Die Kirche: ein alter Hut? Der Pfarrberuf: von vorgestern? Nicht für Alexander Mannschatz und Tobias Maurer. Sie verraten, was sie reizt, Pfarrer zu werden.

Der Glaube und die Mitglieder schwinden, Kirche muss künftig mit weniger finanzieller und ehrenamtlicher Unterstützung auskommen, gleichzeitig verlorenes Vertrauen wieder aufbauen: Die Aussichten sind nicht rosig, ein Weiter-wie-bisher wird es für Pfarrerinnen und Pfarrer nicht geben, viel Arbeit steht an. Warum begeistern sich da junge Menschen heute noch für den Pfarrberuf?

Offen für existenzielle Themen

"Böse Zungen behaupten, Pfarrer arbeiten nur sonntags", sagt Alexander Mannschatz und schmunzelt. Das wäre vielleicht schön, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Zum Faulenzen strebt der 32-Jährige aus dem südwestpfälzischen Rodalben den Beruf aber nicht an. Er hat anderes vor.

Seit Juli ist Alexander Mannschatz Vikar. Das bedeutet, er absolviert den praktischen Teil der Ausbildung zum Pfarrer. Den theoretischen hat er mit dem Theologie-Studium bereits erledigt. Er ist neugierig, was ihn in der Paulus-Kirchengemeinde in Pirmasens erwartet, wo er nun in die Praxis eintaucht. 

"Der Pfarrberuf ist sehr facettenreich", meint er. "Mir fällt kein anderer Beruf ein, in dem man die eigene Kreativität so einbringen kann – gerade bei existenziellen Themen wie Krankheit, Sterben und Tod." Genau diese Themen treiben ihn um. "Ich weiß, dass klingt erst mal komisch", gesteht er. Aber er möchte in diesen Notlagen für Betroffene und Angehörige da sein und sie begleiten – dann, wenn die Frage nach dem Sinn des Lebens gestellt wird.

In der Begleitung bei Krankheit, beim Sterben und in der Trauer sieht Mannschatz eine wichtige Aufgabe der Kirche - damals, heute und zukünftig. Aber auch, wenn die Aufgabe beständig ist, wird sich der Umgang mit den Einschnitten im Leben verändern, weiß er.

Der Vikar verweist auf Dinge, die sich wandeln werden und auch vor der Kirche nicht halt machen. Neue Bestattungsformen sind ein Beispiel, assistierter Suizid ein anderes. Das Bundesverfassungsgericht kippte 2020 das Verbot organisierter Sterbehilfe. Es urteilte, dass selbstbestimmtes Sterben ein Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist. Eine Neuregelung muss her. Nun berät der Bundestag über Gesetz-Entwürfe. "Kirche sollte sich aus dem Thema nicht heraushalten und Ansätze entwickeln, wie sie damit umgeht", meint Mannschatz.

Mit Überzeugung, Neugier und ein bisschen Trotz                                                                       

Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern nach oben recken und nach vorne schauen: Tobias Maurer glaubt nicht an die Kirche als sinkendes Schiff, das mit Mann und Maus untergeht. Der 29-Jährige springt beruflich auf Deck und will sehen, ob es wirklich so schlecht um das Schiff Kirche bestellt ist, wie viele unken. "Vielleicht muss man auch ein bisschen aus Trotz Pfarrer werden", überlegt er. Denn es brauche christliche Stimmen, die sich in der Gesellschaft zu Wort melden und Sinnfragen beantworten. Dies dürfe nicht Marktideologen und denen überlassen werden, die am lautesten posaunen, findet Maurer.

Wie Mannschatz hat auch er das Studium hinter sich, allerdings arbeitet Tobias Maurer noch an seiner Doktor-Arbeit. Erste Station im Vikariat ist für ihn die Gemeinde Haßloch (Kirchenbezirk Neustadt).

Vor einer kleiner werdenden Kirche ist ihm nicht bange. Das haben ihn Erlebnisse in der Slowakei, Österreich und Belgien gelehrt. Die Protestantinnen und Protestanten dort sind schon lange in der Minderheit, aber diese Situation lässt sie nicht resignieren – im Gegenteil. "Man sieht, wie die Gläubigen ihre Kirche lebendig halten", berichtet Tobias Maurer. "Die Begeisterung der Menschen zu sehen, hat mich bestärkt. Davon können wir uns anstecken lassen."

Natürlich haben die Kirchen in anderen Ländern andere Strukturen und eine andere Geschichte. Eins zu eins kann das nicht auf die Pfalz übertragen werden. Aber er erkennt großes Potenzial bei den Gemeindemitgliedern. Auch in Deutschland gelte es, ihnen mehr Raum zu lassen und sie zu ermutigen, das Gemeindeleben stärker mitzugestalten. Das möchte Tobias Maurer unterstützen.

Autorin: Yvette Wagner

Alexander Mannschatz (links) und Tobias Maurer mit Oberkirchenrätin Marianne Wagner. Foto: lk

Alexander Mannschatz (links) und Tobias Maurer mit Oberkirchenrätin Marianne Wagner. Foto: lk