Evangelische Kirche der Pfalz: Artikelschau https://www.evkirchepfalz.de/ de-de Evangelische Kirche der Pfalz Mon, 15 Sep 2025 12:09:19 +0200 Mon, 15 Sep 2025 12:09:19 +0200 TYPO3 EXT:news news-4245 Mon, 15 Sep 2025 11:09:40 +0200 ​​​​​​​Einfach sensibler werden /einfach-sensibler-werden Laura Moser ist neue Gleichstellungsbeauftragte der Pfälzer Kirche. Von Alexander Lang (epd)

Speyer (epd). Kürzlich hat sie ihre Dissertationsschrift im Fach Geschichte an der Universität Heidelberg eingereicht. „Als Mutter zum Beruf wurde“ lautet der Titel, es geht um das Modellprojekt „Tagesmütter“ in den Jahren 1974 bis 1978. Laura Moser denkt wissenschaftlich - und packt gerne an, wenn es darum geht, bestehende Ungleichheiten in der Gesellschaft zu beseitigen. Seit Mai ist die 34-jährige Historikerin neue Gleichstellungsbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz in Speyer.

Vieles sei mit Blick auf die Gleichstellung aller Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion oder Herkunft in Gesellschaft und Kirche erreicht, sagt Moser, die aus Iggelbach im Landkreis Bad Dürkheim stammt. Und doch würden Menschen in Sprache, in der Gesetzgebung und im alltäglichen Miteinander diskriminiert. So laute die Begrüßungsformel bei Veranstaltungen meist noch immer „sehr geehrte Damen und Herren“. Warum sage man nicht einfach „guten Tag“ oder nenne, wenn möglich, nur Vor- und Nachnamen, fragt Moser, die sich mit Frauen- und Geschlechtergeschichte und der Geschichte der Arbeit im 20. Jahrhundert beschäftigt.

In der aufgeheizten gesellschaftlichen Debatte um Gendersprache sowie geschlechtliche und kulturelle Vielfalt will Moser verhärtete Fronten aufbrechen. Vor allem gehe es darum, anderen zuzuhören - und sensibler für deren Wünsche und Anliegen zu werden, sagt sie. Dazu sei Offenheit und die Bereitschaft nötig, auf andere Menschen zuzugehen, die man aufs Erste vielleicht nicht versteht. „Es ist ein Lernprozess in Taten und nicht nur in Worten.“

Nach dieser Formel will sie auch als Nachfolgerin der ehemaligen Gleichstellungsbeauftragten Annette Heinemeyer im Landeskirchenrat der Pfälzer Kirche in Speyer arbeiten. Vor 30 Jahren wurde dort die Gleichstellungsstelle eingerichtet. Deren Themen sind Rollenbilder von Mann und Frau, Vereinbarkeit von Familie, Ehrenamt und Beruf, geschlechtergerechte Sprache sowie Gewalt gegen Frauen und Kinder. Die Gleichstellungsbeauftragte hat zudem die geschlechtergerechte Führung in Kirche und Gesellschaft sowie Diversität im Blick.

Im Idealfall sei die Kirche ein „geschützter Raum“ für Menschen, die mit Ausgrenzung und Diskriminierung konfrontiert seien, sagt Moser, die als Studentin für die Gleichstellungsbeauftragte der Heidelberger Universität arbeitete. Die Kirche dürfe niemanden ausschließen: Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft hätten für Jesus Christus keine Rolle gespielt, sagt die Protestantin. An ihrer Kirche schätzt sie besonders das soziale Engagement und das Eintreten für Menschenrechte.

Ein Herzensanliegen ist es Moser, gegen die wachsende Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft anzugehen. Sie gehört der Arbeitsgemeinschaft „Kreuz und Queer“ in der Pfälzer Kirche an. Diese macht sich stark für die Chancengleichheit von Menschen mit anderer sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität. Der Einsatz der Kirche komme in der queeren Community an, sagt sie. „Cool, dass Kirche dabei ist“, laute eine Rückmeldung.

Für Offenheit und Chancengleichheit aller Menschen will die neue Gleichstellungsbeauftragte in der Kirche werben - etwa bei Besuchen in Kirchengemeinden und Frauenkreisen oder auf dem „kleinen Pfälzer Kirchentag“ am 28. Juni 2026 im westpfälzischen Otterbach. Auch plant sie einen Leitfaden für gleichberechtigte Sprache. Denn Gleichstellung - davon ist Laura Moser überzeugt - sei vor allem eine Geisteshaltung.

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news-4240 Thu, 04 Sep 2025 14:20:00 +0200 Fluchtgeschichte: Was eine Familie aus dem Libanon erlebt hat https://www.indeon.de/gesellschaft/fluchtgeschichte-was-eine-familie-aus-dem-libanon-erlebt-hat Wenn Ilham Khaskiyeh von der Flucht spricht, füllen sich ihre Augen immer wieder mit Tränen. Mehr als eine Woche lang ist die heute 48-Jährige mit ihren drei Kinder Mohammed, Riham und Jihan auf dem offenen Meer – ohne zu wissen, wann sie ankommen. Die alleinerziehende Mutter flüchtet vor Gewalt in ihrem Heimatland. news-4243 Mon, 01 Sep 2025 09:14:47 +0200 Kirche auf der Landesgartenschau /kirche-auf-der-landesgartenschau ​​​​​​​Da wächst was – ins himmelgrün. Speyer (lk/is). Tanztage, Friedenstage, Begrünungsaktionen. Die Ideen sprießen. Die Planungen für den ökumenischen Kirchenbeitrag zur Landesgartenschau Neustadt 2027 (LGS) haben begonnen. Zum Bau-Fest am 30. August ist auch die Kirche vor Ort. Neustadt an der Weinstraße wird grüner – und himmelgrüner. Die Landesgartenschau findet von April bis Oktober 2027 unter dem derzeitigen Slogan "Da wächst was" statt. Die Kirchen werden wie zuletzt in Landau mit der Marke himmelgrün auftreten und sich mit einem umfangreichen Programm beteiligen.

"Nach genau zehn Jahren himmelgrün Landau 2015 geht’s an die Planung der Neuauflage. Ein üppiger Ökumenischer Kirchenbeitrag gehört zu den Gartenschauen wie die Blumenhalle", sagt Pfarrerin Mechthild Werner, die erneut die Projektleitung für die Landeskirche innehat.

Einige thematische Schwerpunkte sind gesetzt.

Geplant seien für 2027 spirituelle Angebote, multireligiöse Friedensgebete, Festgottesdienste, musikalische Events wie Bläser- und Chortage. Auch thematische Schwerpunkte an Wochenenden sind angedacht, etwa Tauftage, Segenstage für Liebende oder Regenbogentage, die von der queeren Community mitgestaltet werden. Durchlaufende Formate wie After-Work-Veranstaltungen, Klappstuhl-Konzerte und Familien-Picknicks, ein Sinnesparcours rund um den Psalm 23 (der Gott als guten Hirten beschreibt) sind ebenfalls im Blick.

Daneben wird es eine Babbel-Bank geben, viel Raum für Gespräche und Ruhe im Gartenschautrubel. "Das Gespräch und der Dialog sind uns wichtig, mit Menschen jeder Religion, Kultur oder geschlechtlichen Orientierung ", sagt die katholische Projektleiterin, Pastoralreferentin Monika Kreiner, die auch für queere Pastoral im Bistum Speyer zuständig ist.

Die Kirche ist mit Zelt und Wagen unterwegs.

In Landau wird der Kirchenpavillon auf dem ehemaligen Gartenschaugelände weiter genutzt. In Neustadt soll am Kirchenbeitrag - neben einer großen Wiese, nahe dem Rehbach - ein temporäres Kirchenzelt platziert werden. Grund sind nicht allein Sparmaßnahmen. Das Gelände der LGS Neustadt bleibt größtenteils naturnah, die meisten Standorte werden nach der Veranstaltung zurück gebaut.

Angedacht seien neben dem Zelt auch mobile Kirchenwagen – angelehnt an Schäferwagen aus Holz - die im Vorhinein und Nachhinein als „Kirche unterwegs“ genutzt werden können. „Ob ein oder zwei Wagen, das ist noch nicht geklärt, wir arbeiten noch daran", berichten die Projektleiterinnen.

Neustadt soll bald noch (himmel)grüner werden.

Ab Herbst 2025 beginnt zudem eine Begrünungsaktion. Fachleute bieten im himmelgrün-Auftrag Beratung zu naturnahen und insektenfreundlichen Gärten an. Die anzuschaffenden Pflanzen werden vergünstigt angeboten. Vorläufig sind kirchliche Kitas, Pfarrgärten und Einrichtungen im Blick. Bei weiteren Kapazitäten können innerstädtische Plätze mit aufgenommen werden, etwa in Kooperation mit Naturverbänden oder dem Freundeskreis der LGS. Die anschließende Pflege der Gärten muss jeweils von Patengruppen übernommen werden. Unter dem Motto „Pflanz dich zu uns“ sind für die Aktionen engagierte Freiwillige gefragt. Sponsoren für das Gartenprojekt sowie für das Veranstaltungsprogramm werden ebenfalls gesucht.

Das himmelgrün-Team beteiligt sich am Bau-Fest.

Nach dem ersten Auftritt zum Rheinland-Pfalz-Tag in Neustadt ist himmelgrün erneut zu erleben: Zum Bau-Fest auf dem Gelände der Landesgartenschau am Samstag, 30. August 2025, von 11 - 18 Uhr, dem Familienfest an der Branchweilerhofstraße. Die Kirchen werden mit einem Stand vertreten sein, mit Spielaktionen und Informationen. Für die Begrünungsaktionen und den Kirchenbeitrag 2027 werden darüber hinaus Engagierte gesucht. "Wir freuen uns auf jede und jeden. Mit viel oder wenig Zeit, musikalisch oder handwerklich begabt oder einfach gern im Gespräch mit Menschen: Unsere Freiwilligen werden zur Gartenschau so wunderbare Erfahrungen machen wie in Landau", meint Projektmanagerin Brigitte Hahn.  

Hintergrund

Das Kirchen- und Kulturprogramm zur Landesgartenschau Neustadt 2027 (LGS) wird verantwortet von der Evangelischen Kirche der Pfalz und dem Bistum Speyer. Die ACK (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen) engagiert sich unter dem Dach der beiden Kirchen inhaltlich. Eine Neuerung ist das ökumenische himmelgrün-Büro. Beide Kirchen finanzieren anteilig die Stelle für das Projektmanagement.
Zum Organisationsteam gehören Brigitte Hahn, Projektmanagement (Ökumenisches Büro), Pastoralreferentin Monika Kreiner, Projektleitung (Bistum Speyer) und Pfarrerin Mechthild Werner (Evangelische Kirche der Pfalz). Die Kirchen gehören auf den Landesgartenschauen zu den Partnern mit den meisten Angeboten. Zur LGS Landau 2015 fanden rund 700 Veranstaltungen statt. Etwa eine halbe Million Menschen haben den Kirchenpavillon in dieser Zeit besucht.

Mehr Informationen:

Zur LGS Neustadt 2027
https://www.neustadt.eu/Bürger-Leben/Landesgartenschau-2027/
Zum Kirchenbeitrag
https://www.himmelgruen-neustadt.de

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news-4239 Fri, 29 Aug 2025 09:00:00 +0200 Impulse zur Schöpfungszeit /impulse-zur-schoepfungszeit-1 Ökumenische Online-Aktion ab dem 1. September. SPEYER. Zur Online-Aktion „Impulse für die Schöpfungszeit“ vom 1. September bis zum 5. Oktober 2025 sind alle eingeladen, die selbst ausprobieren möchten, wie Naturerfahrung und Spiritualität helfen können, sich lebendig zu fühlen und wirksam zu sein. Mitmachen ist einfach: Nach einer Anmeldung wird jeden Tag über die fünf Wochen per E-Mail oder Social Media ein Impuls für den Tag zugeschickt.

„Oft ist der Kopf verwirrt und das Herz unruhig“, sagt Steffen Glombitza, Umweltbeauftragter des Bistums Speyer. „Die Not in der Welt ist so offensichtlich und drängend. Das überfordert viele.“ Seine Kollegin Sibylle Wiesemann, Umweltbeauftragte der Evangelischen Kirche der Pfalz, ergänzt: „Wir möchten mit den Denkanstößen einladen, Wege zur Verbundenheit mit der Schöpfung zu finden. So kann Zuversicht wachsen und Schritte für einen anderen Umgang mit der Mitwelt werden sichtbar und können konkret werden.“

Meditativ und engagiert, online und kostenfrei stärkt die Aktion mit täglichen Meditations- und Handlungsimpulsen die Verbindung zur Natur und zu den Mitmenschen, so dass mit Zuversicht das Zusammensein gestaltet werden kann. 

Fünf Wochen – fünf Themen

  • Atmende Erde
  • Erschöpfung und Erwachen
  • Mit.Gefühl
  • Wurzeln und Ausstrecken
  • Trotz und Zuversicht

Die Federführung für das ökumenische Projekt liegt bei der Evangelischen Erwachsenenbildung Freiburg. Ein ökumenisches Team von Autor*innen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum hat für jeden Tag einen Impuls zum Meditieren und Handeln entwickelt, darunter auch aus dem Bistum Speyer und der Evangelischen Kirche der Pfalz.

Die täglichen Impulse gibt es zum Hören und Lesen, per Mail oder Social Media.

Kostenfreie Anmeldung unter: https://erwachsenenbildung-freiburg.de/angebote/newsletter-anmeldung-schoepfungszeit-3/

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news-4241 Tue, 26 Aug 2025 10:54:02 +0200 Orientierung für Lehrkräfte /orientierung-fuer-lehrkraefte Evangelisches Schulreferat Saarland eröffnet - Kooperation über Kirchengrenzen. ST. INGBERT. Die Evangelische Kirche der Pfalz und der Kirchenkreisverband „An der Saar“ der Evangelischen Kirche im Rheinland haben in St. Ingbert das neue „Evangelische Schulreferat Saarland – Zentrum für religiöse Bildung“ eröffnet.

Ab diesem Schuljahr gibt es damit erstmals eine zentrale Anlaufstelle für evangelische Religionslehrkräfte und Schulpfarrpersonen im Saarland. Die in dieser Form bundesweit einzigartige Einrichtung über landeskirchliche Grenzen hinweg soll die religiöse Bildung im Saarland stärken.

In einem Gottesdienst wurde der neue saarpfälzische Beauftragte für den Religionsunterricht, Pfarrer André Koch, in sein Amt eingeführt. Zusammen mit Pfarrer Tim Kahlen, dem „rheinischen“ Schulreferenten, leitet er das neue saarländische Kompetenzzentrum, das sich in der „Alten Synagoge“ in St. Ingbert befindet.

Das Evangelische Schulreferat dient als Beratungsstelle für Religionslehrkräfte und Schulpfarrpersonen aller Schulformen im Saarland. Neben regelmäßigen Schulungen bietet das Zentrum eine umfangreiche Sammlung mit Materialien, die zu Unterrichtszwecken ausgeliehen werden können. Die Kosten für das Schulreferat teilen sich die beiden Kooperationspartner. Je zwei Mitarbeitende sind in Saarbrücken beim Kirchenkreisverband beziehungsweise in Speyer bei der pfälzischen Landeskirche angestellt.

Der neue pfälzische Beauftragte André Koch begann seinen Dienst als Gemeindepfarrer, ehe er Internatsleiter am Evangelischen Trifels-Gymnasium in Annweiler wurde. Zuletzt wirkte er als Schulpfarrer am Berufsbildungszentrum Rodalben. Das Schulreferat solle „als Leuchter dazu beitragen, das Licht religiöser Bildung ins Saarland zu bringen, Orientierung bieten und ab und an Wärme in die Herzen bringen“, sagte Koch in seiner Predigt bei der Einführung.

