In der Pfalz begann der Bauernkrieg am 23. April 1525 in Nußdorf bei Landau. Von dort breitete sich die „Revolution des gemeinen Mannes“ überwiegend nach Norden aus, bis sie im Juni in Worms-Pfeddersheim blutig niedergeschlagen wurde. Das Museum im Bauernkriegshaus in Nußdorf veranschaulicht in einer Dauerausstellung Ursachen und Verlauf.

Von Ingelore Dohrenbusch

„Das ist Kurt.“ Simone Neusüß stellt mit schwungvoller Handbewegung eine lebensgroße Schaufensterpuppe vor, die einen Bauern mit Kappe und Dreschflegel aus der Zeit vor 500 Jahren zeigt. Im ersten Obergeschoss des Bauernkriegshauses Nußdorf begrüßt er die Besucher am Eingang der drei aneinandergrenzenden Ausstellungsräume.

Der erste Raum zeigt in alten Dokumenten, Exponaten und Texttafeln die Ausbeutung der Bauern durch den Adel. Der zweite widmet sich mit geografischen Karten und Panoramen von 1200 Zinnfiguren – sogenannten Dioramen – den Bewegungen der aufständischen Bauernhaufen nach Norden und der dritte Raum zeichnet ebenfalls mit Dioramen und Texttafeln die zweitägige Schlacht von Pfeddersheim bei Worms am 23. und 24. Juni 1525 nach, in der rund 8000 Bauern von Reitern und Fußsoldaten des Kurfürsten getötet wurden.

„Der Museumsbesuch lässt sich mit einem Dorfrundgang zu 16 Stationen kombinieren, darunter dem in Anlehnung an Albrecht Dürer konzipierten Denkmal des geschlagenen Bauern mit einem Schwert im Rücken, das Peter Brauchle 2007 geschaffen hat“, sagt Simone Neusüß, ehrenamtliche Mitarbeiterin des Historischen Arbeitskreises Bauernkriegshaus Nußdorf.

Die politischen Ausmaße des schwäbischen oder thüringischen Aufstands habe der Pfälzische Bauernkrieg zwar nicht erreicht, so Neusüß, doch sei der anfangs rund 200 Mann starke „Nußdorfer Haufen“, der auf seiner zweimonatigen Route nach Norden bis auf 8000 Aufständische anstieg, mit seinen Forderungen nach Freiheit und Gleichheit ein pfälzischer Vorläufer der Demokratiebewegung gewesen, sagt Simone Neusüß,.

Der Überlieferung nach habe der Bauernaufstand am Kerwesonntag in dem historischen Fachwerkhaus in Nußdorf begonnen, das bis 1977 in Privatbesitz war und das 1978 die benachbarte protestantische Kirchengemeinde kaufte, um dort ein Museum für den Pfälzischen Bauernkrieg einzurichten.

Neben Kurt stehen in einer Vitrine einfache Essensgegenstände der Bauern wie eine Metallschale mit Holzlöffel. Den Nahrung produzierenden und Frondienste leistenden Bauern in Leibeigenschaft sei wegen hoher Abgabenlast kaum etwas geblieben, erläutert die Heimatforscherin den Beginn des pfälzischen Bauernaufstands. „Anders als sie mussten Adel und Klerus keine Abgaben leisten.“

Mit Martin Luthers Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ von 1520 hätten viele in ihm den Vorreiter für den Kampf um eine gerechte Welt gesehen. Aus dem zentralen Satz „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan“ hätten die Bauern ihren Aufstand gegen die Leibeigenschaft abgeleitet.

Der Nußdorfer Haufen sei laut schriftlichen Überlieferungen zunächst zum Geilweilerhof im Siebeldinger Tal gezogen, unterwegs hätten sich ihm weitere 300 Mann angeschlossen, darunter auch Menschen aus Landau, der Kurpfalz aus Speyer und Zweibrücken, so Neusüß.

Überliefert ist auch, dass der Vogt des Kurpfälzischen Amtes Germersheim, Jakob von Fleckenstein, prompt reagierte: Sein Verhandlungsgeschick vor Ort bewirkte, dass zumindest die Kurpfälzer Untertanen in ihre Dienste zurückkehrten und die Bauern sich zerstreuten. Doch die neu auflebende Welle des Aufstands aus Elsass und Südpfalz sorgte dafür, dass sich die Bauern am 1. Mai erneut zusammenschlossen und über klösterliche Besitzungen wie etwa Kloster Eußerthal und die Benediktinerabtei Klingenmünster herfielen. Eine große Wandtafel im zweiten Raum des Museums zeigt die bäuerlichen Raubzüge mit Datum.

Zeitgleich zerstörte der elsässische Stürzelbronner Bauernhaufen unter anderem die Burgen Gräfenstein, Landeck sowie Burgen im Elmsteiner Tal. Bereits am 29. April hatte sich in der nördlichen Vorderpfalz der „Bockenheimer Haufen“ formiert. „So waren Anfang Mai 1525 drei Bauernheere im Aufstand“, fasst der promovierte Historiker Rolf Übel zusammen, der mit Simone Neusüß den Historischen Arbeitskreis in Nußdorf leitet. Am 10. Mai schlossen sich der Bockenheimer und der Nußdorfer Haufen zusammen und erhöhten ihre Truppenstärke auf 8000 Mann. Sie verfügten über einige Feuerwaffen und Geschütze.

Im Vertrag von Forst vom 8. Juni versprach Kurfürst Ludwig V. den Bauern Straffreiheit, wenn sie aufgeben. Doch sie gingen nicht auf seine Bedingungen ein, sondern zerstörten die Wolfsburg, Schloss Deidesheim und die Wasserburg in Ruppertsberg. Zwei Monate nach Beginn der Bauernaufstände im Südwesten kam es am 23. und 24. Juni bei Pfeddersheim zur entscheidenden Schlacht. Obwohl die 1500 Reiter und 3000 Fußsoldaten des Kurfürsten den Bauern zahlenmäßig unterlegen waren, machten Kavallerie und Kanonen des Adels den Mangel mehr als wett. In der zweitägigen Schlacht fielen nahezu 8000 Bauern.

Damit war ihre militärische Stärke gebrochen. Der 1,50 Meter breite Schaukasten im zweiten Raum zeigt die Schlacht eindrücklich mit Zinnsoldaten. Es folgte ein Strafgericht in Städten wie Annweiler, Bergzabern und Neustadt, die sich am Aufstand beteiligt hatten. Der Herzog von Zweibrücken-Pfalz verhängte kollektive Geldbußen gegen Bergzabern und Annweiler und zog ihre Einwohner zum Wiederaufbau heran. Der Graf von Löwenstein verpflichtete die Bauern, egal ob am Aufstand beteiligt oder nicht, zum Wiederaufbau seiner verbrannten Burg Neuscharfeneck.

Es dauerte noch mehr als 260 Jahre, bis ein Leben in Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit mit der Französischen Revolution der Wirklichkeit näherkam.

Mehr zur "Revolution des Gemeinen Mannes" - 500 Jahre Bauernkrieg über die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz.

Dieser Artikel ist zuerst im Evangelischen Gemeindeblatt für die Pfalz erschienen.

Machen Führungen im Bauernkriegsmuseum Nußdorf: Simone Neusüss und Rolf Übel vom Historischen Arbeitskreis Bauernkriegshaus. Foto: Ingelore Dohrenbusch