An einem stillen Werktag im November legt Pfarrerin Jutta Fang eine rote Rose auf die Namensplatte eines Rasenurnengrabs in Battenberg, einem kleinen Dorf bei Grünstadt mit rund 370 Einwohnern. In den kommenden Tagen wird sie die Witwe des Verstorbenen besuchen, ihr ein Foto vom Grab zeigen und mit ihr ins Gespräch kommen. „Darum hatte sie mich gebeten“, sagt die 41-jährige Theologin.
Seit eineinhalb Jahren ist Fang im Dekanat Bad Dürkheim-Grünstadt für die Seelsorge in mehreren vakanten Kirchengemeinden zuständig, einschließlich Kasualien wie Bestattungen. Aus Gesprächen nach Trauerfeiern entstand ein neues Angebot: Sie besucht stellvertretend Familiengräber – am Todestag, Geburtstag oder zu Totensonntag –, legt auf Wunsch eine Blume ab und dokumentiert den Besuch mit einem Foto. Rund ein Dutzend überwiegend älterer Gemeindemitglieder, die den Friedhof aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erreichen können, hat diesen Dienst bereits erbeten.
Wie sehr dieser symbolische Gang ans Grab die Begegnungen verändert, beeindruckt sie selbst. „Da ergibt sich eine Dankbarkeit und eine neue Grundstimmung mit mehr Nähe und seelischer Öffnung. Die Gespräche werden tiefgründig.“ Denn vielen Menschen sei ein konkreter Ort für ihre Trauer existenziell wichtig. Wo er fehle, könne sich Ohnmacht einstellen. In Battenberg liegt dieser Ort besonders malerisch: Der Friedhof, eingefasst von einer niedrigen Sandsteinmauer, grenzt direkt an die protestantische Kirche St. Martin und öffnet den Blick über die vorderpfälzische Tiefebene.
Dass Friedhöfe nicht nur Ältere berühren, erlebt Fang ebenfalls. Ein junger Mann erzählte ihr, er sei eigens nach Frankreich gereist, um dort das Grab seines ehemaligen Französischlehrers zu besuchen, dem er viel zu verdanken habe. Andere wiederum trauern ohne festen Ort – ein Grund, weshalb Friedwälder stark nachgefragt werden, neben den geringeren Kosten.
Durch ihre Besuche hat Fang intensivere Kontakte zu Presbyterinnen und Presbytern in mehreren Gemeinden gewonnen. Manche bitten sie gezielt, einzelne Gemeindeglieder zu begleiten. So entstehen in einigen Orten kleine Hilfsnetzwerke: Ehrenamtliche kümmern sich um Gräber, deren Angehörige im Ausland leben und selten kommen können.
Sorge bereiten der Pfarrerin allerdings anonyme und Sozialbestattungen. „Viele Angehörige verstorbener Gemeindemitglieder – und auch Kommunalvertreter – wissen nicht, dass Pfarrerinnen und Pfarrer auch bei diesen Bestattungen dabei sein können und benachrichtigen uns nicht. Wir kosten die Kommune nichts“, betont sie.
Was Fang tut, ist leise Arbeit – aber sie wirkt. Ein Blumenstrauß, ein Foto, ein kurzer Moment am Grab: Kleine Gesten, die Trauernde stärken und Seelsorge neu ermöglichen.

