisbrod und Christine Weisbrod-Russ, sowie die Bauabteilung des Landeskirchenrats. Letztere fördert barrierefreie Umbaumaßnahmen mit einem Anteil von 50 Prozent bis 5.000 Euro. Schließlich habe sich die Landeskirche zu Barrierefreiheit in den Bereichen Mobilität, Sehen, Hörbarkeit und Sprache verpflichtet. Denn: Normal ist es verschieden zu sein, heißt es in der Selbstverpflichtung von 2013.

Hintergrund: Der Behindertenseelsorger der Landeskirche, Pfarrer Thomas Jakuboswki, führt jährlich zirka 25 Beratungen zu Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit mit Kirchengemeinden und Einrichtungen der Landeskirche durch. Interessierten Gemeinden verleiht er barrierefreie Materialien für das Kirchengebäude oder den Gottesdienst, zum Beispiel einen Induktionsschleifen-Koffer mit Verstärker und Empfangsgerät, verschiedene (Schwellen-)Rampen für Mobilitätseingeschränkte sowie eine Halterung für das große Gesangbuch für Menschen mit Sehbehinderung. Modellcharakter für die Barrierefreiheit haben außerdem die Kirche in Waldsee (Rhein-Pfalz-Kreis) sowie der Sitzungssaal im Butenschoen-Haus in Landau.