Emil Lind und Albert Schweitzer 

Wichtiger Abschnitt pfälzischer Kirchengeschichte

Die Herausgeber bei der Buchvorstellung: Armin Schlechter (links) und Klaus Bümlein. Foto: Landry

Speyer (lk). Als einen wichtigen Abschnitt pfälzischer Kirchengeschichte hat Kirchenpräsident i.R. Eberhard Cherdron die Publikation „Emil Lind und Albert Schweitzer. Ein pfälzischer Pfarrer und Schweitzer-Freund zwischen ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘ und ‚Nationalkirche‘“ bezeichnet.

Der Band, der die Verbindung des ehemaligen Speyerer Pfarrers zu dem Friedensnobelpreisträger nachzeichnet, gebe nicht nur Einblick in das Leben und die Tätigkeit eines pfälzischen Geistlichen. Er sei zugleich auch Anstoß, über die Bedeutung liberalen theologischen Denkens für die Gegenwart nachzudenken. Damit werde auch an die kirchlichen Jubiläumsfeiern 2018 in der Pfalz und an die Gedenkveranstaltungen für die evangelischen Theologen Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher und Karl Barth in diesem Jahr angeknüpft, sagte Cherdron bei der Buchvorstellung in der Speyerer Dreifaltigkeitskirche.

Zwar blieben in dem Band Fragen zur Biographie und zu bestimmten Entwicklungen in der dienstlichen Tätigkeit Linds weiterhin offen, führte Cherdron aus. Dies betreffe vor allem dessen „Irrweg in die Nationalkirche und die anschließende Unfähigkeit, zu eigener Schuld zu stehen“. „Wer aus der Geschichte lernen will, muss sich auch schmerzlichen Erkenntnissen stellen“, so Cherdron. „Es ist zu wünschen, dass der Briefwechsel zwischen Lind und Schweitzer viele anregt, sich diese Zusammenhänge zu vergegenwärtigen und damit auch ein neues lebendiges Verständnis unserer Kirche zu gewinnen.“

Für den Bildungsdezernenten der Landeskirche, Oberkirchenrat Michael Gärtner, ist das Buch eine spannende Lektüre, die einen beeindruckenden Blick auf die Biographie Emil Linds werfe. Dieser sei ein ehrgeiziger Pfarrer und begabter Prediger, Redner und Autor gewesen, „dessen Lebensweg einer gewissen Tragik nicht entbehrt“. Eigens zur Buchvorstellung aus München angereist war der 92-jährige Sohn Emil Linds, Walter Lind, der sich dankbar dafür zeigte, dass der Briefwechsel seines Vaters nun einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich geworden sei. Unter den Gästen war auch der Kunstmäzen Berthold Roland, dessen Familie in enger Verbindung mit der Familie Lind stand.

In seinem Geleitwort zu dem 256 Seiten umfassenden Band schreibt Kirchenpräsident Christian Schad, dass die Autoren und Herausgeber, Klaus Bümlein und Armin Schlechter, gleichermaßen der Wahrheit wie dem Schutz der Person verpflichtet seien: „Sie betrachten den profilierten Seelsorger und Autor von theologischen, philosophischen, kirchen- und zeitgeschichtlichen sowie volkskundlichen Schriften – und vergessen darüber nicht den tief in den Nationalsozialismus verstrickten ‚Deutschen Christen‘, der ein ‚Durchhaltechristentum‘ gepredigt und sich für ein ‚völkisches Christentum‘ stark gemacht hat. Zum Profil Linds gehört aber auch, dass die Freundschaft mit Albert Schweitzer nach 1945 erhalten blieb und in zahlreichen Schriften Linds ihren Niederschlag fand.“

Im Untertitel des Bandes „Zwischen ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘ und ‚Nationalkirche‘“ sei die Ambivalenz und Spannung, in der sich Herausgeber und Autoren mit der Konzentration auf Emil Lind befanden, benannt, führte Cherdron aus. „Schweitzers hohes ethisches Programm und die Verführung des nationalsozialistisch geprägten Programms der Nationalkirche, wie passt das zusammen? Das Buch lädt ein, dieser Frage nachzugehen und im Leben und Wirken eines einst sehr beliebten Speyerer Pfarrers dem nachzuspüren.“

Das 256 Seiten starke Werk „Emil Lind und Albert Schweitzer. Ein pfälzischer Pfarrer und Schweitzer-Freund zwischen ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘ und ‚Nationalkirche‘“ editiert und erläutert erstmals den 2011 vom Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz erworbenen Briefwechsel zwischen dem weltberühmten Theologen, Philosophen, Musikwissenschaftler und Arzt von Lambarene und dem aufgrund seines Engagements in der nationalkirchlichen Bewegung nicht unumstrittenen Pfälzer Pfarrer. Herausgeber des Buches sind Armin Schlechter vom Landesbibliothekszentrum und Klaus Bümlein, der ehemalige Bildungsdezernent der Landeskirche. Bümlein hatte 2011 den Anstoß dafür gegeben, die zur Versteigerung stehenden Briefe für die Pfalz zurückzugewinnen. Neben den beiden Herausgebern beschäftigen sich weitere Autoren mit den Briefpartnern.

Hinweis: „Emil Lind und Albert Schweitzer. Ein pfälzischer Pfarrer und Schweitzer-Freund zwischen ‚Ehrfurcht vor dem Leben‘ und ‚Nationalkirche‘“ erscheint im Verlagshaus Speyer und kostet 19,80 Euro. Die Bibliotheks- und Medienzentrale präsentiert bis zum 28. März während ihrer Öffnungszeiten in ihren Räumen in der Roßmarktstraße 4, Speyer, eine kleine Ausstellung ausgewählter Werke von Emil Lind und Albert Schweitzer.