Genauso sieht es Tim Kahlen, der als Schulreferent zusammen mit Horst Heller die Schaffung des neuen Schulreferats federführend umsetzte. „Im Religionsunterricht werden Räume geschaffen, um offen über Themen zu sprechen, die Schülerinnen und Schüler in ihrem Leben umtreiben und hinter denen sich oft Fragen nach dem Sinn und dem Wert der Dinge verbergen“, so Kahlen. Das Schulreferat habe zum Ziel, Lehrkräfte zu qualifizieren und in Austausch zu bringen, um diese Chance religiöser Bildung zu nutzen.

„Mit dem neuen Schulreferat Saarland ziehen wir nicht nur in frisch renovierte Räume ein, sondern gehen gemeinsam in die Zukunft“, sagte Oberkirchenrat Claus Müller von der Evangelischen Kirche der Pfalz zur Eröffnung der neuen Einrichtung. Das neue Schulreferat zeige, wie gute kirchliche Kooperation über Landeskirchengrenzen hinweg gelingen könne, so Müller.

Gemeinsames Ziel der beiden Träger ist ein starker, hochwertiger evangelischer Religionsunterricht im Saarland. Die inhaltliche Fokussierung bei der Neugestaltung des Schulreferats betonten auch die beiden saarländischen Superintendenten Markus Karsch und Christian Weyer: „Wir stellen die Vermittlung religiöser Bildung in den Vordergrund, indem wir die traditionellen kirchlichen Strukturen hintanstellen und Bürokratie abbauen.“

Bei der Eröffnungsfeier wurde André Kochs Vorgänger, Pfarrer Horst Heller, offiziell verabschiedet. Heller war seit 2011 Leiter des Religionspädagogischen Zentrums St. Ingbert.

Das Schulreferat in der Alten Synagoge in St. Ingbert (Josefstaler Straße 22) ist montags und mittwochs 10 bis 16 Uhr sowie freitags 10 bis 14 Uhr geöffnet.

www.schulreferat.saarland

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news-4238 Mon, 25 Aug 2025 10:05:45 +0200 Zu wenig, um zu leben /zu-wenig-um-zu-leben Das Thema Armut greift die Ausstellung „­Genug …?“ auf, die nach ihrer Premiere auf dem Kirchentag durch die Pfalz tourt. In Kaiserslautern haben Konfirmandinnen und Konfirmanden neue Einblicke gewonnen. Von Florian Riesterer

KAISERSLAUTERN. „Suche Arbeit und eine Wohnung!“ steht auf der riesigen Fahne, die von der Empore in der Kaiserslauterer Unionskirche hängt. „Habe zwei Kinder zu versorgen und hohe Schulden“ auf einer weiteren. Pappschilder von Menschen, die betteln müssen, um zu überleben, hat der Künstler Albrecht Wild auf Fahnen der jeweiligen Herkunftsländer verewigt. Jetzt sind sie Teil der Ausstellung „Genug …?“.

Links hinter dem Eingang der Kirche emp­fangen Besucher*innen zwei lebensgroße Figuren eine obdachlose Person im Schlafsack und eine Person, die ihr Hab und Gut im Einkaufswagen transportiert. Neben dem Altar steht ein Kälte-Iglu. Mit diesen isolierten Mini-Schlafkabinen hat die Tagesbegegnungsstätte Lichtblick in Neustadt gute Erfahrungen gemacht.

„Aktuelle Jugendstudien haben gezeigt, dass das Thema Armut Jugendliche umtreibt“, sagt Katharina Willig-Rohrbacher. „Sie machen sich Sorgen, wie sie später ihr Leben finanzieren.“ Die Referentin für Konfirmandinnen- und Konfirmandenarbeit im Landesjugendpfarramt der Evangelischen Kirche der Pfalz hat deshalb die Ausstellung mit Grundsatzreferent Alexander Kurz und weiteren Personen zusammengestellt. Sie knüpft an die Jahreskampagne „Anpacken!“ der Evan­gelischen Jugend der Pfalz an, die Kinder- und Jugendarmut in den Fokus nimmt.

Willig-Rohrbacher und Kurz bieten an, Konfirmandinnen und Kon­firmanden das Thema näherzu­bringen. Pfarrer Tilman Grabinski macht davon Gebrauch. 22 Jugendliche der Kooperationsregion Kaiserslautern haben dafür kleine Gruppen gebildet.

Alexander Kurz betrachtet mit fünf Jugendlichen die „Bettelfahnen“ und den inszenierten Obdachlosenschlafplatz. Was könnten Gründe sein, weshalb Menschen ohne festen Wohnsitz leben? Und wie begegnen ihnen die Jugendlichen, was fühlen sie, will er wissen. Krankheit oder Arbeitslosigkeit zählen die Konfirmand*innen auf. Aber auch eine möglicherweise selbst gewählte Freiheit nennen sie.

„Ich frage mich, wie es der Person wohl geht, wenn sie niemanden hat“, sagt ein Jugendlicher, „ich empfinde Mitleid“, ein anderer. „Ich schäme mich, dass es mir so gut geht und ihm nicht“, zeigt ein weiterer Kommentar, wie die Ausstellungsexponate zum Nachdenken über die eigene Situation anregen. Ansprechen würde von den Jugendlichen die Obdachlosen niemand, Geld geben vielleicht schon, lautet das Fazit eines Stellungsspiels.

„Ich könnte mir nicht vorstellen, auf der Straße zu leben“, sagt Luis, nachdem er das Kälte-Iglu ausprobiert hat. Sie habe Platzangst empfunden, sagt die zwölfjährige Mara zu dem Er­lebnis in der mobilen Übernachtungsunterkunft für Obdachlose. „Besonders wenn ich mir jetzt noch vorstellen müsste, Gepäck mit hi­neinzunehmen.“

An einer weiteren Station vor der Kirche stehen große bunte Plastikbausteine. „Fernsehen“, „Kleidung“ oder „Miete“ stehen auf der Vorderseite. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden bauen sich im wahrsten Wortsinn ihren eigenen Alltag in einer Mauer zusammen. Anschließend rechnen sie zusammen, was auf der Rückseite der Bausteine an monatlichen Kosten der einzelnen Bausteine verzeichnet ist. Rund 2400 Euro steht am Ende auf den Taschenrechnern der Smartphones. Pfarrer Grabinski stellt diese Zahl den 600 Euro Bürgergeld gegenüber und erklärt die staatliche Leistung. „Viel zu wenig“, lautet das ­Fazit der 13-jährigen Lea. „Mir ist nochmal klar geworden, wie viel Geld es braucht, um zu leben“, sagt Klara. Ihr begegne häufig Armut in der Stadt, sie treffe auch Bettler. Nicht immer sei es leicht, mit diesen Situationen umzugehen, sagt die 13-Jährige.

„Wir waren überrascht, wie wahrnehmungsstark die Jugendlichen waren“, zieht Willig-Rohrbacher, die mit den Jugendlichen an „ihrer“ Station über die Seligpreisungen in der Bergpredigt sprach, ein Fazit. „Die Bibelarbeit war sicher am schwersten.“ Dennoch sei sie begeistert, wie viel die Jugendlichen zu sagen hatten. „Sie haben aus ­ihrer Kindheit erzählt, aus ihrem Alltag.“ Der niederschwellige Zugang habe sich bewährt. „Über 90 Prozent waren dankbar, dass wir das Thema aufgegriffen haben.“ Die Rückmeldungen zeigten: Armut ist in Kaiserslautern ein Thema.

Aktuelle Ausstellungstermine und Kontakt unter www.konfi-zeit-pfalz.de.

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

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news-4237 Tue, 12 Aug 2025 09:00:00 +0200 Coole Kirche öffnet bei Hitze /coole-kirche-oeffnet-bei-hitze In Zeiten des globalen Klimawandels und des damit verbundenen Temperaturanstiegs suchen Menschen im Sommer verstärkt nach kühlen Plätzen. Immer mehr protestantische Gemeinden im Bereich der pfälzischen Landeskirche öffnen deshalb ihre Tore. Von Uwe Rauschelbach

Urlauber*innen in südlichen Regionen kennen das: Wenn bei der Stadtbesichtigung die Temperaturen steigen, kann eine Kirche regelrecht zur Zufluchtsstätte werden. Meist umgeben von dicken Mauern, lässt es sich an diesem Ort aushalten, der in der Regel kühler ist als draußen in der Gluthitze. Selbst wer mit Kirche nichts am Hut hat, stellt auf einmal fest, dass man in einem Gotteshaus innerlich wie äußerlich auftanken kann. Auch in unserer Region reagieren Kirchengemeinden auf den Klimawandel. Im Bereich der pfälzischen Landeskirche haben sich mehrere protestantische Gemeinden dazu entschlossen, ihre Kirchen zu öffnen, um Menschen bei Hitze einen Raum zum Erholen anzubieten.

In Haßloch lädt der Chorraum der 1350 gebauten protestantischen Kirche – es ist der älteste Ort in der Stadt – zum Verweilen ein, wenn draußen die Sonne brennt und der Schweiß rinnt. Ellen Löwer, Vorsitzende des Presbyteriums, hat eine entsprechende Initiative in den Kirchenvorstand eingebracht, nach dem auch der örtliche Gemeinderat über Möglichkeiten beraten hat, wie auf den Klimawandel reagiert werden kann, etwa mit einer großzügigeren Begrünung. Bei Temperaturen über 30 Grad wird die zentral in Haßloch gelegene Kirche geöffnet. Im Chorraum steht eine Mini-Teeküche mit Kühlschrank für Getränke bereit. Auf diese Weise wird die Kirche zum „Raum der Begegnung“, wie Ellen Löwer erläutert. Zuweilen ergäben sich mit den Besucher*innen Gespräche „über Gott und die Welt“. Ein vierköpfiges Team wechselt sich mit der Betreuung ab, die immer nur stundenweise gewährleistet werden kann. Dass es gerade in geöffneten Kirchen hin und wieder zu vandalistischen Tätigkeiten kommt, ist ein Risiko, weiß Löwer. Doch sie sagt: „Wir hoffen auf das Gute im Menschen.“

Auch in Katzweiler hat das Presbyterium beschlossen, die Kirche zur Abkühlung zu öffnen. Das Angebot wurde in den elektronischen Netzwerken veröffentlicht und im Gottesdienst abgekündigt. Die Resonanz hierauf sei durchaus positiv gewesen, meint Daniel Wetz vom Presbyterium. Allerdings sei an den Tagen, an denen die Kirche geöffnet gewesen sei, kein Besuch gekommen. Vielleicht, so vermutet er, sei es noch nicht heiß genug gewesen. Deshalb werde die Kirchengemeinde Katzweiler die Türen ihres Gotteshauses erst ab einer Außentemperatur von 35 Grad öffnen. Auch hier steht dann Trinkwasser bereit.

Kühle Getränke gehören in der Radwegekirche Gommersheim, die am Kraut-und-Rüben-Radweg sowie am Radweg Vom Rhein zum Wein liegt, schon seit jeher zum Standard. Hier machen vor allem Radsportler und -wanderer Halt, um ihr Fahrrad an der E-Bike-Ladestation aufzuladen. Es gibt auch Flickzeug bei kleineren Pannen sowie Pflaster, um Wunden zu versorgen. Pfarrerin Ute Stoll-Rummel sagt: „Bei uns ist immer Wasser da“, nicht nur an Hitzetagen. Die Pfarrerin hat außerdem beobachtet, dass Menschen nach einem Friedhofsbesuch oder einer Bestattung gerne ein wenig in der Kirche verweilen. Ist Ute Stoll-Rummel gerade da, kann sich daraus ein Trauergespräch ergeben.

So oder so erlangen die „coolen Kirchen“ bei ansteigenden Durchschnittstemperaturen auf einmal eine Bedeutung, die sie in den zurückliegenden Jahren so nicht hatten – und die einen neuen Aspekt ins Spiel bringt, was die Zukunft von Gotteshäusern betrifft. Manche Kirchen müssen gegenüber dem Klimawandel freilich passen. So ist die protestantische Kirche im Ludwigshafener Stadtteil Edigheim zwar freitags von 10 bis 12 Uhr für Besucher*innen geöffnet, „aber nicht als kühler Ort“, wie Pfarrer Manfred Ferdinand anmerkt, denn „unsere Kirche heizt zurzeit bis 30 Grad auf“.

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

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news-4236 Tue, 05 Aug 2025 10:27:36 +0200 Seelsorgerin auf dem Traumschiff  /seelsorgerin-auf-dem-traumschiff Tanja Schraß aus Otterbach ist erstmals als Bordseelsorgerin auf einem Kreuzfahrtschiff dabei gewesen. Mit ihrer schwimmenden Gemeinde feierte sie Gottesdienste, Andachten, Taufen, Ehejubiläen und führte seelsorgerliche Gespräche. „Dieser Dienst erfüllt die Seele“, versichert sie. Von Lore Dohrenbusch

Die 51-Jährige betreute rund 500 Bordgäste auf der zehntägigen Nordseereise von Bremerhaven über Amsterdam, London, Edinburgh, Kristiansund und Sylt zurück nach Bremerhaven. Dass das Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland sie für die Schiffsreise ausgesucht hat, freut sie ganz besonders. „Ich bin keine Pfarrerin. Aber als Prädikantin, die zudem seit 14 Jahren als Notfallseelsorgerin aktiv ist, konnte ich offenbar in Hannover überzeugen“, sagt Schraß.

Als Geschenk empfindet sie, dass sie Dienst auf der „MS Deutschland“, dem früheren „ZDF-Traumschiff“ tun durfte, das im deutschen Fernsehen seit 1981 ein Millionenpublikum fand und den anhaltenden Kreuzfahrt-Boom auslöste. „Beim Einlaufen in den Heimathafen ertönt die Traumschiff-Fernsehmelodie an Bord immer noch“, berichtet sie lächelnd. Leider sei das Schiff, das trotz seiner Luxusausstattung inzwischen in die Jahre gekommen und das kleinste Schiff sei, nur noch bis Ende 2026 in Dienst. Als Kreuzfahrt-Veranstalter gehöre Phönix-Reisen zu den wenigen Anbietern, die bei der EKD noch Bordseelsorger*innen anforderten. Die AIDA-Schiffe etwa hätten keine mehr dabei, weil es nicht gewünscht werde. Und TUI Cruises nehme Pfarrer*innen nur noch auf Festtagsreisen über Weihnachten und Ostern mit.

Die Passagiere auf der MS Deutschland seien überwiegend im gesetzteren Alter gewesen. Erfreulich habe sie gefunden, dass so viele von ihnen an den Gottesdiensten und Andachten teilgenommen hätten. „Es waren jedes Mal um die 40 und interessanterweise gab es immer wieder spontan Ehrenamtliche, die Fürbitten übernehmen wollten oder als Kirchendiener*in einsprangen und Liedblätter verteilten“, schildert Schraß die Gottesdienste in einem Saal des Kreuzfahrtschiffs. Der Bordmusiker habe dann am Flügel begleitet. Andachten habe sie je nach Wetter an Deck gestaltet.

Die Gottesdienste hätten zu Reisebeginn und zum Abschluss stattgefunden. „An Landtagen, wenn die Passagiere Ausflüge in europäische Metropolen gemacht haben, habe ich zwei Mal jeweils um 19 Uhr einen halbstündigen Abendsegen angeboten. An Seetagen, wenn wir zur nächsten Hauptstadt unterwegs waren, habe ich jeweils um 9.15 Uhr eine Morgenandacht gestaltet.“, so Schraß.

