TikTok und Instagram – mit diesen zwei Kanälen will die Evangelische Kirche der Pfalz ab dem 13. Januar sichtbarer werden. Verantwortlich für das Konzept ist Lara Sturm aus dem Referat Kommunikation und Presse.

Frau Sturm, die Landeskirche steigt in Social Media ein. Warum jetzt?

Aktuelle Studien zeigen, dass die Kirche mehr als 90 Prozent ihrer Mitglieder auf den bisherigen Kommunikationskanälen nicht erreicht, vor allem jüngere unter 45 Jahren. Pauschalisierend könnte man sagen, die Leute kommen nicht mehr in die Kirche. Da stellt sich die Frage: Wie kann die Kirche zu den Leuten kommen? Niedrigschwellige, digitale Angebote sind eine Riesenchance. Zielgruppengerechte Kanäle aus dem Ausland, etwa Frankreich oder der USA, machen vor, wie es funktionieren kann.

Und wie sieht es in Deutschland aus?

Im deutschsprachigen Raum wird dieses Feld zu großen Teilen den Freikirchen überlassen. In hochwertig produzierten, ästhetischen und zeitgemäßen Videos äußern sich einige Creator*innen homophob und reaktionär. Ich halte es für eine nicht zu vernachlässigende Aufgabe der evangelischen und katholischen Kirche, dem etwas entgegenzusetzen und jungen User*innen zu zeigen, dass christlicher Glaube auch anders aussehen kann.

Aber funktionieren christliche Inhalte auf TikTok und Instagram?

Wir haben uns über 200 Kanäle mit christlichem Inhalt aus dem In- und Ausland angesehen und Studien zu User*innenverhalten ausgewertet – und können sagen: Ja, christliche Inhalte können auf Instagram und TikTok sehr gut funktionieren! Wir haben ausgewertet, welche Inhalte den höchsten Mehrwert für die User*innen haben, also welche Beiträge abgespeichert, verschickt und geteilt werden. Social-Media-Plattformen leben von authentischen und emotionalen Inhalten. Christliche Botschaften, die Hoffnung und Trost vermitteln, sprechen die Menschen auch in der heutigen Zeit an, die von Umbrüchen und Unsicherheit geprägt ist.

Wie sollen diese Botschaften vermittelt werden?

Man muss sich auf die Kommunikationswege der Plattformen und deren Sprache einlassen und seine Inhalte in 15-90 Sekunden präsentieren. Ich sehe in dieser Verknappung auch eine große Chance über Sprache und Inhalt nachzudenken und zu präzisieren, was man WIRKLICH sagen möchte.  

Können Sie ausführen, welche Inhalte, einen User*innen-Mehrwert bieten?

Unsere Auswertung und die Studienergebnisse zeigen, dass es in drei Bereichen – niedrigschwellige Glaubensangebote, digitale Seelsorge und meinungsstarke Beiträge – eine erhöhte Nachfrage gibt. Niedrigschwellige Glaubensangebote können beispielsweise drei Bibelzitate zu einer Thematik sein oder kleine Kasualien für den Alltag. Durch Meinungsbeiträge kann das „Markenprofil der Kirche“ geschärft werden, Werte und Meinungen können theologisch begründet werden. Im Bereich der digitalen Seelsorge gibt es bei vermeintlichen Tabu-Themen wie Trauer oder mentale Gesundheit einen großen Bedarf.

Was ist mit den analogen Angeboten?

Digitale und analoge Angebote treten nicht in Konkurrenz, wie verschiedene Studien zeigen. Viel mehr sind digitale Angebote als Ergänzung zu verstehen, die Hemmschwellen senken können, sich mehr mit seinem Glauben zu befassen und sich zu informieren, was Kirche vor Ort anbietet.

Wer wird auf diesen Kanälen zu sehen sein?

Wir setzen auf Themen, nicht auf Einzelpersonen. Stattdessen haben wir ein gemeinsames Netzwerk mit verschiedenen Creator*innen aufgebaut, ähnlich wie bei Funk, dem Content-Netzwerk von ARD und ZDF. Mit einem breit aufgestellten Themenpool, den wir bedienen, bekommen die Nutzer über den Algorithmus das ausgespielt, was sie interessiert. Im Team sind Pfarrerinnen, Pfarrer, Vikarinnen und Vikare, Haupt- und Ehrenamtliche.

Wie wurde das Team vorbereitet?

Wir haben Schulungen angeboten im Videodreh und Schnitt. Außerdem bekamen interessierte Teilnehmer*innen Stative, Mikrofone und Beleuchtung zur Verfügung gestellt. Langfristig gibt es jederzeit die Möglichkeit zum Team dazu zu stoßen.

Links:

https://www.instagram.com/wersglaubt.wirdselig/

https://www.tiktok.com/@wersglaubt.wirdse?_t=ZN-8t1wQd7rmOU&_r=1

Social Media: Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst gibt den Startschuss. Foto: lk