Weihnachtsbotschaft von Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst Gottes Kraft ist in den Schwachen mächtig
Jedes Jahr berühren uns die Bilder von Kind und Krippe, von Stall und Stern, von Engeln und Hirten. In diesen Bildern scheint die Welt heil, genau das, wonach wir uns so sehr sehnen. Die täglichen Nachrichten sind oft schwer zu ertragen. Gerade in diesen Tagen, in denen wir mit den Menschen in Magdeburg fühlen, um die Opfer trauern, an unserer Fassungslosigkeit ersticken. Hoffnung hat es gerade nicht leicht. Die Welt wirkt so düster.
Der Sog der Gewalt reißt viel zu viele mit sich. Gerade haben wir es in einer Horrorfahrt erlebt. Wir sehen die endlose leidvolle Spirale des Krieges in der Ukraine, im Nahen Osten, an so vielen Stellen unserer Welt. Menschen haben keine Chance auf Leben, keine Chance im Leben. Wirtschaftliche Prognosen, soziale Kälte, schwindendes Vertrauen in die Demokratie – all das bedrückt, drückt nieder, lehrt uns das Fürchten und raubt uns den Mut.
Doch im Kind in der Krippe setzt Gott ein starkes Zeichen gegen all das. Der Stall von Bethlehem ist kein Postkarten-Idyll, keine flüchtige Atempause von der Realität. Weihnachten geht tiefer, geht in alle Tiefen, in unsere Tiefen und Abgründe. Obdachlose Eltern, ein unterdrücktes Volk, Menschen am Rand der Gesellschaft, ein tyrannischer König. Und ein Kind, verletzlich und gefährdet. So zeigt sich Gott. So kommt er zu uns. So kommen wir zu ihm.
Wir bringen alles mit zur Krippe: unser Entsetzen, unsere Sorgen, unsere Ängste, unsere Wunden. Wir stehen mit den Hirten an der Krippe. Fühlen uns allein, enttäuscht, unsicher, friedlos. Und sehnen uns gleichzeitig nach Licht, nach Liebe, nach Frieden, nach Heil in einer heillosen Welt. Und finden es hier, bei diesem Kind, in diesem Kind. In Gott, der zu uns kommt.
Gott wird einer von uns. Er kennt unsere Lasten und Ängste, unsere Zweifel und Erschöpfung. Er bleibt nicht fern in seinen himmlischen Höhen, sondern kommt zu uns, kommt mitten unter uns. Er geht mit uns durch die Straßen von Magdeburg und Kiew, sitzt bei Verletzten im Krankenhaus, umarmt weinende Mütter und hält verwaisten Kindern die Hand. Kein finsteres Tal ist ihm fremd. Aber er hat die Liebe im Gepäck. Und die Hoffnung, den Mut und die Kraft. Mit ihm werden die Schwachen stark, gewinnen die Verzweifelten neue Hoffnung. Auch wir.
Diese Kraft ist da. Nicht nur alle Jahre wieder, sondern jeden Tag. Sie lässt uns leben und handeln. In ihr lassen wir uns nicht spalten, sondern halten zusammen. Zeigen der Gewalt die rote Karte, aber niemals dem, der Hilfe braucht. Lassen uns unser Herz von der Angst nicht lähmen, sondern halten mit unserem Herzen die Angst in Schach. Unerschrocken und unermüdlich.
Wir können das. Weil Weihnachten nicht nur an wenigen Tagen im Jahr ist, sondern an allen Tagen in unserem Herzen. Wenn wir es einziehen lassen, das Kind in der Krippe. Wenn wir ihm Herberge geben in unserem Leben. Wenn wir Stallgemeinschaft werden und bleiben. Gemeinschaft der Schwachen, die Gott stark macht. Um Licht in die Welt zu bringen. Nicht mehr, aber auch keinesfalls weniger. Frohe Botschaft. Trotz und alledem.