Als Besonderheit habe sie das partnerschaftliche Miteinander an Bord wahrgenommen. „Alle Passagiere bekommen dort einen gleich guten Service, egal ob sie Zimmerklasse vier oder eins angehören. „Ich habe noch nie zuvor ein so freundliches, zugewandtes Personal erlebt, das alle derart verwöhnt hat“, sagt die Pfälzerin. Ebenso habe sie stets ein Ohr für die Passagiere gehabt, „auch wenn ich an Deck im Liegestuhl saß und mich sonnte. Bei solchen Gelegenheiten ebenso wie bei gemeinsamen Mahlzeiten oder nach Andachten hätten sich seelsorgerliche Gespräche ergeben. Themen seien oft Krankheit, Tod und der Verlust geliebter Menschen gewesen. Nicht bei allen Gesprächen habe sie sichtbar helfen können, „manches muss man zuhörend einfach mit aushalten und kann nur dadurch behilflich sein“, sagt die Seelsorgerin. Eine fröhliche Kindtaufe habe sich ergeben, als Verwandte ein Crewmitglied besucht hätten. 

Ihr theoretisches und praktisches Rüstzeug hat sie nicht nur durch ihre Ausbildungen als Prädikantin und Notfallseelsorgerin mitbekommen, sondern auch durch ihre guten Kontakte zu der passionierten Pfälzer Pfarrerin und langjährigen Bordseelsorgerin Iris Schmitt. Diese habe ihr einige gute Tipps geben können, versichert Schraß.

„Auf keiner Reise zuvor habe ich so viel Gepäck mitgenommen wie bei dieser ersten als Bordseelsorgerin, ich bin mit rund 30 Kilogramm in Bremerhaven per Zug angereist. Das halbe Büro inklusive Laptop war dabei“, sagt Schraß, die auch als Sekretärin im Dekanat An Alsenz und Lauter in Otterbach arbeitet. Für die Bordseelsorge hat sie einen Teil ihres Jahresurlaubs geopfert, denn die Arbeit ist grundsätzlich ehrenamtlich. Dafür übernahm die Reederei ihre Unterbringung und Verpflegung.

In zwei Jahren möchte sie erneut als Seelsorgerin auf einem Kreuzfahrtschiff dabei sein. „Dann darf die Reise mal etwas länger sein – und vielleicht auf einem Schiff Richtung Süden“, hat sie sich vorgenommen.

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

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news-4187 Thu, 31 Jul 2025 09:00:00 +0200 Kunst und Kultur gegen die Leere /kunst-und-kultur-gegen-die-leere In einem ökumenischen Gemeindezentrum wird seit 27 Jahren ein Programm auf die Beine gestellt, das Menschen ohne religiöse Absichten einlädt. Von Uwe Rauschelbach

Frankenthal. Das Motto klingt frech, ist aber als freundliche Einladung gemeint: „Geh’ zum Kukuk“. Außerdem bezeichnet die Abkürzung für „Kunst, Kultur und Kirche“ ein Programm, das seit gut 27 Jahren den großen Saal des Ökumenischen Gemeindezentrums am Jakobsplatz der rheinland-pfälzischen Stadt Frankenthal belebt. Der Ursprungsgedanke: durch kulturelle Angebote Menschen in kirchliche Räume bringen.

Das ist dem fünfköpfigen Team um den ehemaligen Gemeindediakon Ralf Zeeb auch gelungen. Auf der Strecke geblieben ist hingegen der erwünschte ökumenische Charakter. Zum Bedauern der Protestanten zog die katholische Schwestergemeinde St. Jakobus nicht mit: „Es hat nicht funktioniert“, sagt Ralf Zeeb lapidar, „aber wir haben trotzdem weitergemacht.“ Kukuk ist damit als eine Initiative der evangelischen Kirchengemeinde im Pilgerpfad ausgewiesen, die das Zentrum ansonsten gemeinsam mit den katholischen Frankenthaler Christen nutzt und die Ökumene auch in unterschiedlichen Gruppen verwirklicht.

Menschen in die Kirche bringen, ohne religiöse Angebote durch die Hintertür zu machen: Dieses Konzept geht seit dem Start von Kukuk offenbar auf. Das Programm umfasst Kindertheater und Kabarett, Lesungen und Theaterspiel, Chanson- und Jazzkonzerte. Die Organisatoren machen mit ihrer Initiative durchaus so etwas wie kulturelle Stadtteilarbeit in einem von Einfamilienhäusern und großen Wohnblocks strukturierten bevölkerungsheterogenen Viertel. Doch auch selbst haben sie zur Kirche teilweise ein eher distanziertes Verhältnis. Andrea Döring, die sich mit ihrem Mann Joachim für Kukuk engagiert, bezeichnet sich selbst als eher unregelmäßige Kirchgängerin. Und Michael Urrey, der sich besonders im Genre der Jazzmusik auskennt, gehört keiner Kirche an. Zusammen mit Gerhard Kreuter, der für den Online-Auftritt von Kukuk zuständig ist, stellen sie jährlich etwa ein halbes Dutzend Kulturveranstaltungen mit lokalen und regionalen Größen auf die Beine, zu denen im großen Saal des Gemeindezentrums bis zu 60 Besucher kommen.

Besonders die Jazzkonzerte haben sich offenbar zum Treffpunkt für Kenner entwickelt. Michael Urrey verfügt über entsprechende Kontakte. Und er beteuert: „Hier wird geglaubt.“ Dann nämlich, wenn Besucher ihren Sozialausweis vorlegen wollen, um einen ermäßigten Eintritt zu bekommen. Auf diesen Nachweis wird im Gemeindezentrum großzügig verzichtet.

Gerade Urrey hatte anfangs „panische Angst“ vor leeren Stühlen. Doch inzwischen hat sich Kukuk längst als Veranstaltungsformat in der Region etabliert. Der Mannheimer Jazztrompeter Thomas Siffling hat hier bereits gespielt. Wer im Gemeindezentrum auftritt, schätzt vor allem das konzentriert zuhörende Publikum.

Im Mai laden die Veranstalter zu einem Konzert mit „Klezmers Techter“ ein, einem Duo mit Klarinettistin Gabriela Kaufmann und Akkordeonistin Almut Schwab, die jiddische Musik spielen. Außerdem stehen die Kukuk-Initiatoren mit dem Ensemble Colourage in Kontakt, dem Musiker der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, der Popakademie Baden-Württemberg und der Orientalischen Musikakademie Mannheim angehören. Ihr Auftritt wäre in Frankenthal eine große Nummer.

Seit der Gründung 1997 haben die Initiatoren von Kukuk insgesamt 156 Veranstaltungen angeboten: eine bunte Bandbreite, ohne teure Topacts, aber mit Künstlerinnen und Künstlern, die es verstehen, auch ein kleineres oder mittelgroßes Publikum zu unterhalten. Gezahlt werden Honorare in moderater dreistelliger Höhe. Das Budget ist über den Gemeindeetat abgesichert. Aber laut Ralf Zeeb haben bislang erst zwei Veranstaltungen mit einem Minus abgeschlossen. Dafür konnten die Macher von Kukuk der Gemeinde einen höheren fünfstelligen Betrag zukommen lassen, der durch sämtliche Veranstaltungserlöse erzielt worden ist. Auch Spender und Sponsoren greifen dem Team unter die Arme. Ein benachbarter Supermarkt stellte Naturalien zur Verköstigung von Besuchern zur Verfügung.

Eine Sorge haben die Kukuk-Aktivisten dennoch: „Wir kriegen keine jungen Leute hier rein“, sagt Andrea Döring. Auch im Organisationsteam säßen nur Ältere. Würden Jüngere mitwirken, würde sich das auch auf das Programm niederschlagen, meint Döring. Dann kämen auch jüngere Menschen ins Gemeindezentrum. Diesen Wunsch teilen bei Kukuk alle Mitarbeiter.

Könnte Kukuk ein Konzept für Gemeinden sein, deren Kirchen sich immer mehr leeren? Ralf Zeeb hat darauf eine nüchterne Antwort: „Der Gottesdienst ist schon lange nicht mehr Mittelpunkt der Gemeinde.“

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

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news-4222 Tue, 29 Jul 2025 10:30:00 +0200 Kranke seelsorglich begleiten /kranke-seelsorglich-begleiten Kranke zu begleiten ist ein zentrales Anliegen christlicher Nächstenliebe. Für diese verantwortungsvolle und erfüllende Aufgabe findet ab September 2025 ein neuer ökumenischer Qualifizierungskurs in der Krankenhaus-Seelsorge statt. !!! Anmeldeschluss verlängert bis 15. August !!! Ein freundlicher Blick, ein gutes Gespräch, ein Mensch, der Zeit mitbringt für die persönliche Begegnung, der kompetent auf schwere Themen eingehen kann – das tut gut, besonders dann, wenn wir krank sind und im Krankenhaus liegen.

Kranke zu begleiten ist ein zentrales Anliegen christlicher Nächstenliebe.

Für diese verantwortungsvolle und erfüllende Aufgabe findet ab September 2025 ein neuer ökumenischer Qualifizierungskurs in der Krankenhaus-Seelsorge statt.

Gesucht sind Menschen, die sich Zeit nehmen, um Zeit zu schenken, die gerne auf andere zugehen und miteinander lernen möchten, die zuhören können, die eigene Fähigkeiten erweitern und neue erwerben möchten, die Mitglied einer christlichen (ACK) Kirche sind.

Sie sollten belastbar und verschwiegen sein, keine Scheu vor Krankheit und Krankenhäusern haben und sich nicht gerade in einer persönlichen oder psychischen Krise (Therapie) befinden.

In sieben Modulen – immer samstags – werden sie auf diese Aufgabe vorbereitet. Inhalte sind u.a.: Gespräche führen, Gefühlen Raum geben, Hilflosigkeit aushalten, eigene Erfahrungen reflektieren, mit Trauer und dem Tod umgehen, in biblisch-christlichen Themen sowie Glaubensfragen gesprächsfähig sein, sich im System Krankenhaus verorten, die eigene Rolle finden.

Schon während des Kurses werden unter hauptamtlicher Begleitung (Mentorate) praktische Erfahrungen gesammelt und besprochen.

Die Qualifizierung schließt mit einer kirchlichen Beauftragung und der Selbstverpflichtung für zwei Jahre ab. Die Kurskosten von 350.- € werden nach einer Tätigkeit von einem Jahr komplett erstattet.

Der Kurs wird ökumenisch durchgeführt, die Organisation liegt in der Hand der Evang. Kirche der Pfalz, Dezernat 2.

Information und Anmeldung bei:

Pfarrer Martin Risch (evang. Kirche)
Tel. 0173 382 1412 oder Email: martin.risch@evkirchepfalz.de

Pastoralreferentin Marita Seegers (kath. Kirche)
Tel. 0151 148 796 83 oder Email: marita.seegers@bistum-speyer.de

Anmeldeschluss verlängert bis 15. August!

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Seelsorge
news-4234 Mon, 28 Jul 2025 12:05:00 +0200 Glocken als virale YouTube-Videos https://www.indeon.de/kultur/glocken-youtube-fabio-tali Fabio Tali feiert, was viele überhören: Glocken. Sie sind Musikinstrumente, Kunstwerke und Zeitzeugen in einem. Als „Christusglocke“ verewigt der 21-jährige die Stimmen der Kirche auf YouTube. news-4233 Fri, 25 Jul 2025 12:53:00 +0200 Queer und gläubig: Warum das immer noch Mut braucht https://www.indeon.de/glaube/queer-und-glaeubig-warum-das-immer-noch-mut-braucht Zwei Pfarrer erzählen, wie sie Anfeindungen begegnen – und warum die Kirche ihr Zuhause bleibt. news-4235 Wed, 23 Jul 2025 08:50:02 +0200 "Die Bibel ernst nehmen – und danach leben" /die-bibel-ernst-nehmen-und-danach-leben Mit großer Dankbarkeit und tiefer Trauer nimmt die Evangelische Kirche der Pfalz Abschied von Oberkirchenrat i.R. Dr. Dr. h.c. Horst Hahn, der gestern im Alter von 91 Jahren in Speyer gestorben ist. „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ (1. Korinther 15,10)


Der am 23. November 1933 in Aschaffenburg geborene Hahn hat in seinem über Jahrzehnte währenden Wirken das geistliche, theologische und diakonische Leben der pfälzischen Landeskirche nachhaltig geprägt. Als Theologe, Gestalter, Seelsorger und leidenschaftlicher Bibelkenner war er vielen Menschen ein Wegweiser im Glauben und Leben. Die Trauerfeier für Horst Hahn wird am Donnerstag, 24. Juli 2025 um 10 Uhr auf dem Hauptfriedhof Speyer stattfinden.

Ein Leben für die Kirche

Horst Hahn studierte Theologie in Mainz und Göttingen, sein Studienschwerpunkt lag auf dem Neuen Testament. Besonders geprägt wurde er durch das theologische Denken Karl Barths, das ihn sein gesamtes Leben begleitete. Nach dem Vikariat in Kaiserslautern und einem selbständigen Vikariat in Schopp wirkte er ab 1960 als Gemeindepfarrer in Schopp. Es war eine Zeit intensiver Gemeindearbeit, die ihn tief mit der Basis der Kirche verband.

1968 wurde Hahn Leiter des Volksmissionarischen Amtes der Landeskirche. Hier setzte er Schwerpunkte in der Bibelwoche, der Aus- und Fortbildung von Lektorinnen und Lektoren und Prädikanten und Prädikantinnen, der Verkündigung im Freizeitbereich sowie in der Mitarbeit im Planungsausschuss der Landeskirche. Besonders wichtig war ihm die Nähe zu den Menschen, die Sprachfähigkeit des Glaubens und die lebendige Gestaltung kirchlichen Lebens. Sein Wirken war stets getragen von seiner Überzeugung: „Die Bibel ernst nehmen – und danach leben.“

Verantwortungsträger mit klarem Profil

1976 wurde Horst Hahn in das Kollegium des Landeskirchenrats gewählt, wo er unter anderem für Diakonie, Mission, Ökumene, Seelsorge und Kirchenmusik verantwortlich war. Ab 1984 wirkte er zusätzlich als Stellvertreter des Kirchenpräsidenten, ein Amt, das er bis zu seinem Ruhestand 1997 mit großer Umsicht und Klarheit ausfüllte. Dabei war er für viele ein verlässlicher Gesprächspartner in theologischen wie organisatorischen Fragen.

Ein Theologe mit Leidenschaft

Wer Horst Hahn begegnete, begegnete einem Menschen, der mit großer innerer Leidenschaft über die Bibel sprechen konnte. Für ihn war sie kein Buch von gestern, sondern „zentrale, unverwechselbare und sonst nirgendwo vorkommende Botschaft“. Selbst im Ruhestand war er ein gefragter Redner im „Jahr der Bibel“, ein engagiertes Gemeindemitglied und regelmäßiger Prediger in Speyer, wenn Not am Mann war.

Stimmen über einen „Bruder im Glauben“

Sein Nachfolger als Dezernent, der spätere Kirchenpräsident Dr. h.c. Christian Schad, würdigte Horst Hahn als einen Menschen, der „menschliche Wärme mit geistig-geistlicher Klarheit verband“. Er war, so betont Schad, „gerade als aufmerksam Zuhörender Seelsorger. Das haben seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Menschen, die ihm anvertraut waren, ganz unmittelbar erfahren. Zudem war er eine empfängliche Person. So wie das Leben von Anfang an und über die Schwelle des Todes hinaus verdanktes Leben ist, so waren für ihn andere Menschen zuerst Gabe: Es war diese Offenheit, sich durch Andere beschenken zu lassen, die ihn als Ökumeniker auszeichnete – sowohl im Kontakt mit unseren Glaubensgeschwistern in der weltweiten Ökumene als auch im Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern anderer christlicher Konfessionen. Immer sah er das Miteinander als Bereicherung an, auch als Korrektiv der eigenen Sichtweise. Dass wir primär Empfangende sind, hat er auch als Diakoniedezernent betont. Es ist Gottes Dienst an uns, der uns zum Dienst am Nächsten instand setzt und uns davor bewahrt, Hilfsbedürftige paternalistisch von oben zu behandeln. Möge Horst Hahn jetzt schauen, was er zeitlebens geglaubt und erhofft hat.“

Oberkirchenrätin Marianne Wagner würdigte Horst Hahn als einen bis in sein hohes Alter versierten und dialogbereiten Gesprächspartner. "Ich habe Horst Hahn als geistliche Leitungspersönlichkeit kennen gelernt, die großes Interesse am Austausch gerade mit den jüngeren Generationen und deren Blick auf Theologie und Kirche hatte. Bei ihm konnte man sich wertvollen und unprätentiös gegebenen Rat holen. Er wird uns fehlen."

Die Bibel als Lebenskompass

Als Vorsitzender (1969–1976) und später stellvertretender Vorsitzender des Pfälzischen Bibelvereins engagierte sich Hahn in besonderer Weise für die Vermittlung biblischer Inhalte. Auch im Ruhestand war er viel unterwegs, hielt Vorträge und Gottesdienste – nicht, weil er musste, sondern weil er noch viel zu sagen hatte. Michael Landgraf, sein langjähriger Weggefährte, lobte ihn als jemanden, „der im Ruhestand so richtig in Fahrt kam“ und der „die Bibel neu buchstabieren wollte“.

Sein Bibelverständnis war dabei klar: Die Schrift ist kein museales Objekt, sondern Gottes lebendiges Wort, das uns heute herausfordert und tröstet. Für Hahn war Exegese nie Theorie, sondern Handwerk, Wegweisung und persönliche Lebenshaltung

Ein Brückenbauer

Horst Hahn war stets ein Mann der Verbindung: Zwischen Ost und West – er setzte sich früh für die Partnerkirche in Anhalt ein. Zwischen Konfessionen – sein ökumenisches Engagement, unter anderem. im Austausch mit der katholischen Kirche, war geprägt von Respekt und theologischem Tiefgang. Generalvikar Hugo Büchler sagte bei Hahns Verabschiedung aus dem Amt treffend: „Für die Harmonie des Ensembles ist die zweite Geige am wichtigsten.“

Als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Diakonissenanstalt half er, Weichen für die Zukunft zu stellen – nicht nur als Gestalter, sondern auch als geistlicher Begleiter und „Hauskaplan“ bei den wöchentlichen Andachten.

„Mit Horst Hahn verlieren wir eine geistliche Persönlichkeit, die mit leidenschaftlichem Engagement und theologischer Tiefe unsere Kirche geprägt hat. Sein Vertrauen in die Kraft der Schrift und sein Einsatz für die Menschen waren beispielhaft.“
Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst 


Ein Mensch mit Haltung

Wer Horst Hahn begegnete, spürte schnell seine stille Bescheidenheit, seine Klarheit im Urteil und seinen feinen Humor. In seiner Abschiedsrede 1997 sagte er: „Ich muss gestehen, es hat mir ausgesprochen gutgetan.“ – ein Satz, der seine tiefe Dankbarkeit und Zugewandtheit ausdrückte.

Mit dem goldenen Kronenkreuz der Diakonie wurde sein Lebenswerk geehrt. Doch sein größtes Vermächtnis bleibt sein Zeugnis: Dass Theologie Leben meint. Und dass Glaube stets Gestalt sucht – in Gemeinschaft, Musik, Seelsorge und Bibelarbeit.

Horst Hahn war ein Mensch des Wortes und der Tat. Ein Mensch, der mit der Bibel lebte, aber nicht vom hohen Podium aus, sondern nah zu den Menschen sprach. Seine Klarheit, seine stille Freude und seine Fähigkeit zur Versöhnung machen ihn unvergessen.

Horst Hahn war und bleibt ein Mensch, der in der Evangelischen Kirche der Pfalz Spuren hinterlässt – Spuren des Vertrauens, der Orientierung und der Hoffnung.

Wir danken Gott für sein Leben.
Wir trauern mit allen, die ihm nahestehen.
Und wir erinnern uns an einen, der die Kirche der Pfalz still und kraftvoll mitgeprägt hat.

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news-4232 Mon, 14 Jul 2025 14:08:57 +0200 Unterwegs mit Herz, Gottes Geist und Sinn /unterwegs-mit-herz-gottes-geist-und-sinn Pilgerbegleitung als Berufung Frühmorgens liegt noch Tau auf den Wiesen, der Atem ist sichtbar in der kühlen Luft. Elf Menschen stehen in Wanderschuhen am Waldrand – bereit, sich auf mehr einzulassen als nur eine gemeinsame Strecke.

An vier intensiven Wochenenden lernen die Teilnehmer*innen, wie man Menschen auf Pilgerwegen begleitet. Dabei wandern sie selbst ein Stück: durch die Natur, durch Gespräche, durch Stille und durch das eigene Innere.

Diese Wanderungen durch Feld und Wald werden zu Übungsfeldern für Achtsamkeit. Dabei spüren alle den wechselnden Boden unter ihren Füßen, sehen Sonnenstrahlen durch das Blätterdach tanzen und lauschen dem eigenen Atem. Sie öffnen sich für das, was die Natur erzählt – und für das, was in ihnen selbst zu klingen beginnt. Manchmal tauchen Antworten auf, ganz leise - auf Fragen, die sie schon lange begleiten.

Pilgern begeistert viele Menschen, weil es Entschleunigung, Naturerfahrung und Sinnsuche miteinander verbindet. Pilgern berührt, schafft Raum für neue Begegnungen mit anderen, mit Gott und mit sich selbst.

Das macht die Pilgerbegleitung so kostbar. Manchmal ruft es aber auch Unsicherheit hervor oder Fragen kommen plötzlich auf, dann ist es kostbar, jemanden an der Seite zu haben, der zuhört, mitgeht und Orientierung schenkt.

In einer Zeit, in der Kirchenräume sich leeren, wächst die Sehnsucht nach neuen Formen von Verbundenheit – mit sich selbst, mit der Welt, mit Gott. Es werden Orte gesucht, an denen Zuhören und Austausch möglich sind, wo Raum ist für Stille, Fragen und Begegnung. Aus dieser Sehnsucht heraus entstand die Idee, Menschen zu Pilgerbegleiter:innen auszubilden – um solche Räume im Gehen zu öffnen.

Die Qualifizierung dazu läuft über eine Kooperation zwischen dem Institut für kirchliche Fortbildung in Landau und dem Missionarisch Ökumenischen Dienst in Landau.

Geleitet wird die Ausbildung von Pfarrerin Daniela Körber, Referentin für Spiritualität und von Anja Bein vom MÖD, zuständig für u.a. Aus- und Fortbildung von Ehrenamtlichen.

„Draußen zu sein, in Bewegung zu sein macht resilienter, hilft gegen Stress und ist eine Anbindung an die Natur, an die Schöpfung und hat etwas mit Spiritualität zu tun“, so Daniela Körber.

Auch Anja Bein ist vom Pilgern tief berührt: „Mich fasziniert dieses Unterwegssein – mit mir selbst, mit anderen und mit Gott. Ich habe das Gefühl, dass Gott auf dem Weg wirklich mitgeht – und dass jede und jeder es spüren kann. Selbst wenn einem die Worte fehlen, geht man den Weg mit ihm.“

Die Qualifizierung zur Pilgerbegleitung ist weit mehr als ein Kurs – sie ist ein Weg, der mit jedem Schritt und jedem Atemzug tiefer führt.

Und in dieser intensiven gemeinsamen Zeit ist etwas Wertvolles gewachsen: ein eigenes Konzept, wie die Teilnehmenden künftig andere Menschen achtsam und einfühlsam auf dem Pilgerweg begleiten können.

So zum Beispiel Sabine und Nils Grützner. Jedes Jahr pilgern sie ein Stück auf dem französischen Jakobsweg – ihre Begeisterung für das Unterwegssein ist spürbar. Sabine Grützner hat bereits mehrere Pilgerwanderungen geleitet und möchte dieses Angebot weiter ausbauen. Ihr Mann Nils hat die Idee auf besondere Weise weitergedacht: Er entwickelt den „Geh-Danken-Gang“ – einen Friedensweg durch den Ort indem sie leben und der Menschen einlädt, achtsam zu gehen und an gewissen Standorten inne zu halten. Die Resonanz war überwältigend, so, dass er schon an eine Fortsetzung denkt.

Pfarrer Tilo Armbrust möchte das Pilgern an die Jugend heranführen – an seine Konfirmand*innen. Sein „Mini-Pilgerweg“, wie er es selbst nennt, enthält Rätsel- und Achtsamkeitsaufgaben, Wertschätzungsrituale und zum Abschluss ein Eis für alle.

Auch Maritta Schmidt und Gudrun Achenbach planen eine Pilgertagestour. Inspiriert wurden sie durch viele Gespräche im Freundes- und Bekanntenkreis – immer wieder fiel der Satz: „Das würde ich so gerne mal machen, aber ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“ Gerade diese Mischung aus Neugier, Sehnsucht und Unsicherheit hat die beiden ermutigt. Sie möchten Menschen jeden Alters und mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen begleiten – und ihnen Mut machen, den ersten Schritt zu wagen.

Pilgern, das wurde allen Teilnehmenden deutlich, ist nicht einfach Gehen mit spirituellem Rahmenprogramm. Es ist eine Haltung.

Es ist das bewusste Wahrnehmen von allem, was uns umgibt – dem Duft feuchter Erde, dem Rascheln der Blätter, dem Rhythmus der eigenen Schritte.

Genau das hat Pfarrerin Helke Rothley schon vor vielen Jahren für sich entdeckt – auf einer Wanderung über die schottische Insel Iona. Die Verbindung aus eindrucksvoller Landschaft, spiritueller Tiefe und dem Einsatz für Gottes Schöpfung hat sie nachhaltig berührt – und lässt sie bis heute nicht mehr los und genau das möchte sie ihrer Pilgergruppe zukünftig vermitteln.

Die neuen Pilgerbegleiteri*nnen sind bereit, diesen Raum zu teilen - einen Raum, in dem Menschen sich selbst und Gott begegnen können.

Pilgern ist wie ein stilles Gebet mit den Füßen – jeder Schritt führt hinaus in die Welt und zugleich tiefer zu uns selbst.

Von Claudia Formella

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news-4231 Thu, 10 Jul 2025 12:45:15 +0200 Beton weicht Kirchgarten /beton-weicht-kirchgarten Das Projekt „Käferkarawane“ der pfälzischen Landeskirche für mehr Artenvielfalt in Kirchengemeinden und Begegnungsräume mit Mensch und Natur ist 2022 losgezogen. Beim Abschluss in Kaiserslautern hatte Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) viel Lob im Gepäck. Mainz, Kaiserslautern (epd/lk). Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) wertet die Aktion Käferkarawane der Evangelischen Kirche der Pfalz zur Förderung der Artenvielfalt als erfolgreich. Die Aktion zeige, „dass jeder Beitrag zählt und jede und jeder mitmachen kann, um die Natur zu schützen“, sagte Eder am Montag beim Besuch der Kita Sonnenberg in Kaiserslautern zum Abschluss des Projekts. Das Klimaschutzministerium hatte für den Projektzeitraum von drei Jahren rund 300.000 Euro zur Verfügung gestellt. Ziel sei es gewesen, über die naturnahe Gestaltung von Flächen die Artenvielfalt zu fördern, indem Insekten etwa Nahrung auf Blüten und Vögel mehr Nist- und Futterplätze finden.
Für die Aktion Käferkarawane sind 36 Projekte entstanden, die auch Orte der Begegnung geschaffen haben. Elf Umweltbildungsmaßnahmen seien umgesetzt, 190 Nistkästen gebaut und aufgehängt, 457 Blumenzwiebelpakete gesetzt sowie 110 Wildrosenpakete gepflanzt worden. „So werden Orte an kirchlichen Einrichtungen für Mensch und Tier zu Begegnungsräumen, die zeigen, wie schön die natürliche Vielfalt ist und wie gut Pflanzen gerade bei Hitze tun“, sagte Klimaschutzministerin Eder.
Fachliche Unterstützung hatten die Kitas, Gemeindehäuser und andere Einrichtungen den Angaben zufolge von einer Naturschutzberaterin der pfälzischen Landeskirche bekommen. Das Spektrum reichte vom Mitmach-Garten über die Öffnung von Kirchtürmen für Turmfalken oder Fledermäuse bis zur Umwandlung von Schotterflächen in Staudenbeete. In der Kita Sonnenberg hätten die Kinder mit Erzieherinnen und Erziehern den Vorgarten mit einer insektenfreundlichen Bepflanzung neu gestaltet.

Vertreter aus vier Kirchengemeinden haben beim Aktionsabschluss ihre individuellen „Käferkarawane“-Projekte vorgestellt: Brigitte Herfurth-Owusu aus Ludwigshafen-Oggersheim, Pfarrerin Martina Kompa aus Limburgerhof und die beiden Pfarrer Wolfgang Hust aus Schopp und Matthias Strickler aus Niederauerbach.

In Limburgerhof konnte nach einer Kirchensanierung die von Baumaschinen zerstörte Rasenfläche, die das Gebäude im Halbrund umgibt, in einen Kirchgarten mit Bäumen, Stauden, Blühpflanzen und Sitzgelegenheiten zur Begegnung umgewandelt werden. In Niederauerbach entfernten Mitglieder eines kirchlichen Männerkreises die Betonversiegelung neben der Zwingli-Kirche und gestalteten das abschüssige Gelände in einen Kirchgarten mit mediterranen Pflanzen, einem Bouleplatz und einem Grillbereich um. Die verschiedenen Höhenniveaus machen einen zusätzlichen Reiz aus.

Die Kirchturmsanierung in Schopp bot durch ein angebrachtes Gerüst willkommene Gelegenheit, um im Turm Nisthöhlen für Turmfalke und Schleiereule und Nisthilfen für Fledermaus und Mauersegler anzulegen. In der gastgebenden Kindertagesstätte Sonnenberg haben Eltern der Kindergartenkinder das Gelände vor dem Haupteingang im Frühjahr naturnah gestaltet, berichtete Leiterin Marion Frohnhöfer. So gebe es Bereiche von Stauden und Blühpflanzen in Blau, Rot und weiß. Für die unterirdische Zisterne habe aus „Käferkarawane“-Mitteln eine elektrische Pumpe angeschafft werden können. Die Kita-Kinder bedankten sich bei der Umweltministerin, indem sie zwei besondere Lieder für sie sangen: „Gott sei Dank“ und „In Gottes Garten leben wir.“    

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news-4230 Wed, 09 Jul 2025 11:32:02 +0200 Dorothee Wüst appelliert für einen glaubwürdigen Umgang mit Macht /dorothee-wuest-appelliert-fuer-einen-glaubwuerdigen-umgang-mit-macht Pfälzische Kirchenpräsidentin zu Gast beim ökumenischen Foyer Kirche und Recht in Karlsruhe Karlsruhe. „Wie halten wir’s als Kirche mit der Macht?“, fragte Dorothee Wüst in ihrem Vortrag mit dem Titel „Auf schmalen Grat. Kirche im Spannungsfeld zwischen Macht und Ohnmacht.“ Die Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz sprach am Dienstag, 8. Juli, in Karlsruhe beim Jahresempfang des ökumenischen Foyers Kirche und Recht. Heike Springhart, Landesbischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, und Stephan Burger, Erzbischof von Freiburg, hatten zu dieser Veranstaltung für das Bundesverfassungsgericht, den Bundesgerichtshof, die Bundesanwaltschaft und die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof eingeladen.

In ihrem Vortrag appellierte die Theologin dafür, Macht in all ihren Facetten und die jeweils eigene Rolle bewusst wahr- und anzunehmen. Macht werde in der Kirche und der Gesellschaft in ihrer positiven Qualität als Gestaltungsmacht und Ordnungsmacht gerne ausgeblendet, weil sie viel stärker mit ihren destruktiven Folgen präsent sei.

Dabei besitze Kirche als Werteinstitution nach wie vor eine positive Wirkmacht. „Dass wir hier unsere Macht, unseren nach wie vor existierenden Einfluss ins Feld führen, ist aus dem demokratischen Lager mehr als gewünscht“, konstatierte die Kirchenpräsidentin, mahnte aber zugleich: „Wenn wir uns als Kirche glaubwürdig in gesellschaftliche Diskurse einbringen wollen, kann man erwarten, dass wir das auf dem Hintergrund eines in unseren Reihen geklärten Machtverständnisses und Machtverhaltens tun. Und da ist Nachholbedarf.“

Die Geschichte kirchlicher Macht sei bekanntermaßen auch eine Geschichte von Machtherrlichkeit, Machtmissbrauch und Machtversagen. „Spätestens seit der ForuM-Studie haben wir es als evangelische Kirche schwarz auf weiß, dass auch in unserem Raum Missbrauch in erheblichem Maße Realität ist und sich gleichfalls nicht reduzieren lässt auf schändliches Verhalten einzelner Tatpersonen. Dass Missbrauch auch durch systemische Faktoren begünstigt und vor allen Dingen innerhalb des Systems verschleiert wurde“, betonte Dorothee Wüst.

Die ForuM-Studie empfehle dringend den geschärften Blick auf Macht und Machtausübung und rate ebenso dringend zu einem Kulturwandel, in der Macht nicht zum Schutz der Institution, sondern zum Schutz von Menschen eingesetzt werde. „Dazu muss man sich aber erst ihrer bewusst werden und sein“, unterstrich Wüst. Kirche sei nicht nur Dienstgemeinschaft sind, sondern Machtgemeinschaft.

„Jeder und jede von uns, der oder die im weiteren und engeren Sinne zum Beziehungsgeflecht Kirche gehört, hat Anteil an Macht. Sowohl in ihrer weltlichen Gestalt im Sinne einer Organisationsform wie auch in ihrer geistlichen Qualität im Sinne einer Glaubensgemeinschaft. Und damit stehen wir in der Pflicht, uns ihrer bewusst zu sein und sie als Verantwortung wahrzunehmen.“

Wüst blickte auch auf die Machtasymmetrie in Gottesdiensten und beim seelsorgerischen Kontakt, im Bereich der Diakonie und in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. „Gerade im Zusammenhang unserer Aufarbeitung sexualisierter Gewalt berichten betroffene Personen immer wieder, wie sehr sie diese Machtasymmetrie spüren, wenn sie sich auf gottesdienstliches Handeln einlassen“, berichtete Wüst, die Mitglied im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt (BeFo) der EKD ist.

Kirche habe nicht nur eine Pflicht, sondern auch die Chance, in all diesen Fehlentwicklungen des Gestern und Heute ihre Macht zu nutzen, um ihre Macht zu hinterfragen und auf den Prüfstein zu stellen. Als gleichermaßen machtbewusste und machtsensible Institution. „Erst wer innerlich bereit ist, die Macht loszulassen, gewinnt Freiheit im Umgang mit ihr. Wer nicht fixiert ist auf das eigene Standing, ist in der Lage, andere ernsthaft in den Blick zu nehmen. Wer sich aufrichtig der ambivalenten Macht der Macht stellt, gewinnt einen souveränen und glaubwürdigen Umgang mit ihr. Das ist und bleibt die Aufgabe und Herausforderung“, so Wüst.

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news-4229 Tue, 08 Jul 2025 12:10:44 +0200 Pfälzische Landeskirche bei Kirchbootregatta /pfaelzische-landeskirche-bei-kirchbootregatta Kirche stellt das originellste Team SPEYER. Bereits zum zweiten Mal nahm ein Team des Landeskirchenrats Speyer an der Kirchbootregatta der Rudergesellschaft Speyer teil. Und das mit Erfolg: Zwar reichte es aus sportlicher Sicht nicht zu Topleistungen, aber das Team sicherte sich den Pokal als originellste Mannschaft.  Ausgestattet mit Heiligenscheinen und Engelsflügeln, erlangten die zehn Ruderinnen und Ruderer in ihrem Boot „Kirchenkahn“ in 41,4  Sekunden über die 200-Meter-Strecke Platz 20 von 29 teilnehmenden Booten.

Boote für Gottesdienstbesucher

Die Boote sind verkleinerte Nachbauten skandinavischer Originale aus dem 17. Jahrhundert, wo die Boote in Anlehnung an die Langboote der Wikinger aufkamen. Damals nutzten vor allem protestantische Kirchengemeinden in Finnland die Boote für Fahrten zu sonntäglichen Gottesdiensten, weil diese oft nur über schlechte Verkehrsanbindungen verfügten. Die Kirche förderte den Bau und die Instandhaltung der offenen Boote. 120 bis 150 Menschen fanden darin Platz und wurden von 30 bis 40 Ruderpaaren fortbewegt. Auch erste Wettrennen im Anschluss an die Gottesdienste sind überliefert.

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news-4228 Mon, 07 Jul 2025 12:53:42 +0200 Feriensegen /feriensegen Erstmals haben die Evangelische Schulseelsorge, das Segensbüro Blessed.Pfalz und das Stadtjugendpfarramt Ludwigshafen zum Feriensegen eingeladen. Nicht nur Schüler ließen sich zum Start in den Sommerurlaub bestärken. Von Florian Riesterer

Ludwigshafen. Es geht ein leichter Wind auf dem Lutherplatz. Das Wasser sprudelt aus dem Lutherbrunnen, die Sonne strahlt vom blauen Himmel, Gäste trinken zwischen Oleanderbüschen Espresso im Restaurant La Torre da Angelo auf dem Lutherplatz. Ferienstimmung liegt in der Luft am letzten Schultag, passend zur Ferien­segenaktion, die erstmals in Ludwigshafen stattfindet.

Die Aktion veranstalten die Evangelische Schulseelsorge, das Segensbüro Blessed.Pfalz der Landeskirche und das Stadtjugendpfarramt gemeinsam.

Pfarrer Florian Grieb steht im Talar mit Lucas im Brunnen. Barfuß, versteht sich. Über ihnen spannt sich ein aufblasbarer Regenbogen. „Der Herr segne dich und behüte dich, Gott begleite dich in den Ferien, ins Schwimmbad, in der Eisdiele, auf dem Weg nach Tunesien in die Ferien, gebe dir ganz viel Spaß“, sagt Grieb. „So segne dich Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Der Schüler der Schlossschule Oggersheim steigt aus dem Brunnen, zieht sich Socken und Schuhe wieder an. „Ein sehr schönes Gefühl, der Segen – und dazu ne kleine ­Erfrischung im Wasser“, sagt der 13-Jährige. Wie für Lucas ist es auch für Florian Grieb der erste solche ­Feriensegen. „Ich wähle eine Mischung aus traditionellen Segenssprüchen und verknüpfe das mit etwas persönlichem“, sagt Grieb. „Segen ist etwas tolles, auch theologisch, aber er muss in die Lebenswelt der Schüler passen.“

„An so einem Tag spielt eine Be­wertung noch mal eine größere Rolle als im restlichen Schuljahr“, sagt Schulseelsorgerin und Pfarrerin Anke Lind. Die Aktion solle deshalb vermitteln: „Du bist wertvoll, bist mir ohne Ansehen der Note wichtig – und auch Gott wichtig.“

Ähnlich sei dies bei Abiturssegensaktionen, die sie anbiete. Tatsächlich würden ­sogar Schüler, die Kirche eher kritisch gegenüberstehen, sich persönlich segnen lassen. „Ich habe mich erstmals ernstgenommen gefühlt“, sei eine häufige Rückmeldung. „Das macht der Segen, dieser Zuspruch.“

Auch Katharina Pfeiffer (14), holt sich an diesem Tag einen Feriensegen ab. Die Schülerin der IGS Edigheim ist in diesem Jahr konfirmiert worden. Pfarrerin Frauke Fischer, hat ihr von der Aktion erzählt. „Ich finde es ganz toll, dass man gesegnet in die Ferien geht, das ist ein schönes Gefühl“, sagt die 14-Jährige. „Bleib behütet“, steht auf dem ­Segensarmband, das ihr Pfarrerin Fischer mit dem Segen angeknotet hat. „Das ist ein toller Reminder für mich“, sagt Katharina. Im Sommer wird sie eine Sprachreise nach England machen. „Da haben wir eine Schule direkt gegenüber einer Kirche. Und da denkt man immer ein bisschen an die Heimat, die eigene Gemeinde.“

Felix, Schüler aus Bad Dürkheim, hat sich ebenfalls ein Segensarmband geben lassen. „Das kommt später an den Rucksack vom Posaunenchor“, sagt der 15-Jährige. Sein Fazit vom Feriensegen: „Cool, weil man sonst nur für eine Woche gesegnet wird und jetzt gleich für die ganzen Ferien.“

Am Ende haben sich rund 30 Per­sonen, darunter auch Erwachsene, einen Segen abgeholt. Eine gute Zahl, berücksichtige man, dass die Segensaktion nicht in eine größere Veranstaltung eingebettet war, sagt Pfarrerin Diemut Meyer, Leiterin des Segensbüros Blessed.Pfalz.

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news-4227 Tue, 01 Jul 2025 12:00:00 +0200 Fledermäuse willkommen! Wie Kirchen den Tieren helfen. https://www.indeon.de/gesellschaft/fledermaeuse-willkommen-wie-eine-kirchengemeinde-den-tieren-hilft Kirchen sind ideale Quartiere für Fledermäuse. Eigentlich. Wie Gemeinden den Tieren helfen können, zeigt Nabu-Fledermausbotschafterin Annette Schwartz. news-4219 Mon, 30 Jun 2025 12:05:00 +0200 Den Glauben bilden /den-glauben-bilden Interessierte können an der Ludwigshafener Laien-Uni fundierte theologische Kenntnisse erwerben. Dekan Paul Metzger und sein Team möchten das zweijährige Kursangebot mit der Prädikanten-Ausbildung verknüpfen. Von Uwe Rauschelbach

LUDWIGSHAFEN. Im evangelischen Gemeindezentrum des Ludwigshafener Stadtteils Pfingstweide rauchen die Köpfe. Auf dem Stundenplan stehen apoka­lyptische und apokryphe Texte. Schwergewichte der Bibelwissenschaft, doch die Frauen und Männer, die hier am Samstagvormittag die Schulbank drücken, lauschen den Ausführungen von Paul Metzger konzentriert. Sie sind Teilnehmer an einem zweijährigen Kurs, der Laien theologisches Wissen vermittelt. Metzger, der Dekan im protestantischen Kirchenbezirk Ludwigshafen ist und über universitäre Lehrerfahrungen verfügt, hat die „Laien-Uni“ 2018 ins Leben gerufen und unterrichtet im Wechsel mit drei weiteren Theologen, Alt- und Neutestamentlern sowie Kirchengeschichtlern. Seine Überzeugung: Wer glaubt, braucht Wissen – für einen „gebildeten Glauben“.

Aus Sicht des 51-Jährigen schließen sich Glaube und Verstand nicht aus. Wer glaubt, muss sein Denken nicht aufgeben – im Gegenteil: Er kann seinen Glauben vertiefen, indem er Wissen über die wissenschaftlichen und historischen Grundlagen dieses Glaubens erwirbt. Metzger geht es um „religiöse Mündigkeit“. Als im Kurs jemand einen Glaubenssatz zitiert, kontert er provozierend: „Wir sind hier nicht gläubig, sondern wissenschaftlich unterwegs.“ Der Theologe weiß: Wer nachplappert, hat noch lange nichts verstanden.

Die etwa 20 Männer und Frauen, die an diesem Samstagvormittag die Schulbank drücken, erwerben fundierte Kenntnisse über Altes und Neues Testament, die Geschichte Israels, die Evangelien, die Entwicklung der christlichen Kirchen sowie über dogmatische und konfessionskundliche Fragen. Nach zwei Jahren ­erhalten sie ein Zertifikat der Landeskirche, das Anerkennung und Bestätigung ist. Wer an der Laien-Uni teilnimmt, tut das „fürs eigene intellektuelle Vergnügen“, bringt es Paul Metzger auf den Punkt.

Die Ludwigshafener Laien-Uni ist neben Düsseldorf deutschlandweit eine von lediglich zwei solcher Einrichtungen. Deshalb verfügt sie über einen relativ großen Einzugsbereich. Eine der Teilnehmerinnen, Sabine Schweikert, reist aus Altshausen bei Ravensburg an, um den einmal im ­Monat stattfindenden Unterricht zu besuchen. Die ehemalige Religionsschullehrerin ist in einem christ­lichen Elternhaus aufgewachsen und hat dem Drang nachgegeben, sich im Ruhestand weiterzubilden. Es macht sie stolz, dass sie im Zug die lange Strecke nach Ludwigshafen zurücklegt. „Ich lebe in vollen Zügen“, sagt sie und lächelt vergnügt.

Jüngster in der Runde ist Tassilo Grün, ein promovierter Chemiker. Der 34-Jährige schätzt am Unterricht die Befreiung von Denk- und Sprachverboten. Seine Überzeugung: Theologisches Wissen kann den Glauben vertiefen und stärken. Neben seinem Beruf engagiert sich Grün als Prädikant in seiner Ludwigshafener Gemeinde.

Paul Metzger würde die Laien-Uni deshalb gerne mit der Prädikanten-Ausbildung verknüpfen. Auch schwebt ihm das Angebot einer „Laien-Uni Light“ mit schmalerem Kursangebot an der Ludwigshafener Melanchthonkirche vor. Doch der Spar- und Priorisierungsprozess, in dem sich die pfälzische Landeskirche gegenwärtig befindet, bietet aktuell keine günstigen Voraussetzungen. Bislang unterstützt die Landeskirche die Laien-Uni ­finanziell, der Großteil der Referentenhonorare wird über die Teilnehmerbeiträge erwirtschaftet.

„Den“ typischen Kursteilnehmer gibt es nicht. Die Männer und Frauen gehören unterschiedlichen Konfessionen an, auch Mennoniten, Methodisten oder Angehörige der Neuapostolischen Kirche machen mit. Aufkeimende Meinungskonflikte reguliert Paul Metzger mit dem Verweis auf rationale und wissenschaftliche ­Zusammenhänge.

Das Niveau der Laien-Uni dürfte weit über dem ­einer Volkshochschule liegen. In gründlicher philologischer Annäherung erarbeitet Metzger mit den Kursteilnehmern das Wesen apokalyptischer Texte. Dabei macht schon die Begriffsklärung deutlich, wie häufig der Terminus des Apokalyptischen missbraucht wird, bedeutet er doch nicht im eigentlichen Sinne etwas Katastrophisches, sondern meint eine Enthüllung, die Offenbarung von etwas Unbekanntem.

Auch ergründen die Lernenden den Unterschied zwischen einer Apokalypse und einer Prophetie. Sie tauchen ein in das Problem der Kanonisierung und befassen sich mit apokryphen Texten. Die Teilnehmer haben das Unterrichtsmaterial zuvor digital zugesandt bekommen, die Laptops stehen aufgeklappt auf den Tischen.

Nach etwa zwei Stunden gibt es eine Pause; Zeit für ­einen Kaffee und das eine oder ­andere ­Gespräch. Draußen scheint die Sonne, doch im Raum herrscht eine angeregte und zugleich entspannte Atmosphäre. Es gibt keine Prüfungen und keine Zeugnisse. Dafür gehen die Teilnehmer mit dem Gefühl nach Hause, mehr über ihren Glauben erfahren zu haben – und ihn immer besser zu verstehen.

www.laien-uni-pfalz.de

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

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news-4225 Fri, 27 Jun 2025 09:00:00 +0200 „Gott bewahre sie alle in Gnaden“ /gott-bewahre-sie-alle-in-gnaden Nach Kriegsende wuchs in den protestantischen Gemeinden die Sehnsucht nach Glockengeläut. Es kam zu einer Welle der Wiederbeschaffung. Von Uwe Rauschelbach

SPEYER. 1942, da schon alles verloren war, wurden auch die Glocken der pfälzischen Kirchen abgehängt. Die Bronzegeläute boten Material zur Produktion von Waffen und Munition. Für die Gemeinden der evangelischen Landeskirche wie der Diözese Speyer ein ungemein schmerzlicher Vorgang. Denn mit dem Verlust der Glocken verstummte, von den Nationalsozialisten so auch erwünscht, die Stimme der Kirche. Pervertiert wurde obendrein die ­sakrale Bedeutung der Glocken: Waren sie ursprünglich geschaffen worden, um zu Gebet und Besinnung zu rufen, dienten sie nunmehr dazu, die tödliche Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten.

Mehr als 600 Bronzegeläute im Bereich der pfälzischen Landeskirche, etwa 90 Prozent, landeten auf diese Weise in den Schmelzöfen. Hinzu kamen mehr als 500 Glocken, die den Kirchen der Diözese entwendet wurden. Nur knapp 50 der insgesamt fast 1200 abgehängten Glocken gelangten nach Kriegsende wieder zurück. Insgesamt wurden in Deutschland rund 80 000 Glocken abgehängt, um sie der Produktion von Waffen und Munition zuzuführen.

Der erste Glockenbeauftragte der pfälzischen Landeskirche nach dem Krieg, Theo Fehn, berichtet in seinen Aufzeichnungen über „das große Glockensterben“ der letzten Kriegsjahre. So konstatiert er: „Kein einziges protestantisches Bronzegeläute blieb unangetastet.“ Nur sieben pfälzische Gemeinden behielten ihr komplettes Geläut, da es aus weniger wertvollen Materialien wie Gussstahl oder Eisenhartguss bestand. Verschont blieben vor allem kleinste sowie historisch bedeutsame Glocken, etwa 90 an der Zahl, darunter beispielsweise die „Liebfrauenglocke“ der Bad Bergzaberner Marktkirche aus dem Jahr 1441.

Nach dem Krieg waren die für den Glockenguss benötigten Kupfer- und Zinnvorräte erschöpft. Doch die Sehnsucht in den protestantischen Gemeinden, endlich wieder Kirchenglocken läuten zu lassen, führte zu rasanten Bestellungen von Gussstahl- und Eisenhartguss-Glocken, die freilich nicht die gleiche Klangqualität hervorbringen wie Bronzegeläute und „deren Klang heute verrät, dass damals das Warten klüger gewesen wäre“, meint Theo Fehn, der das Amt des Glockensachverständigen von 1946 bis 1984 innehatte.

Nach 1948 war allmählich wieder Bronze verfügbar, und die Glockenbeschaffung lief bis in die späten 50er-Jahre auf vollen Touren. Die Zahl der Bronzegeläute stieg dann sogar über Vorkriegsniveau. Allenthalben herrschten tiefe Freude und Dankbarkeit, dass die Kirche ihre Stimme wiedergefunden hatte. „Gott bewahre sie alle in Gnaden“, schreibt Theo Fehn über die neuen Glocken, „und gebe, dass sie vielen gläubigen Geschlechtern dienen dürfen, bis in die fernste Zukunft!“

Fehns Nachfolger Volker Müller unterstreicht die verzweifelten Bemühungen protestantischer Gemeinden, nach Kriegsende bald wieder über ein Glockengeläut zu verfügen. Geldnöte und die Knappheit an Rohstoffen konnten die Sehnsucht, die noch frischen Erinnerungen an das Sirenengeheul des Krieges durch das Friedensgeläut der Glocken zu verdrängen, nicht ersticken. 1949 habe es bereits für 35 Gemeinden wieder neue Glocken, darunter 13 Bronzegeläute, gegeben. Ende 1955 hätten 294 protestantische Gemeinden wieder komplette Geläute besessen.

Müllers Frau Birgit, die seit mehr als 20 Jahren als Glockensachverständige im Dienst der pfälzischen Landeskirche sowie des südlichen Teils der Evangelischen Kirche im Rheinland, des Bistums Speyer und des Bistums Trier steht, betreut insgesamt 5000 Kirchtürme. Darunter auch die Stiftskirche in Neustadt, in deren Kirchturm mit 14 Tonnen die größte Gussstahlglocke der Pfalz hängt. Ihre Aufmerksamkeit gilt vor allem der Sicherheit von Glockenstühlen und dem Zustand sowie dem Klang der Geläute. Birgit Müller ist die erste Frau in Deutschland, die die Prüfung zur Glockensachverständigen abgelegt hat. Sie erinnert daran, dass das Geläut als das älteste gottesdienstliche Signal gilt und ursprünglich aus dem klösterlichen Bereich stammt, wo Glocken zu den Stundengebeten läuteten.

Birgit Müller weiß sich in einer jahrhundertealten Tradition verwurzelt. Doch auch der erfahrenen Glockensachverständigen machen die aktuellen Entwicklungen zu schaffen. Dass die Kirche aus Gründen der Ersparnis Gebäude aufgeben muss, wird aus ihrer Sicht dazu führen, dass wieder Glocken verloren gehen und die Stimme der Kirche schwächer und schwächer werden wird. Ob Theo Fehns Wunsch, die Kirchenglocken mögen „bis in die fernste Zukunft“ läuten, tatsächlich in Erfüllung gehen wird, steht vor diesem Hintergrund tatsächlich infrage.

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

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news-4224 Tue, 24 Jun 2025 14:00:00 +0200 Glaube verbindet weltweit /glaube-verbindet-weltweit Eine sechsköpfige Delegation der Evangelischen Kirche der Pfalz hat zweieinhalb Wochen lang kirchliche Partner in Westpapua und Bali besucht. Die pfälzische Landeskirche unterstützt in Papua Bildungsprojekte und die Menschenrechtsarbeit. JAYAPURA. Seit 1989 bestehen erste Kontakte der Landeskirche mit der Evangelischen Kirche Papua (GKI-TP) und seit 2003 eine Partnerschaft mit wechselseitigen Besuchen. Dieses Mal informierten sich die Pfälzer über geplante Projekte der rund 600 000 Mitglieder starken Partnerkirche. Die Reise führte insbesondere in die Kirchenbezirke Waropen und Waropen Atas. Die Delegation erlebte eine intensive Reise mit persönlichen Begegnungen, spirituellen Momenten und Einblicken in die praktischen Herausforderungen und Chancen kirchlicher Arbeit.

In Jayapura besuchte die Gruppe das Frauenbildungszentrum P3W, das über die Kirchenpartnerschaft unterstützt wird. Es trägt mit seinem breiten Bildungsangebot für Frauen entscheidend zur Entwicklung der Region bei – von Alphabetisierungs- und Ernährungskursen bis hin zu Bildungsarbeit gegen geschlechts­basierte Gewalt.

In Waropen und den Nachbargemeinden wurde die Delegation mit herzlicher Gastfreundschaft empfangen. Besuche in den Mädchen- und Jungenwohnheimen zeigten die eindrucksvolle Motivation der Jugendlichen, die trotz schwieriger Lebensbedingungen mit großem Engagement ihren Bildungsweg verfolgen – viele Mädchen und Jungen mit dem Ziel, Ärzte*innen, Lehrer*innen oder Pfarrer*innen zu werden.

Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch der Insel Nau, von der mehrere Schülerinnen in den kirchlichen Wohnheimen stammen. Dort hat die Partnerkirche eine Strandsäuberungsaktion durchgeführt – ein Zeichen für gelebte Schöpfungsverantwortung. Ein weiterer Höhepunkt war das Wiedersehen von Pfarrer Christoph Krauth mit der Gemeinde Sion Mambui: „Hier war ich vor zwölf Jahren im Spezialvikariat und habe eine zweite Familie am anderen Anfang der Welt gefunden. So viel Liebe. Hier nun Pfingsten zu feiern und Gottes Geist zu spüren, der uns über Grenzen hinweg verbindet, war ein Geschenk“, bekannte Krauth.

Auch für Oberkirchenrat Markus Jäckle, der in der Evangelischen Kirche der Pfalz unter anderem für Diakonie und weltweite Ökumene zuständig ist, hinterließ die Reise einen bleibenden Eindruck: „Die Kirche hier ist über eine sehr große Fläche verteilt und oft nur mit dem Boot über Meer und Fluss erreichbar. Welche Herausforderung das ist und wie lang und teils schwer planbar die Fahrt zwischen den Orten ist, haben wir selbst auf unserer Reise erlebt. Es beeindruckt mich sehr, wie unter diesen Bedingungen lebendig Kirche gestaltet wird und wie die Menschen mit Gottvertrauen und Optimismus den Herausforderungen des Alltags begegnen“, sagte er nach der Reise.

Im Kirchenbezirk Waropen Atas besuchte die Delegation die Gemeinden Elim Poiwai und Maranatha Gesa Baru, wo es intensive Gespräche mit Verantwortlichen über die Lebensqualität der Menschen vor Ort und die Partnerschaft gab. Bildung, Gesundheitsversorgung und Gerechtigkeit seien zentrale Herausforderungen für die Menschen in Westpapua, denen sich die Kirche stelle. Der christliche Glaube sei Brücke über kulturelle und geographische Grenzen hinweg und Fundament des gemeinsamen Handelns, etwa auch durch finanzielle Förderung aus der pfälzischen Partnerkirche, so Jäckle.

So gebe es Finanzierungsanfragen zu Reparaturen, unter anderem an der Bodenplatte für die Mädchen- und Jungenwohnheime und an einem Schnellboot, ergänzte Christoph Krauth. Ein großes Problem sei noch immer die Landrechtsfrage. „Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen einheimischen Papua und der indonesischen Regierung. Uns wurde ein Flug ins Hochland nach Wamena untersagt, weil dort kürzlich bei einer Schießerei zwei Polizisten starben“, so Krauth. Belegt sei außerdem massive Umweltverschmutzung, etwa in Raja Ampat, wo Nickel abgebaut werde.

Die Delegation machte auch einen Abstecher zur Christlich-Protestantischen Kirche in Bali (GKPB), mit der die pfälzische Landeskirche durch die Evangelische Mission in Solidarität (EMS) verbunden ist. Als religiöse Minderheit auf Bali mit nur 14 000 Mitgliedern entfalte die Kirche ein bemerkenswert breites Profil, so Jäckle. Sie unterhalte Schulen, Wohnheime, Hotels für nachhaltigen Tourismus und eine Universität, die nun aufgrund bestehender Versorgungsdefizite auch einen Studiengang für Medizin anbiete und dabei einen Schwerpunkt auf die AIDS-Prävention lege.

Die GKI-TP ist mit rund 800.000 Mitgliedern die größte christliche Kirche im westlichen Teil der Pazifikinsel Neuguinea - und eine Fürsprecherin für die mehr als 2,5 Millionen indigenen Papuas, die mehrheitlich christlich sind. Insgesamt leben rund sechs Millionen Menschen, vor allem Muslime, in Westpapua, einer früheren niederländischen Kolonie. Die Zentralregierung in Jakarta betreibt deren Zuzug von anderen indonesischen Inseln seit Jahrzehnten.

Von Corinna Waltz und Ingelore Dohrenbusch mit Material des epd

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news-4221 Fri, 13 Jun 2025 09:00:00 +0200 "Da hört’s bei mir auf!" /da-hoerts-bei-mir-auf Südwestdeutsche Medientage 2025 thematisieren Tabus im öffentlichen Diskurs. Speyer. (lk). Ein starkes Zeichen für medienethische Verantwortung und kritische Selbstreflexion: Am 17. und 18. Juni 2025 machen die Südwestdeutschen Medientage die Pfalz erneut zum Zentrum einer lebendigen Diskussionskultur. In Landau und auf dem Hambacher Schloss geht es um Tabus – und die Frage, wie Medien, Politik und Gesellschaft mit ihnen umgehen. Die Evangelische Kirche der Pfalz ist Partner der Südwestdeutschen Medientage.

Pfälzische Plattform für Debatte und Dialog

In einer Zeit, in der sich gesellschaftliche Werte rasant wandeln und zugleich wieder stärker umkämpft sind, bieten die Südwestdeutschen Medientage ein hochkarätig besetztes Forum für die kritische Auseinandersetzung mit medienethischen und -politischen Fragen. Die Evangelische Akademie der Pfalz versammelt gemeinsam mit Partnern aus Medien, Wissenschaft und Politik Debattenbeiträge, die über den Tag hinauswirken – und das in einer Region, die für demokratische Tradition und publizistische Lebendigkeit steht: der Pfalz. Kooperationspartner der Evangelischen Akademie der Pfalz sind neben der Landeskirche unter anderem der Südwestrundfunk, die Rheinpfalz, der Mannheimer Morgen, das Journalistische Seminar der Universität Mainz und die Medienanstalt Rheinland-Pfalz.

Tabus als Spiegel gesellschaftlicher Identität

Dass moderne, freiheitsliebende Gesellschaften des 21. Jahrhunderts ohne Tabus auskämen, ist eine Illusion. Im Gegenteil: Rassismus, Antisemitismus, Sexismus oder die Verherrlichung von Gewalt unterliegen heute bewusst gesetzten gesellschaftlichen Grenzen. Tabus markieren, was uns heilig ist – und was keinesfalls gesagt, getan oder hingenommen werden darf.

Gleichzeitig erleben wir, wie sich ehemals private Sphären im Social-Media-Zeitalter nahezu geräuschlos auflösen – und andere Tabus öffentlich verhandelt oder sogar strategisch gebrochen werden: zur Provokation, zur Polarisierung, zur Selbstinszenierung.

Das zeigt: Der Umgang mit Tabus ist immer auch ein Gradmesser für gesellschaftliche Reife und mediale Verantwortung.

Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst, seit Kurzem Aufsichtsratsvorsitzende des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), betont: Was eine Gesellschaft zusammenhält, zeigt sich nicht nur in den Freiheitsräumen, sondern auch in den Grenzen des Sagbaren und Machbaren, die sie setzt. Was tabu ist, muss im Rahmen einer freiheitlichen Kultur immer wieder neu bewertet und ausgehandelt werden. Medien, Kirche und Politik sind hier gemeinsam gefragt.“

Zwischen gesellschaftlichem Konsens und öffentlicher Empörung

Den Auftakt der Medientage bildet am 17. Juni ein interaktives Brainstorming unter dem Titel „Da hört’s bei mir auf!“, gefolgt von einer philosophischen Reflexion über den Sinn und Unsinn von Tabus.

Am Nachmittag steht ein sensibles Thema auf dem Programm: „Über Israel reden“, mit Beiträgen von Karsten Kammholz (Mannheimer Morgen), der Künstlerin Elfriede Müller und dem Fotografen Luigi Toscano.

Am Abend geht es im SWR Demokratieforum auf dem Hambacher Schloss um „Tabus in unserer Gesellschaft – zwischen Moral, Macht und Medien“. Es diskutieren unter anderem die Autorin Mo Asumang, Bischof Dr. Peter Kohlgraf und der Journalist Dr. Ronen Steinke – moderiert von Michel Friedman.

Wie Medien mit Grenzen umgehen – und wer sie verschiebt

Der zweite Veranstaltungstag am 18. Juni beleuchtet Strategien im Umgang mit gezielten Tabubrüchen in Medien und sozialen Netzwerken. Martin Fehrensen (Social Media Watchblog) und Prof. Dr. Melani Schröter (University of Reading) analysieren Mechanismen zwischen Skandalisierung und notwendiger Konfrontation.

In verschiedenen Themengruppen geht es u. a. um Extremismus im Netz, Gedenkkultur und den Umgang mit Hassbotschaften in Redaktionen. Besonders eindrücklich dürfte der Vortrag „Heul doch!“ von Prof. Dr. Josef Aldenhoff werden – über das gesellschaftliche Tabu des Scheiterns.

Ein Ort für klare Gedanken in unruhigen Zeiten

Die Südwestdeutschen Medientage zeigen erneut: Die Pfalz ist nicht nur historischer Ort demokratischer Bewegungen, sondern auch Gegenwartsraum kritischer Öffentlichkeit.

„Tabus zeigen uns nicht nur Grenzen auf – sie fordern und dazu auf, unsere Werte zu reflektieren. Diese Veranstaltung bringt Menschen zusammen, die bereit sind, sich den unbequemen Fragen unserer Zeit zu stellen, denn wer heute Verantwortung trägt – ob in Medien, Kirche oder Politik – muss das Unbequeme nicht nur aushalten, sondern zum Thema machen. Genau das leisten die Medientage. Sie bieten einen Ort, an dem Tabus nicht verschwiegen, sondern verantwortungsvoll verhandelt werden.“

Weitere Informationen:

https://suedwestdeutschemedientage.de

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news-4220 Tue, 10 Jun 2025 14:20:08 +0200 Joseph-Musical bei Pfälzer Landeskinderchortag am 14. Juni /joseph-musical-bei-pfaelzer-landeskinderchortag-am-14-juni 180 Kinder aus neun Chören und ein Instrumentalensemble treten in der Gedächtniskirche auf. Zeitgleich finden zahlreiche Workshops auf dem Gelände der Diakonissen Speyer statt. Speyer (epd). Der 11. Landeskinderchortag der Evangelischen Kirche der Pfalz findet am 14. Juni in der Speyerer Gedächtniskirche statt. Im Mittelpunkt steht um 16 Uhr die Aufführung des Musicals "Joseph ... wie Israel nach Ägypten kam", sagt Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald. 180 Kinder aus neun Chören und ein Instrumentalensemble bereiten das Musical ab 9 Uhr vor. Der Eintritt zur Aufführung, bei der auch die Komponistin Anne Riegler anwesend ist, ist kostenlos.

Der Landeskinderchortag wird von Oberkirchenrat Markus Jäckle eröffnet. Die musikalische Leitung liegt bei der Landeskinderchorbeauftragten, der Grünstadter Kirchenmusikdirektorin Katja Gericke-Wohnsiedler. Bühne, Kulissen und Bühnenbild hat Stefan Mendling aus Landau, Pfarrer für Gottesdienste mit Kindern und Familien, entworfen.

Zeitgleich zu den Proben in der Gedächtniskirche gibt es auf dem Gelände der Diakonissen Speyer acht Workshops zu Bodypercussion, Cajon, Hip-Hop-Kids und Orgel. Die Jugendzentrale Speyer bietet Spiele an. Im Martin-Luther-King-Haus neben der Gedächtniskirche sorgt der Verein „K.E.K.S.“ („Kontakte für Eltern und Kinder in Speyer“) ab 14 Uhr für Kaffee und Kuchen. Die Veranstaltung endet um 17.30 Uhr.

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news-4218 Fri, 30 May 2025 09:00:00 +0200 Bomben auf Contwig https://www.indeon.de/gesellschaft/aufgewachsen-im-weltkrieg-angst-vor-den-bomben Als kleines Mädchen erlebt Rosemarie Bärmann den Zweiten Weltkrieg. Auch 80 Jahre nach Kriegsende kann sich die 91-Jährige noch gut an ihre Angst erinnern, als die Bomben fielen. news-4217 Mon, 26 May 2025 14:28:07 +0200 Kirche mittendrin beim Landesfest /kirche-mittendrin-beim-landesfest Rund 200.000 Besucher zog der Rheinland-Pfalz-Tag in Neustadt an. Mittendrin war die Evangelische Kirche der Pfalz mit ihren Angeboten auf der Ehrenamtsmeile, in der Stiftskirche und dem Innenhof der Kirche St. Marien. „Wir wollten als Kirche mitten unter den Menschen sein – mit offenen Angeboten, kreativen Ideen und einer Einladung zum Gespräch. Ich denke das ist uns gelungen“, zieht  Celina Sturm, landeskirchliche Koordinatorin, Bilanz. „Ich freue mich über die große Offenheit der Besucherinnen und Besucher und bin sehr dankbar für das große Engagement der vielen Kolleginnen und Ehrenamtlichen. Dieses Wochenende hat gezeigt: Kirche ist lebendig, bewegt sich – und läuft.“

Gut angenommen wurden die Segensangebote von Blessed.Pfalz auf der Ehrenamtsmeile. Auch die Segensbar in der Stiftskirche war ein Erfolg oder die Orgelmusik spätabends im Kirchenraum zusammen mit Lichtinstallationen.

Tagsüber wurde die Stiftskirche für Kinder zum Legoparadies. Aus 400 Kilogramm Legosteinen bauten sie sich am Stand des Pfarramts für Gottesdienste mit Kindern und Familien ihre eigene Welt.

Pfarrer Wolfgang Schumacher, Beauftragter der Evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz, interviewte am Stand der Diakonie Pfalz Politiker wie Ministerpräsident Alexander Schweitzer, Bildungsminister Sven Teuber, Finanzministerin Doris Ahnen oder Familienministerin Katharina Binz.

Schweitzer betonte, wie wichtig die Rolle der Kirchen in Deutschland sei. Sie stünden im Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatten. Niemand in der Politik solle auf die Idee kommen, ihnen vorzuschreiben, wozu sie sich zu äußern hätten und wozu nicht, so Schweitzer.

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news-4216 Sat, 24 May 2025 11:46:22 +0200 Entscheidungen mit Verantwortung – Strukturwandel für mehr Nähe /entscheidungen-mit-verantwortung-strukturwandel-fuer-mehr-naehe Frühjahrstagung 2025: Zehn Eckpunkte beraten, zentrale Weichen gestellt Speyer (lk). Mit dem Ende der Frühjahrstagung 2025 zieht die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz eine zuversichtliche Bilanz. In vier intensiven Sitzungstagen wurden zehn Eckpunkte des landeskirchlichen Priorisierungsprozesses beraten. Deutlich wurde: Der Wandel betrifft nicht nur Strukturen – er ist Ausdruck eines kirchlichen Selbstverständnisses, das auf Zukunft und Wirksamkeit im Leben der Menschen ausgerichtet bleibt.

Die Synode hat konkrete Strukturreformen beschlossen: Die Zahl der Kirchenbezirke soll bis 2029 von derzeit 15 auf vier reduziert, Verwaltungseinheiten und Trägerstrukturen verschlankt werden. Auch die gesamtkirchliche Arbeit wird neu organisiert – künftig koordinieren agile Teams Projekte und Themen im engen Kontakt mit den Gemeinden. Die Sonderseelsorge – in Klinik, Gefängnis, Polizei und Notfall – erhält ein zukunftsfähiges Modell mit regionaler Steuerung und Ehrenamtsförderung.

Weniger Körperschaften – mehr Raum für Gemeindeleben

Die beschlossene Strukturreform bedeutet auch eine grundlegende rechtliche Neuausrichtung: Zukünftig sollen nur noch die vier neuen Kirchenbezirke und die Landeskirche Körperschaften des öffentlichen Rechts sein - mit hoheitlichen Aufgaben, Haushaltsführung und Verwaltungsverantwortung. Die einzelnen Kirchengemeinden erhalten stattdessen den Status kirchlicher Körperschaften – mit klar definierten Rechten, aber ohne die bisherigen juristischen und finanziellen Pflichten.

Was sich dadurch ändert: Die Ortskirchengemeinden bleiben geistlich und inhaltlich aktiv – mit eigenem Profil, gewählten Leitungsgremien und Verantwortung für das Gemeindeleben vor Ort. Sie leben Kirche im Alltag.

Was sich vereinfacht: Sie sind künftig von der Last komplexer Verwaltungsaufgaben entbunden. Finanzplanung, Gebäudeunterhalt, Anstellungsträgerschaft und rechtliche Verantwortung liegen künftig bei den übergeordneten Einheiten. Das schafft Freiräume: für Begegnung, Seelsorge und geistliche Kreativität.

Verwaltung und Kitas: Professionell und verlässlich

Eng verknüpft mit der Strukturreform sind Veränderungen in den Verwaltungseinheiten. Die künftige gemeinsame Kirchenverwaltung mit Regionalstellen soll professionell und effizient arbeiten – bei Personal, Finanzen, Kitas und Gebäuden. „Was wir hier verändern, ist keine Kleinigkeit“, sagte Oberkirchenrätin Bettina Wilhelm. „Wir lösen Doppelstrukturen auf und schaffen eine professionelle, entlastende Verwaltung für die ganze Landeskirche.“

Ein besonderes Augenmerk gilt den Kindertagesstätten: Die bisherige Trägerschaft durch Kirchengemeinden bzw. Trägerverbünde wird schrittweise in eine gemeinsame Trägerschaft überführt. Ziel ist ein Höchstmaß an Effizienz, Professionalität und finanzieller Tragfähigkeit – bei gleichzeitigem Bekenntnis zur evangelischen Profilbildung. „Wir wollen weiterhin evangelische Kitas – aber wir müssen sie zukunftsfest machen“, betont Oberkirchenrat Markus Jäckle. „Die gemeinsame Trägerschaft ist ein notwendiger Schritt. Sie stärkt unsere Verantwortung vor Ort – ohne uns organisatorisch zu überfordern.“

Diakonische Nähe erhalten

Mit dem Eckpunktpapier zur Diakonie stellt sich die Landeskirche klar zur sozialraumorientierten Hilfe – mit regionalen „Häusern der Kirche und Diakonie“ als Anlaufstellen in den künftigen Kirchenbezirken. Digitale Angebote, mobile Beratung und neue Kooperationen sichern diakonisches Wirken für Menschen in Not auch unter veränderten Bedingungen.

Bildung, Schule und Pfarrhäuser: differenzierte Entscheidungen

Zustimmung erhielt auch das Eckpunktepapier zur schulischen Bildung. Der Religionsunterricht bleibt flächendeckend erhalten, Fortbildungen und Begleitung der Lehrkräfte werden neu aufgestellt. Unterstützungsstrukturen sollen schlanker, digitaler und zielgerichteter arbeiten.

Offen bleibt hingegen die Zukunft des Evangelischen Trifelsgymnasiums Annweiler (ETGA). Die Synode hat entschieden, die Trägerschaft nicht sofort aufzugeben, sondern ein weiteres Jahr für intensive Verhandlungen mit dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landkreis Südliche Weinstraße zu nutzen sowie mögliche zusätzliche Einnahmemöglichkeiten zu prüfen, um die Schule unter kirchlicher Trägerschaft weiterzuführen. Ziel bleibt die Kostenneutralität.

Auch die Entscheidung über die künftige Nutzung von Pfarrhäusern wurde vertagt. Der vorgelegte Vorschlag wurde an den Landeskirchenrat zur Überarbeitung zurückgegeben. Die Synode sprach sich jedoch klar für den Erhalt der Pfarrhäuser als wertvolle Ressourcen und Ausdruck kirchlicher Präsenz aus.

Gesamtkirchliche Arbeit: agiler, verlässlicher, näher dran

Die gesamtkirchliche Arbeit wird neu aufgestellt: Fachstellen und Arbeitsbereiche, die bisher verstreut und vielfach unabhängig voneinander agierten, werden künftig durch ein zentrales, agiles und multiprofessionelles Team koordiniert – abgestimmt auf den Bedarf in Gemeinden, Regionen und Fachbereichen.

Sonderseelsorge gesichert

Mit dem heutigen Beschluss sichert die Synode die Sonderseelsorge – durch zentrale Steuerung, Ehrenamtsförderung und klare Perspektiven. „Kirche bleibt da, wo Menschen uns brauchen – im Krankenhaus, im Gefängnis, bei der Polizei, am Unfallort“, so Oberkirchenrat Dr. Claus Müller.

Bericht der Kirchenpräsidentin: Hoffnung ist eine Haltung

Bereits zu Beginn der Synode hatte Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst in ihrem Bericht zur Lage von Kirche und Gesellschaft den Blick weit gespannt – von den Kriegen unserer Zeit über den digitalen Wandel bis zur Situation der Kirche vor Ort. Sie verband den biblischen Ruf zur Nachfolge mit dem Auftrag zur Verantwortung in Gegenwart und Zukunft. In bewegenden Worten sprach sie über Mut, Vertrauen und die Kraft gelebter Hoffnung. „Hoffnung ist keine Stimmung. Sie ist eine Haltung“, so Wüst. Sie lobte die Kraft des Gebets und das Engagement der Kirche in politischen und gesellschaftlichen Fragen ebenso wie die Offenheit für neue Formen, etwa in der digitalen Kommunikation.

Der Bericht fand in der späteren Aussprache breite Zustimmung. Die Synodalen würdigten ihn als klarsichtig, wegweisend und theologisch tief fundiert. Viele betonten, dass sich Kirche dort als lebendig erweise, wo sie Menschen ernst nimmt, Räume für Begegnung schafft und nicht müde wird, ihre Stimme zu erheben.

Gelebte Demokratie: Synode mit offener Streitkultur

Die Tagung war geprägt von einer offenen, respektvollen Debattenkultur. Unterschiedliche Perspektiven wurden ernst genommen, Argumente gehört und gewürdigt. Auch externe Beobachterinnen und Beobachter zeigten sich beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, mit der gerungen – und der Klarheit, mit der entschieden wurde.

„Es geht nicht darum, alles sofort zu regeln“, sagte Kirchenvizepräsidentin Marianne Wagner. „Aber es geht darum, Verantwortung nicht zu verschieben. Die Zukunft unserer Kirche wird nicht verwaltet, sie wird gestaltet – mit Herz, mit Kopf, mit Blick auf die Menschen.“

Dank an die Facharbeitsgruppen

Geduld und Ausdauer bewiesen die Mitglieder der sieben Facharbeitsgruppen nicht nur in der intensiven Phase der Erarbeitung der Eckpunktpapiere, sondern auch bis zur finalen Beschlussfassung. Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst sprach ihnen im Rahmen einer kleinen Feier am Freitagabend Dank und Anerkennung aus: „Sie haben sich so sehr investiert in einen Prozess, der für unsere Kirche nicht nur zukunftsweisend, sondern existentiell ist.“

Ausblick: Vom Beschluss zur Umsetzung – mit Respekt vor dem Weg

Mit dem Abschluss der Frühjahrstagung beginnt die Phase der Umsetzung: Gesetzesinitiativen, Beteiligungsformate und Rückkopplung mit den Regionen. Die nächste Tagung der Landessynode im Herbst 2025 wird erste Umsetzungsschritte beraten.

„Vor uns liegt ein weiter Weg“, sagt Oberkirchenrätin Karin Kessel. „Wir wissen um die Herausforderungen, aber auch um das Vertrauen, das uns übertragen wurde. Wir nehmen diese Verantwortung gemeinsam an – Schritt für Schritt, mit klarem Blick und offenem Ohr.“

Die nächste Tagung der Landessynode findet vom 20. bis 22. November 2025 im Technik-Museum in Speyer statt.

Speyer, 24. Mai 2025

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news-4215 Fri, 23 May 2025 18:04:01 +0200 Reform mit Vorbehalt /reform-mit-vorbehalt Synode trifft Entscheidungen zu Pfarrhäusern, Bildung, ETGA, gesamtkirchlicher Arbeit und Sonderseelsorge. Speyer (lk).  Am dritten Sitzungstag hat die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz fünf weitere Eckpunktpapiere diskutiert. Sie betreffen zentrale Felder kirchlichen Lebens: Pfarrhäuser, schulische Bildung und die Zukunft des Evangelischen Trifelsgymnasiums in Annweiler, gesamtkirchliche Arbeit und Sonderseelsorge.

Beschluss zum Pfarrhaus-Papier vertagt

Die Synode hat dem Vorschlag zur Neuregelung der Pfarrhausnutzung vertagt und an den Landeskirchenrat zur Überarbeitung zurückgegeben. In die Überarbeitung sollen die in der Diskussion in der Landessynode genannten Aspekte zur Pfarrhaussituation mit einbezogen werden. Die Landessynode hat dabei den Erhalt der Pfarrhäuser als eine sinnvoll zu nutzende Immobilie ausdrücklich unterstützt.

Das Papier hatte vorgesehen, die rechtlichen Vorgaben dahingehend zu ändern, dass Pfarrpersonen nicht mehr verpflichtet sind im Pfarrhaus zu wohnen und Kirchengemeinden das Pfarrhaus nicht mehr unterhalten müssen, da es einer zentralen Verwaltung zugeführt werden soll.

Bildung bleibt – Kirche bekennt sich zu Präsenz im Schulbereich

Mit der Zustimmung zum Eckpunktepapier zur schulischen Bildung bekräftigt die Landessynode das kirchliche Engagement im Bildungsbereich. Die Evangelische Kirche der Pfalz bleibt auch künftig sichtbar und wirksam – insbesondere durch den Religionsunterricht, der flächendeckend erhalten bleibt.

Gleichzeitig sollen Unterstützungsstrukturen neu organisiert und effizienter gestaltet werden. Ressourcen werden gebündelt, Schnittstellen klarer definiert, Zuständigkeiten verschlankt.

„Wir machen klar: Bildung mit Werten bleibt Teil unserer kirchlichen Identität – aber wir müssen sie tragfähig gestalten“, so Oberkirchenrat Dr. Claus Müller, Bildungsdezernent der Landeskirche. Das neue Konzept sieht unter anderem vor, Fortbildungsangebote und Begleitung von Religionslehrkräften zielgerichteter und digitaler zu gestalten. Die Reduktion auf das Wesentliche schafft Raum für Qualität statt Quantität – und setzt Mittel dort ein, wo sie am meisten bewirken.

Kirche verhandelt weiter über Zukunft des ETGA

Die Synode hat sich dafür ausgesprochen, die Trägerschaft des Evangelischen Trifelsgymnasiums nicht sofort abzugeben, sondern die laufenden Verhandlungen zur deutlichen Reduzierung des Zuschusses der Landeskirche fortzusetzen. Ziel bleibt die Kostenneutralität. Stattdessen wird die Kirchenleitung beauftragt, mit dem Land und den Kommunen weiter zu verhandeln sowie zusätzliche Einnahmemöglichkeiten zu prüfen, um die Schule unter kirchlicher Trägerschaft weiterzuführen.

Bereits heute liegt der jährliche Zuschuss der Landeskirche für das ETGA bei rund 2,4 Millionen Euro – mit steigender Tendenz. Zum Vergleich: Das Einsparziel im gesamten Bereich schulische Bildung liegt bei 3,98 Millionen Euro. Innerhalb eines Jahres sollen die Verhandlungen zu einem tragbaren Modell der Finanzierung führen. Sollte dies nicht gelingen, sieht der Synodenbeschluss vor, das ETGA in staatliche Trägerschaft zu überführen.

Agil, vernetzter, wirksamer – Synode gibt Startschuss für neue gesamtkirchliche Arbeit

Die Synode hat der Neuaufstellung der gesamtkirchlichen Arbeit zugestimmt. Künftig arbeiten die bisherigen Fachstellen und Dienste in einem zentralen Team zusammen. Mit dem heutigen Beschluss stellt die Evangelische Kirche der Pfalz ihre gesamtkirchliche Arbeit neu auf. Fachstellen und Arbeitsbereiche, die bisher verstreut und vielfach unabhängig voneinander agierten, werden künftig durch ein zentrales, agiles und multiprofessionelles Team koordiniert, das Themen aufgreift, Projekte steuert und Fortbildungen organisiert – abgestimmt auf den Bedarf in Gemeinden, Regionen und Fachbereichen.

Das neue Modell setzt auf ein agiles Team, das schnell reagieren, ressortübergreifend arbeiten und auch kurzfristige Impulse aus der Gesellschaft aufgreifen kann. Zugleich soll es die Verbindung zu Fachstellen, Ehrenamtlichen und Gemeindestrukturen stärken.
Das Ziel: eine leistungsfähige Kirche mit minimalem Overhead und maximaler Relevanz. Die Umsetzung erfolgt in Etappen, begleitet von Evaluation und Rückkopplung mit der Basis.

„Gesamtkirchliche Arbeit ist kein Extra – sie ist das verbindende Gewebe in unserer Kirche. Aber sie muss sich neu erfinden, wenn sie wirksam bleiben will“, sagt Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst.

Zukunft der Sonderseelsorge  – Synode beschließt neue Strukturen

Die Landessynode hat mit breiter Zustimmung das Eckpunktepapier zur Sonderseelsorge beschlossen. Damit werden spezialisierte Dienste wie Klinik-, Notfall-, Polizei- und Gefängnisseelsorge strukturell und finanziell zukunftsfähig aufgestellt.

Kernpunkte sind: eine zentrale Fachstelle Seelsorge mit regionalen Seelsorgebeauftragten für Steuerung und Koordination, ein gemeinsames Seelsorgeteam, stärkere Einbindung ehrenamtlicher Kräfte, gezielte Ausbildung und Begleitung sowie die klare Zuordnung der Zuständigkeiten.

„Seelsorge ist oft unsichtbar – aber unverzichtbar“, betont Oberkirchenrat  Dr. Claus Müller. „Gerade dort, wo Menschen in Krisen sind, braucht es kompetente seelsorgliche Begleitung. Und die wollen wir sichern.“

Das neue Modell reagiert auf personelle Engpässe und steigende Anforderungen. Es stärkt bewährte Angebote, schärft das Profil der Seelsorge in gesellschaftlich sensiblen Räumen und baut Brücken zur kommunalen Daseinsvorsorge.
Besonderes Augenmerk liegt auf der Förderung ehrenamtlicher Seelsorger*innen durch klare Standards, Ausbildung und Unterstützung.

„Wir sagen mit diesem Beschluss: Kirche bleibt da, wo Menschen uns brauchen – im Krankenhaus, im Gefängnis, bei der Polizei, am Unfallort“, so Müller abschließend.

 

Hintergrund:

Synode: Es ist die neunte Tagung der 13. Landessynode, die von 2021 bis 2026 gewählt ist. Die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische Landeskirche) ist als kirchliche Volksvertretung das oberste beschlussfassende Gremium der Evangelischen Kirche der Pfalz. Damit hat sie die Kirchengewalt inne. Sie trifft wesentliche Entscheidungen in geistlichen, rechtlichen und finanziellen Belangen der Landeskirche. Die Amtszeit einer Synode beträgt sechs Jahre. Ihr gehören 57 Mitglieder an. Das Präsidium bilden Synodalpräsident Hermann Lorenz, Synodalvizepräsident Joachim Schäfer und als zweite Synodalvizepräsidentin Christine Schöps.              

Eckpunktpapiere: Die Eckpunktpapiere sind zentrale inhaltliche und strategische Grundlagen für die Beratungen und Beschlüsse der Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz im Rahmen des laufenden Priorisierungsprozesses. Sie bündeln die Ergebnisse intensiver Analysen und Arbeitsprozesse zu zehn Schlüsselthemen – von Verwaltungs- und Strukturfragen über Bildungsarbeit bis hin zur Zukunft der Diakonie und der Pfarrhäuser. Ziel der Eckpunkte ist es, angesichts sinkender Ressourcen und wachsender Herausforderungen tragfähige und zukunftsorientierte Lösungen für eine handlungsfähige und verlässlich präsente Kirche zu entwickeln. Die Eckpunkte dienen als Leitplanken für Gesetzesinitiativen und Reformschritte bis ins Jahr 2035.

Der Priorisierungsprozess: Der Anstoß für den Prio-Prozess kam aus der Mitte der Synode selbst. Im November 2022 beschloss die Landessynode einstimmig, die Entwicklung eines Priorisierungsprozesses zu beauftragen. Ziel: tragfähige Antworten auf Mitgliederrückgang, finanzielle Engpässe und gesellschaftlichen Bedeutungsverlust zu finden. Bis 2035 wird mit einem jährlichen Mitgliederrückgang von rund 3 Prozent auf dann etwa 306.000 Mitglieder gerechnet.  Rund 60 Millionen Euro müssen eingespart werden, das entspricht etwa 45 Prozent der Budgets  von 2023. Interdisziplinär zusammengesetzte Facharbeitsgruppen erhielten den Auftrag, entlang zentraler kirchlicher Handlungsfelder konkrete Vorschläge zu erarbeiten – ohne Denkverbote, aber mit Blick auf Machbarkeit und Zukunftsfähigkeit. In einem intensiven Arbeitsprozess über zwölf Monate hinweg entstanden auf dieser Grundlage die nun vorliegenden zehn Eckpunkte.

Livestream auf unserem YouTube-Kanal: youtube.com/@evkirchepfalz

 

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news-4214 Fri, 23 May 2025 14:56:33 +0200 Kirche verhandelt weiter über Zukunft des ETGA /kirche-verhandelt-weiter-ueber-zukunft-des-etga Die Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz hat sich dafür ausgesprochen, die Trägerschaft des Evangelischen Trifelsgymnasiums nicht sofort abzugeben, sondern die laufenden Verhandlungen zur deutlichen Reduzierung des Zuschusses der Landeskirche fortzusetzen. Ziel bleibt die Kostenneutralität. Speyer (lk).  Die Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz hat heute über die Zukunft des Evangelischen Trifelsgymnasiums Annweiler (ETGA) entschieden – und sich nach einer engagierten und emotionalen Aussprache dafür ausgesprochen, nicht sofort aus der Trägerschaft auszusteigen. Stattdessen wird die Kirchenleitung beauftragt, mit dem Land und den Kommunen weiter zu verhandeln sowie mögliche zusätzliche Einnahmemöglichkeiten zu prüfen, um die Schule unter kirchlicher Trägerschaft weiterzuführen.

„Wir handeln verantwortungsvoll – gegenüber der Schulgemeinschaft, den Lehrkräften und den Eltern. Jetzt geht es darum, das Beste aus zwei Welten zu verbinden: Bildung mit evangelischer Prägung und tragfähige Strukturen“, so Dr. Claus Müller, Bildungsdezernent der Landeskirche. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind für die Landeskirche äußerst angespannt. Die nun beschlossene Frist ist eine letzte Chance, tragfähige Lösungen zur Entlastung zu entwickeln.“

Bereits heute liegt der jährliche Zuschuss der Landeskirche für das ETGA bei rund 2,4 Millionen Euro – mit steigender Tendenz. Innerhalb eines Jahres sollen die Verhandlungen zu einem langfristig tragbaren Modell der Finanzierung führen. Sollte dies nicht gelingen, sieht der Synodenbeschluss vor, das ETGA spätestens zum Schuljahr 2026/27 in staatliche Trägerschaft zu überführen.

„Diese Entscheidung gibt Zeit, stellt uns aber auch vor eine anspruchsvolle Aufgabe. Klar ist: Ohne zusätzliche Entlastungen wird eine kirchliche Trägerschaft nicht dauerhaft möglich sein“, so Dr. Müller.

Die Verhandlungen sollen zügig, aber gründlich geführt werden. Das Ziel: eine Lösung, die sowohl finanziell vertretbar als auch bildungspolitisch tragfähig ist.

 

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news-4213 Fri, 23 May 2025 11:26:37 +0200 „Schön, dass Sie sich ehren lassen“ /dankeschoen Kirchenpräsidentin dankt den Mitgliedern der Facharbeitsgruppen im Prio-Prozess Speyer (lk). Geduld und Ausdauer haben die Mitglieder der Facharbeitsgruppen nicht nur bei ihrer Arbeit im Prio-Prozess gezeigt, sondern auch gestern Abend. Mehr als eine Stunde verzögerte sich der Beginn der Dankeschön-Feier, weil die Landessynode noch mit der Abstimmung über die Eckpunktepapiere beschäftigt war.

In zehn Eckpunktpapieren sind richtungsweisende Analysen und Überlegungen gebündelt, wie die Evangelische Kirche der Pfalz notwendige Reformen umsetzen kann. Wichtigste Aufgabe der tagenden Landessynode besteht darin, über diese Eckpunktpapiere zu entscheiden.

Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst dankte allen, die an diesen Eckpunktepapieren mit hohem Einsatz mitgewirkt haben und lobte die sehr gute Arbeit: „Wir haben eine Transformationsidee auf den Weg gebracht, die innerhalb der Evangelischen Kirche für Deutschland federführend und innovativ ist.“

Sie erinnerte an den grundlegenden Gedanken des Prio-Prozesses: Erhalten bleiben soll eine Kirche, die sich gut anfühlt. Dieser Gedanke habe die Facharbeitsgruppen stets geleitet. Sie habe den Mut und Willen zu Wandel und Veränderung gespürt, sagte Wüst. Dies sei „im Bewusstsein des einen Leibes Christi, in einer Haltung verantwortungsvoller Solidarität und vor allen Dingen mit enormer Verantwortung für eine Zukunft geschehen“. Natürlich sei auch immer der Taschenrechner dabei gewesen, räumte die Kirchenpräsidentin ein. Doch die Arbeit sei bestimmt gewesen „von der Sehnsucht, fröhlich und tröstlich, zugewandt und niederschwellig gut für Menschen zu sein“.

Dorothee Wüst freute sich, den Mitgliedern der Facharbeitsgruppen ihren Dank ausdrücken zu können: „Schön, dass Sie da sind und sich ein bisschen ehren lassen dafür, dass Sie sich so sehr investiert haben in einen Prozess, der für unsere Kirche nicht nur zukunftsweisend, sondern existentiell ist.“

 

 

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